Forscherin betrachtet eine Reihe von bunten Petrischalen mit Bakterienkulturen
picture alliance / imageBROKER | Jochen Tack

Mikrobiologie
Wohnort am bakteriellen "Fußabdruck" erkennbar

Drei Jahre lang haben Forschende Proben gesammelt. Dabei stießen sie auf stadtspezifische Bakterienprofile und antibiotikaresistente Stämme.

01.06.2021

Ein internationales Forscherteam hat mikrobiologische Proben aus Städten weltweit analysiert und dabei Tausende neue Bakterien und Viren entdeckt. Mit der Erforschung dieser Proben konnten sie stadtspezifische mikrobielle Muster erkennen. Künftig sollen damit auch antibiotikaresistente Stämme identifiziert und neue Medikamente entwickelt werden. Die gemeinsame Mikrobiom-Studie von Forschenden des Universitätsklinikums Tübingen und der Weill Cornell Graduate School in New York ist in der Fachzeitschrift "Cell" erschienen.

In 60 Städten aus 32 Ländern sammelte das Forschungsteam über drei Jahre hinweg rund 4.700 Proben an dicht besiedelten Orten. In U-Bahn-Stationen, Bahnhöfen und Krankenhäusern strichen sie unter anderem Geländer, Bänke und Ticketverkaufsstellen ab. Mittels Next-Generation Sequencing sequenzierten sie anschließend die in den Proben enthaltende DNA. So hätten sie 10.928 Viren- und 748 Bakterienstämme entdeckt, die noch in keiner Referenzdatenbank verzeichnet seien.

Zeig Forschenden deine Schuhe und sie sagen dir, wo du wohnst

Jede Stadt habe in der Studie eine spezifische Mischung aus seltenen Bakterienarten aufgewiesen. Beeinflusst sei diese etwa durch die Bevölkerungszahl und -dichte, die Höhenlage, die Nähe zum Meer und das Klima vor Ort. Dieses einzigartige Mikrobiom ermöglichte es den Forschenden, mit etwa 90-prozentiger Genauigkeit vorherzusagen, wo eine Person lebt – allein durch Sequenzierung der DNA auf ihren Schuhen. Diese unterschiedlichen bakteriellen "Fußabdrücke" seien ein molekulares Echo des Ortes und könnten den Forschenden zufolge zukünftige forensische Studien ermöglichen.

Aus den Daten identifizierten die Forschenden zudem einige mit Antibiotika-Resistenzen verbundene Gene, wobei manche Städte mehr Resistenzgene aufwiesen als andere. Für einige dieser Gene gebe es somit ebenfalls stadtspezifische Signaturen. Ihre Erforschung soll dabei helfen, neue Antibiotika zu entwickeln.

RNA-Viren wie das Coronavirus Sars-CoV-2 konnten mit der DNA-Analysemethoden der Studie nicht erkannt werden. In zukünftigen Studien wollen die Forschenden des internationalen MetaSUB-Konsortiums neben der DNA auch die RNA eines Ortes untersuchen.

ckr