

Exzellenz
Leistung von Forscherinnen sichtbarer machen
Wird Exzellenz an Kriterien wie Drittmitteleinwerbung, Auszeichnungen, Publikationen und Zitationen gemessen, sind Forscherinnen nachweislich im Nachteil. Das schlussfolgert das Forschungsteam des Projekts "Exzellenz entdecken und kommunizieren" (Exenko). "Verschiedene Studien liefern Hinweise darauf, dass Frauen und Männer in ihren wissenschaftlichen Leistungen unterschiedlich wahrgenommen und bewertet werden", heißt es in der Projektbeschreibung.
Es gibt dem Exenko-Projekt zufolge einen männlichen Bias in der Wahrnehmung von Leistung und Exzellenz. Dieser führe zum sogenannten Drop-Out, so "dass viele fähige und talentierte Wissenschaftlerinnen das Hochschulsystem verlassen und damit ihr Potenzial in Forschung und Lehre verloren geht". Konkret sei zu beobachten, dass Frauen als Postdocs oder Juniorprofessorinnen oft unzureichend als Innovatorinnen in das Blickfeld der Öffentlichkeit und ihrer Fachdisziplin gelangten.
"Es zeigt sich immer wieder, dass Wissenschaftlerinnen diese Form der gesellschaftlichen Sichtbarkeit und Anerkennung seltener als ihre männlichen Kollegen erreichen – trotz exzellenter fachlicher Leistungen und obwohl es für ihre akademische Karriere ein Muss ist", erklärt Professorin Ute Klammer vom Institut für Soziologie (IfS) der Universität Duisburg-Essen. Einerseits liege das an fehlenden Gelegenheiten für Wissenschaftlerinnen, sich präsentieren zu können, andererseits aber auch an Unsicherheit, wo und wie man sich präsentieren sollte, sowie an strukturellen Hürden im Wissenschaftsbetrieb, wie zum Beispiel befristeten Verträgen, mangelnder Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder hierarchischen Strukturen.
Exenko
Das Projekt Exenko will das vorherrschende Exzellenzverständnis von wissenschaftlicher Leistung weiterentwickeln und Prozesse verändern, die wissenschaftliche Leistungen von Frauen unterrepräsentieren. Entstanden ist es aus einer Kooperation der Professorin Ute Klammer, Institut für Soziologie (IfS) an der Universität Duisburg-Essen, und Dr. Maren A. Jochimsen, Geschäftsführerin des Essener Kollegs für Geschlechterforschung (EKfG).
Beteiligt waren außerdem die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule (RWTH) Aachen, die Universität zu Köln sowie die Hochschule Ruhr West. Es wird im Rahmen der Förderlinie "Innovative Frauen im Fokus" des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.
Die entstandenen Workshop-Konzepte sowie die Handreichung „Wege zu mehr Sichtbarkeit von Wissenschaftlerinnen“ mit Bausteinen für die Hochschul- und Wissenschaftskommunikation stehen allen Interessierten zur Verfügung.
Was Exzellenz auszeichnet
Um herauszufinden, was unter Exzellenz an den beteiligten Hochschulen verstanden wird, hat das Projektteam 52 leitfadengestützte Interviews in den MINT-Fächern sowie Wirtschafts- und Sozialwissenschaften durchgeführt. Neben Postdocs seien Kommunikationsverantwortliche, etablierte Professorinnen sowie Personen aus dem Gleichstellungsbereich befragt worden. Es habe sich gezeigt, dass die Teilnehmenden sich eine vielfältigere Definition von Exzellenz wünschten.
Nach Meinung vieler jüngerer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bilde Exzellenz nur einen Ausschnitt von Leistung ab, erläutert Soziologin Klammer. Diese "haben den Anspruch, etwas gesellschaftlich Sinnvolles und Innovatives zu tun, inhaltliche Motive stehen im Vordergrund. Auch das Thema gute Lehre und Zusammenarbeit im Team ist ihnen wichtig", führt sie aus. Ein weiteres Fazit der Sozialwissenschaftlerinnen: Auf institutioneller Ebene müsse Gender- und Gleichstellungswissen gefördert werden.
Wie Exzellenz geschlechtergerecht sichtbar werden kann
Im nächsten Schritt des Projektverlaufs brachte das Forschungsteam die Befragten mit dem Ziel zusammen, geschlechtergerechte Kommunikationsprozesse anzuregen. Die daraus entstanden Workshop-Konzepte für Postdocs und Kommunikationsverantwortliche wurden anschließend an allen vier Partnerhochschulen erprobt.
Mit den in den Workshops erlernten Vorgehensweisen könnten Mitarbeitende der Pressestellen und aus den Kommunikationsreferaten der Hochschulen gezielt Aufmerksamkeit auf die wissenschaftlichen Leistungen von Frauen lenken. Hochschulkommunikation "kann einen wichtigen Beitrag leisten, Wissenschaftlerinnen sichtbarer zu machen, und maßgeblich zur Verbesserung der Situation beitragen", resümiert Dr. Maren A. Jochimsen, Geschäftsführerin des Essener Kollegs für Geschlechterforschung (EKfG) und Mitinitiatorin des Projekts.
Gleichzeitig gelte es laut Projektbeschreibung, die Postdocs darin zu stärken, ihre eigenen Leistungen besser sichtbar zu machen. Zu diesem Zweck seien Sensibilisierungstrainings entwickelt worden, die sich speziell an promovierte Wissenschaftlerinnen und Juniorprofessorinnen richteten. Die Trainings haben laut Projektgruppe das Ziel, die Frauen für den Bias im Exzellenzverständnis zu sensibilisieren und sie im Selbstmarketing zu befähigen, ihre wissenschaftliche Exzellenz hervorzuheben.
"Wissenschaftlerinnen denken oft, dass sie noch nicht sprechfähig zu ihrer Forschung sind, weil zum Beispiel das Projekt noch nicht abgeschlossen ist, oder sie meinen, dass erst einmal der Lehrstuhlinhaber gefragt werden sollte", führt Klammer aus. Hier könnten die Pressestellen Wissenschaftlerinnen darin bestärken, mutiger und offensiver zu sein.
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