Gewalt am Arbeitsplatz: Ein Mann schreit eine Frau mit Laptop an.
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Europäische Hochschulen
Hochschulen und Gewalt auf Basis des Geschlechts

Die Mitarbeitenden von Hochschulen in der EU haben mehrheitlich bereits geschlechtsbezogene Gewalt erlebt. Besonders verbreitet ist psychische Gewalt.

07.11.2022

Fast zwei von drei der Mitarbeitenden und Studierenden von 46 europäischen Hochschulen und Forschungseinrichtungen haben im Rahmen der Unisafe-Umfrage berichtet, an ihrer Einrichtung mindestens eine Form von geschlechtsbezogener Gewalt erlebt zu haben. Die in 15 Ländern durchgeführte Umfrage hat sechs unterschiedliche Formen von geschlechtsbezogener Gewalterfahrungen erfasst: körperliche, sexuelle, psychologische und wirtschaftliche Gewalt, Gewalt im Internet sowie sexuelle Belästigung.

Insgesamt haben befragte Frauen und nicht-binäre Menschen (mit 66 und 74 Prozent) laut Pressemitteilung der Unisafe-Forschergruppe von Montag deutlich häufiger angegeben, dass sie geschlechtsbezogene Gewalt erlebt haben als die teilnehmenden Männer. Nur bei der Erfahrung körperlicher Gewalt seien mehr nicht-binäre Menschen und Männer unter denjenigen gewesen, die sich als Betroffene bezeichneten, als Frauen. Personen, die Teil der LGBTQ+-Community sind, hätten ebenfalls mit größerer Wahrscheinlichkeit davon berichtet, mindestens einen Vorfall geschlechtsbezogener Gewalt erlebt zu haben (68 Prozent) als Befragte, auf die dieses Merkmal nicht zutrifft. Ebenfalls sei die Wahrscheinlichkeit bei Menschen mit Behinderung oder chronischer Krankheit (72 Prozent) und Angehörigen einer ethnischen Minderheit (69 Prozent) erhöht gewesen.

Psychische Gewalt am weitesten verbreitet

Die Forschenden berichten davon, dass die unterschiedlichen Gewalterfahrungen nicht gleich verbreitet sind. Am häufigsten sei psychische Gewalt genannt worden (57 Prozent). Knapp jede dritte Person habe angegeben, in ihrer Einrichtung sexuelle Belästigung erlebt zu haben (31 Prozent). Sechs Prozent der Befragten berichteten demnach von körperlicher Gewalt und drei Prozent von sexueller Gewalt. Etwa jeder zehnte habe angegeben, dass Arbeit oder Studium durch ökonomische Gewalterfahrungen beeinträchtigt worden seien.

Mit etwa 13 Prozent meldeten nur wenige Betroffene ihre geschlechtsbezogenen Gewalterfahrungen. Fast die Hälfte gab laut Mitteilung von Unisafe an, dass sie sich unsicher fühlten, ob das erlebte Verhalten schwerwiegend genug war, um es zu melden. 31 Prozent erläuterten demnach, dass sie das Verhalten erst im Nachhinein als Gewalttat erkannt haben.

Alle Geschlechter betroffen

"Geschlechtsbezogene Gewalt ist ein systemisches Problem, das wissenschaftliche Einrichtungen nicht weniger betrifft als andere Teile der Gesellschaft", so Umfrageleiterin Dr. Anke Lipinsky vom GESIS – Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften. Die erhobenen Daten zeigten deutlich, dass geschlechtsbezogene Gewalt überall und gegenüber allen Geschlechtern vorkomme.

An der Unisafe-Umfrage haben zwischen Januar und Mai 2022 mehr als 42.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Studierende von 46 Hochschulen und Forschungseinrichtungen in Belgien, der Tschechischen Republik, Finnland, Frankreich, Deutschland, Island, Irland, Italien, Litauen, Polen, Serbien, Spanien, Schweden, der Türkei und dem Vereinigten Königreich sowie eine internationale Vereinigung von Forschenden teilgenommen. Die Umfrage wurde von GESIS in enger Zusammenarbeit mit der Oxford Brookes University in Großbritannien und der schwedischen Örebro University durchgeführt.

cpy