Die Physik-Nobelpreisträger 2019 Professor James Peebles, Professor Michel Mayor und Professor Didler Quesloz
Nobel Media 2019/ Niklas Elmehed

Nobelpreise 2019
Drei Astro-Forscher mit Physik-Nobelpreis ausgezeichnet

James Peebles, Michel Mayor und Didler Quesloz erhalten den Physik-Nobelpreis 2019. Ausgezeichnet werden sie für ihre Forschungen über das Universum.

08.10.2019

Die Königlich Schwedische Akademie der Wissenschaften hat den Nobelpreis 2019 für Physik vergeben. Ausgezeichnet wurden drei Forscher für ihre Arbeiten zum Verständnis über die Evolution des Universums und der Bedeutung der Welt im Kosmos, wie die Akademie am Dienstag in Stockholm mitteilte. Am Montag waren bereits die Preisträger für Medizin bekannt gegeben worden.

Der Preis geht zur einen Hälfte an den gebürtig kanadischen Wissenschaftler Professor James Peebles, "Albert Einstein Professor of Science" an der Princeton Universität, und zur anderen Hälfte an die Schweizer Professoren Michel Mayor, Universität Genf, und Professor Didler Quesloz, Universität Genf sowie Cambridge Universität.

Peeples Forschung hätte die Grundlage für unser Verständnis der Geschichte des Universums vom Urknall bis heute geliefert, hieß es bei der Bekanntgabe der Auszeichnung. Mayor und Quesloz hätten 1995 den ersten Exoplaneten entdeckt, der einen sonnenähnlichen Stern umrunde.

Nobelpreisträger Peebles: von Erkenntnissen verunsichert

"Praktisch hinter allen Ideen zum Aufbau des Universums auf großen Skalen steckt James Peebles", sagte Professor Matthias Steinmetz vom Leibniz-Institut. Er selbst sei teils sehr verunsichert gewesen, als er in den 60er Jahren angefangen habe, sich wissenschaftlich mit seiner Materie auseinander zu setzen, sagte Peebles, kurz nachdem er von seinem Nobelpreis erfahren hatte. Aber: "Ich habe einfach weitergemacht."

Mitte des Jahrzehnts konnte auch mit Hilfe der theoretischen Arbeiten von Peebles erstmals die sogenannte Hintergrundstrahlung nachgewiesen werden. Diese Strahlung ist kurz nach dem Urknall entstanden und liegt heute im Mikrowellenbereich. Sie durchzieht das gesamte Universum. Ein Durchbruch gelang, als Peebles von der US-amerikanischen Universität Princeton erkannte, dass dieses "Echo des Urknalls" Informationen darüber enthält, wie viel Materie im Urknall entstanden sein muss.

Schon in den 1930er Jahren hatten Forscher aus den Beobachtungen von Galaxien geschlossen, dass es neben der sichtbaren Materie noch mehr geben muss: die sogenannte Dunkle Materie. Deren Zusammensetzung ist bis heute rätselhaft. Peebles brachte 1982 die Theorie auf, dass Dunkle Materie aus noch unentdeckten schweren, langsamen Teilchen besteht. Die Dunkle Materie macht Berechnungen zufolge 26 Prozent des Kosmos aus. Fünf Prozent bestehen aus Materie, wie wir sie kennen. Fehlen noch 69 Prozent. Für sie haben Forscher den Begriff Dunkle Energie geprägt – auch an diesem Konzept war Peebles entscheidend beteiligt

Entdeckung der Schweizer Forscher: Startschuss für Folgestudien

Der Fund der beiden Schweizer war 1995 der Startschuss für eine ganze Reihe solcher Exoplaneten-Nachweise. "Die Entdeckung hat einen neuen Zweig in der Astronomie begründet", sagte Dr. Mathias Zechmeister vom Institut für Astrophysik der Universität Göttingen. Mittlerweile würden Forscher mehr als 4.100 Exoplaneten kennen.

Als Queloz, der damals bei Mayor promovierte, Mitte der Neunziger seltsame Signale eines von ihm untersuchten Sterns empfing, geriet er nach eigener Aussage zunächst in Panik. Er glaubte an einen Fehler in der von ihm programmierten Software. "Zu keinem Zeitpunkt dachte ich, dass ein Planet der Grund sein könnte", sagte Queloz 2015 der "Neuen Zürcher Zeitung". Die Messdaten wiesen darauf hin, dass der Stern von einem relativ großen Planeten in sehr kurzer Zeitspanne umkreist wird. Das war so nicht erwartet worden.

