Pflanzen in einem Forschungs-Gewächshaus
dpa

CRISPR
Wissenschaftler fordern modernes Gentechnik-Gesetz

Europäische Pflanzenforscher wollen, dass die EU das geltende Gentechnik-Gesetz überarbeitet. Die Zucht neuer Pflanzensorten müsse einfacher werden.

27.07.2019

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus ganz Europa haben sich in einem offenen Brief an das im Mai neu gewählte Europäische Parlament und die Europäische Kommission gewandt. Darin fordern sie, das Gentechnik-Gesetz in der EU zu modernisieren. Neue Methoden für die Zucht von Kulturpflanzen – wie etwa die Genschere CRISPR/Cas9 – sollen damit einfacher nutzbar sein.

Den Brief haben Pflanzenbiologinnen und -biologen von 117 europäischen Forschungseinrichtungen verfasst. Zu den Unterzeichnern gehören auch Professorinnen und Professoren sowie Präsidenten und Direktoren von 17 deutschen Forschungseinrichtungen, darunter die Universitäten Bonn, Karlsruhe, TU München, Münster und Tübingen.

Die europäische Gesetzgebung zu gentechnisch veränderten Organismen (GVO) von 2001 sei nicht mehr zeitgemäß und berücksichtige nicht den aktuellen Stand der Wissenschaft, heißt es in dem Brief. Eine nachhaltige Landwirtschaft in Europa sei nur mit einem modernisierten Gesetz möglich, denn diese erfordere es, schnell neue Pflanzensorten mit verbesserten Eigenschaften zu entwickeln.

Ergebnis der Gentechnik-Methoden identisch

Die Forschenden wenden sich damit gegen eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) von vor einem Jahr. Seitdem sind Pflanzen, die mit der neuen Zuchtmethode CRISPR entstanden sind, als "genetisch verändert" einzustufen. Dadurch kann die Genom-Editierung in der Europäischen Union nicht angewendet werden.

Pflanzen, die durch konventionelle Methoden der Genveränderung (Mutagenese) oft hunderte Mutationen enthalten, sind von der Regulierung ausgenommen. Pflanzen mit einer einzigen von einer Genschere erzeugten Mutation werden dagegen als "gentechnisch verändert" klassifiziert.
Die Unterzeichnenden kritisieren in dem Brief, es gebe keine wissenschaftlichen Gründe dafür, Regularien abhängig von der Methode der Erzeugung zu machen. Sofern keine fremden Gene eingefügt werden, seien mit Genscheren veränderte Pflanzen von Pflanzen konventioneller Züchtung nicht zu unterscheiden und genauso sicher.

Andere bezweifeln das und warnen davor, solche Pflanzen ohne Sicherheitsprüfung und Kennzeichnung zuzulassen. Schließlich seien sie nicht mehr rückholbar, wenn sie einmal in der Natur sind. Laut einer Studie ereignen sich Fehler mit der Genschere häufiger als geglaubt.

Klimawandel erfordert angepasste Pflanzen – und schnellere Forschung

Mit konventionellen, weniger präzisen Methoden der Pflanzenzüchtung dauere es verhältnismäßig lange, neue Pflanzensorten mit verbesserten Eigenschaften zu züchten, so der Brief weiter. Präzisionszüchtung mit Genscheren wie CRISPR/Cas9 könne dies deutlich beschleunigen. Mit der Genom-Editierung könnten Pflanzen zum Beispiel resistenter gegen Pilzkrankheiten oder Trockenheit werden und das deutlich schneller als mit konventioneller Züchtung.

"Zeit ist ein Luxus, den wir nicht haben", so die Autorinnen und Autoren. Auf Grund der wachsenden Weltbevölkerung, der globalen Erderwärmung und dem kontinuierlichen Verlust an biologischer Vielfalt stehe die Menschheit nie da gewesenen Herausforderungen gegenüber. Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion müssten daher nachhaltiger, umweltverträglicher und an den Klimawandel angepasst werden.

Für die Freisetzung von GVOs seien in der EU zudem langwierige, teure Verfahren vorgeschriebenen. Das könnten sich nur multinationale Konzerne leisten, nicht jedoch öffentlich finanzierte Forschungsinstitutionen. Das mache Investitionen in Forschung und Entwicklung in Europa unattraktiv und führe dazu, dass Europa im internationalen Wettbewerb zurückfalle.

ckr