

Nobelpreise 2024
Chemie-Nobelpreis für drei Protein-Forscher
Der Chemie-Nobelpreis geht in diesem Jahr zu einer Hälfte an Professor David Baker (USA). Die zweite Hälfte teilen sich Dr. Demis Hassabis und Dr. John Jumper, die beide in Großbritannien für Google Deep Mind arbeiten. Baker erhält den Preis für rechnergestütztes Proteindesign, Hassabis und Jumper für die Vorhersage der komplexen Strukturen von Proteinen. Ihre Entdeckungen stellten einen großen Durchbruch in der Biochemie dar, wie die Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften am Mittwoch in Stockholm mitteilte.
Mit künstlichen neuronalen Netzwerken zur Proteinstrukturvorhersage
Ihr KI-Modell "AlphaFold2" könne für eine gegebene Aminosäurensequenz die zu erwartende Struktur mit einer 90-prozentigen Genauigkeit vorhersagen. Dazu verwende es neuronale Netzwerke, es simuliert also die komplexen Entscheidungsstrukturen des menschlichen Gehirns. "AlphaFold2" wurde mit Datenbanken trainiert, die die bekannten Proteinstrukturen (etwa 200.000) und Aminosäurensequenzen (etwa 200 Millionen) enthalten, so das Nobelpreis-Komitee. Inzwischen habe das Programm mehr als zwei Millionen Nutzerinnen und Nutzer. Hassabis und Jumper hätten mit seiner Hilfe eine Datenbank erstellt, die für alle 200 Millionen Sequenzen dreidimensionale Strukturen voraussage, was ein Quellenschatz für die biochemische Forschung sei. Das Programm könne etwa bei der Klärung von Antibiotika-Resistenzen helfen oder beim Einsatz von Enzymen zum Abbau von Kunststoffen.
Proteindesign am Computer
Bakers Entdeckung sei einige Jahre älter: Er habe Ende der 1990er Jahre ein Computerprogramm entwickelt, das neue Proteine entwerfen könne. Die dreidimensionale Form der Proteine sei in der Aminosäurensequenz verschlüsselt, so Professor Johan Aqvist vom Nobelpreis-Komitee. Dies bedeute, dass man basierend auf einer vorliegenden Proteinstruktur überlegen könne, welche Aminosäurensequenz nötig sei, um diese Struktur zu erhalten. Bakers Computerprogramm "Rosetta" habe diese Aufgabe im Jahr 2003 lösen und einer in der Natur nicht existierenden Proteinstruktur eine Aminosäurensequenz zuordnen können. So habe Baker eine völlig neue Welt von Proteinstrukturen eröffnet.
Die Chemie-Nobelpreise der letzten fünf Jahre
2023: Die in den Vereinigten Staaten von Amerika tätigen Forscher Moungi Bawendi, Louis Brus und Alexei Ekimov für die Entdeckung und Entwicklung von sogenannten Quantenpunkten, die eine Rolle bei modernen Fernsehern, Quantencomputern, Solarzellen und in der Krebsmedizin spielen.
2022: Die US-Amerikanerin Carolyn R. Bertozzi, den Dänen Morten Meldal and den US-Amerikaner K. Barry Sharpless für die Entwicklung der sogenannten Click-Chemie und der bioorthogonalen Chemie.
2021: Der Deutsche Benjamin List und der in Schottland geborene US-Forscher David MacMillan für die Entwicklung der asymmetrischen Organokatalyse, einer Methode zur Beschleunigung chemischer Reaktionen.
2020: Die in Deutschland arbeitende Emmanuelle Charpentier (Frankreich) und Jennifer A. Doudna (USA). Die beiden Forscherinnen haben eine Genschere zur gezielten Erbgut-Veränderung entwickelt.
2019: Der US-Amerikaner John B. Goodenough, der in Großbritannien geborene M. Stanley Whittingham und der Japaner Akira Yoshino sind für die Entwicklung von Lithium-Ionen-Batterien ausgezeichnet worden.
Seit 1901 wurde der Chemie-Nobelpreis an 192 verschiedene Forscher vergeben. Zwei von ihnen erhielten ihn zweimal. Unter den Preisträgern waren bislang acht Frauen, zuletzt 2022 die US-Amerikanerin Carolyn R. Bertozzi, die mit zwei Kollegen für die Entwicklung der sogenannten Click-Chemie ausgezeichnet wurde. Ein Malheur bei der Preisbekanntgabe wie im vergangenen Jahr hat die Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften diesmal vermieden: Damals standen die Namen von Moungi Bawendi, Louis Brus und Alexei Ekimov, die für die Entdeckung und Entwicklung von sogenannten Quantenpunkten mit dem Chemie-Nobelpreis geehrt wurden, bereits rund vier Stunden vor der offiziellen Bekanntgabe versehentlich in einer Mitteilung an schwedische Medien. Der Generalsekretär der Akademie, Hans Ellegren, bedauerte die Panne damals als "sehr unglücklich".
Der Chemie-Nobelpreis ist üblicherweise der dritte der drei naturwissenschaftlichen Preise, die jährlich verliehen werden. Am Montag und Dienstag hat das Nobelkomitee in Stockholm bereits die Nobelpreise in den Kategorien Medizin oder Physiologie und Physik vergeben. Am Donnerstag und Freitag folgen die Auszeichnungen für Literatur und Frieden und am kommenden Montag der Alfred-Nobel-Gedächtnispreis in Wirtschaftswissenschaften. Die Nobelpreise sind in diesem Jahr erneut mit elf Millionen schwedischen Kronen (knapp 970.000 Euro) pro Preiskategorie dotiert. Geht die Auszeichnung in einer Kategorie an zwei oder drei Preisträger zugleich, dann teilen sie sich diese Summe. Überreicht werden alle Auszeichnungen gemeinsam am 10. Dezember, dem Todestag des schwedischen Forschers und Preisstifters Alfred Nobel.
aktualisiert am 09.10.2024 um 13.27 Uhr, zuerst veröffentlicht um 12.24 Uhr
cpy/dpa