Doch schon kurz darauf verdichteten sich die ersten Hinweise: Queloz und Mayor konnten die Existenz des Exoplaneten "51 Pegasi b" nachweisen. Queloz erinnert sich: "Als wir im Oktober nach Florenz reisten, um unsere Ergebnisse an einer Konferenz vorzustellen, hatte ich einige Panikattacken. Wir hatten eine große Entdeckung gemacht, die jedoch von keiner Theorie gestützt wurde."

"Bis dahin ist natürlich jeder davon ausgegangen, alle Planetensysteme sehen aus wie das Sonnensystem. Große Fehlannahme."

Steinmetz vom Leibniz-Institut für Astrophysik in Potsdam drückt die Bedeutung der Entdeckung so aus: "Bis dahin ist natürlich jeder davon ausgegangen, alle Planetensysteme sehen aus wie das Sonnensystem. Große Fehlannahme."

Der von Mayor und Queloz entdeckte Himmelskörper ist 50 Lichtjahre von der Erde entfernt. Er braucht nur vier Tage, um seinen Stern zu umkreisen. Die Erde braucht mit einem Jahr vergleichsweise lange. Im Jahr 2015 bekam der Exoplanet von der Internationalen Astronomischen Union in einem Namenswettbewerb den Namen Dimidium.

Exoplaneten sind schwer zu beobachten, weil sie nicht selbst leuchten. Um den Himmelskörper dennoch nachweisen zu können, bedienten sich die beiden Schweizer Forscher von der Universität Genf der sogenannten Radialgeschwindigkeitsmethode. Dabei macht man sich den Effekt zunutze, dass die Schwerkraft des Exoplaneten die Bewegungen seines Sterns beeinflusst. Diese Bewegungen kann man messen.

Die Physik-Nobelpreisträger 2014-2018:

2018: Die Laserphysiker Arthur Ashkin (USA), Gérard Mourou (Frankreich) und Donna Strickland (Kanada) für die Entwicklung präziser Werkzeuge aus Licht.

2017: Die drei US-Forscher Rainer Weiss, Barry Barish und Kip Thorne für den direkten Nachweis von Gravitationswellen. Albert Einstein hatte das Phänomen bereits vorhergesagt.

2016: Die gebürtigen Briten David Thouless, Duncan Haldane und Michael Kosterlitz. Sie haben exotische Zustände beschrieben, die eine Relevanz für Quantencomputer und neue Materialien haben könnten.

2015: Der Japaner Takaaki Kajita und der Kanadier Arthur McDonald. Sie hatten nachgewiesen, dass Neutrinos eine Masse besitzen. Die winzigen neutralen Elementarteilchen durchströmen das All und selbst Mauern.

2014: Die gebürtigen Japaner Isamu Akasaki, Hiroshi Amano und Shuji Nakamura für die Erfindung hocheffizienter Lichtquellen. Die blau leuchtenden Dioden ermöglichen helle und energiesparende LEDs.

Der Physik-Nobelpreis wird seit 1901 vergeben. Die erste Auszeichnung erhielt der deutsche Physiker Wilhelm Conrad Röntgen für die Entdeckung der "X-Strahlen", der später nach ihm benannten Röntgenstrahlen. Der einzige Wissenschaftler, der den Preis zweimal erhielt, war John Bardeen. Er erhielt die höchste aller Auszeichnungen 1956 und 1972. Unter den bisherigen 112 Ausgezeichneten waren laut der Nobelpreis-Organisation nur drei Frauen.

Am Mittwoch wird der Preisträger in Chemie mitgeteilt. Am Donnerstag folgt die Verleihung des Literaturnobelpreises. Am Freitag wird der Friedensnobelpreis verliehen. Wer den Preis für Wirtschaft bekommt, wird am Montag verkündet. Die Auszeichnungen sind mit je neun Millionen schwedischen Kronen (etwa 830.000 Euro) dotiert und werden am 10. Dezember, dem Todestag von Preisstifter Alfred Nobel, überreicht. Die Vergabe aller Nobelpreise 2019 kann im Livestream verfolgt werden.

aktualisiert: 8.10.19, 16:38 Uhr

kas