Wippe mit Münzen symbolisiert Gender-Pay-Gap
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Lohnlücke
Gender-Pay-Gap beginnt schon vor Berufseinstieg

Mut bei der Gehaltsverhandlung zahlt sich aus. Wer schon vor dem ersten Job weniger erwartet und weniger Lohn verlangt, bekommt auch weniger Gehalt.

26.08.2019

Bereits vor dem Berufseinstieg rechnen Studentinnen mit 22 Prozent weniger Lohn als Studenten. Die reale Lohnlücke beginnt damit in den Köpfen und manifestiert sich später durch unterschiedliche Verhandlungsstrategien bei Gehaltsgesprächen. Das geht aus einer Studie des Forschungsinstituts zur Zukunft der Arbeit (IZA) hervor.

Die Bonner Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler befragten in der Studie über 15.000 Studierende aller Fachrichtungen zu ihren Gehaltserwartungen beim Berufseinstieg sowie im Alter von 40 und 55 Jahren. Die Männer rechneten demnach mit einem Einstiegsgehalt von 39.076 Euro, die Frauen mit 33.434 Euro. Das entspricht einer erwarteten Lohnlücke von knapp 17 Prozent.

Die Befragten rechnen laut Studie damit, dass der Gender-Pay-Gap im Laufe ihres Berufslebens zunehmen werde. Mit 50 Jahren erwarten Studenten demnach 70.518 Euro und Studentinnen 51.291 Euro. Das entspricht einer Lohnlücke von 38 Prozent. Über das ganze Leben betrachtet rechneten Studentinnen mit gut 22 Prozent weniger Gehalt als ihre Kommilitonen. Die erwartete Lohnlücke spiegele damit erstaunlich nah den realen Gender-Pay-Gap wieder. Frauen verdienten in Deutschland derzeit im Schnitt 21 Prozent weniger als Männer.

Verhandlungstrainings gegen die Lohnlücke

Die Unterschiede in den Einkommenserwartungen erklärten sich dabei zum Großteil durch die verschiedenen Fächer und angestrebten Berufe. Aber auch innerhalb der Fächer rechneten Frauen mit weniger Einkommen als Männer. Die bisherigen Begegnungen der Studierenden mit realen Gehaltsunterschieden zwischen den Geschlechtern – etwa in verschiedenen Gegenden Deutschlands oder im Nebenjob – spielten laut der Studie bei der Lohnerwartung keine Rolle. Auch die Neigung der Studierenden zu Selbstüber- oder -unterschätzung und Kinderpausen spiegelten sich nicht in der erwarteten Lohnlücke wider.

Relevant sei dagegen das mehr oder weniger kühne Verhalten der Studierenden bei Gehaltsgesprächen. In fiktiven Verhandlungen im Rahmen der Studie verlangten Männer demnach mehr Gehalt und gaben gleichzeitig einen größeren Verhandlungsspielraum an als Frauen. Um die Lohnlücke zu schließen, braucht es nach Ansicht der Autorinnen und Autoren daher mehr Verhandlungstrainings für Frauen. Diese seien zudem effektiver als Anstrengungen, um mehr Frauen für männerdominierte Berufe zu gewinnen.

Auch unter den Professorinnen und Professoren existieren laut dem aktuellen Besoldungsranking des Deutschen Hochschulverbands (DHV) Gehaltsunterschiede. Bei W1-Professuren liegt dieser bei vier Prozent, bei W2-Professuren bei fünf Prozent und bei W3-Professuren bei acht Prozent. Trotz der tariflichen Grundbesoldung besteht in Berufungsverfahren durchaus Spielraum für Verhandlungen. Mit steigender Karrierestufe nimmt auch hier der Gender-Pay-Gap zu. Auch an Hochschulen scheinen Professoren besser zu verhandeln als Professorinnen.

ckr