Götz Aly
dpa

Geschwister-Scholl Preis
Auszeichnung für Historiker Götz Aly

In seinem jüngsten Buch stellt Götz Aly den Antisemitismus als grenzübergreifendes Phänomen dar. Für seine Arbeiten wurde er jetzt ausgezeichnet.

21.09.2018

Für sein Buch über die Bedingungen und Ursachen des Holocaust erhält Götz Aly den Geschwister-Scholl-Preis. "Die Erforschung der Verbrechen des Nationalsozialismus hat der Historiker Götz Aly mit bedeutenden Büchern vorangetrieben", heißt es in der Begründung der Jury. Der mit 10.000 Euro dotierte Preis wird am 19. November 2018 vom Landesverband Bayern im Börsenverein des Deutschen Buchhandels und der Landeshauptstadt München verliehen.

Götz Aly wurde 1947 in Heidelberg geboren und arbeitete unter anderem als Autor für die "taz", die "Berliner Zeitung" und als Gastprofessor. Aly gilt als Experte für den Nationalsozialismus sowie für Antisemitismus. Seine Bücher wurden in mehrere Sprachen übersetzt.

Parallelen zwischen Zeiten des Völkermordes und Gegenwart

In seinem jüngsten Buch "Europa gegen die Juden. 1880 - 1945" ziehe Aly eine Art von Summe – indem er eine markante These zu den Möglichkeitsbedingungen des Holocaust umfassend belege und begründe, mit ganz Europa im Blick, heißt es in der Begründung der Jury. "Der Antisemitismus war demnach nicht die Sache einer Minderheit von irrationalem Hass getriebener Fanatiker." Vielmehr habe es für die Verdrängung der Juden aus dem bürgerlichen Leben rationale Gründe gegeben. "Rational im Sinne von: erklärbar, aus den materiellen Interessen derjenigen, die von der Beseitigung der Konkurrenz profitierten", so die Jury.

Demnach sei der Neid auf die als besonders tüchtig wahrgenommenen Juden nach Aly nicht die einzige Ursache dafür, dass Vorurteile im Völkermord endeten. Und so hässlich dieser Neid sei, sei er dennoch mit Werten verknüpft, die auch heute noch hochgehalten werden, schrieb die Jury weiter. Aly setze damit "ein Beispiel für geistige Unabhängigkeit und intellektuellen Mut".

Unter einigen Kolleginnen und Kollegen aus der Wissenschaft war Aly jedoch auch umstritten. So lehnte etwa 2011 das Otto-Suhr-Institut (OSI) für Politikwissenschaften an der FU Berlin laut Berichten ab, ihn zum außerordentlichen Professor zu ernennen, obwohl sich alle Gutachter positiv geäußert hatten. An dem Institut war Aly zuvor promoviert worden.

Laut Fachbereichsprotokoll seien Alys Ansichten zu 1968 mehr als fragwürdig. "Wie auch immer man Herrn Aly als Historiker einschätzen mag, für eine Tätigkeit in den Politik- und Sozialwissenschaften fehlen ihm sowohl die theoretischen als auch die methodischen Voraussetzungen", lautete das Fazit des Fachbereichsrates. Denoch erhielt Aly Gastprofessuren in Frankfurt, Salzburg und Wien.

Auch seine Doktorarbeit stand in der Diskussion. Er soll sich diese laut Berichten mit seinem Kommilitonen Udo Knapp aufgeteilt haben, große Teile der Arbeit hätten schon vorher existiert.

Der Geschwister-Scholl Preis erinnert an Sophie und Hans Scholl, die während der Nazi-Zeit der studentischen Widerstandsgruppe "Weiße Rose" in München angehörten. Nach der Verbreitung von Flugblättern gegen die Gewaltherrschaft der Nationalsozialisten wurden die Geschwister festgenommen und ermordet. Die gleichnamige Auszeichnung soll an den Mut und die Tapferkeit von Hans und Sophie Scholl erinnern. Zu den Preisträgern aus den Vorjahren zählen Hisham Matar, Achille Mbembe und Glenn Greenwald.

kas/dpa