Portraitfotos der Preisträgerinnen und Preisträger
Bonnie L. Bassler/privat/ Florence McCall/ Barbara Frommann/Universität Bonn/ Paul Ehrlich-Stiftung

Medizin
Mikrobiologen mit Paul-Ehrlich-Preis ausgezeichnet

Zwei amerikanische Mikrobiologen erhalten den Paul Ehrlich-Preis. Ihre Forschung an kommunizierenden Bakterien kann helfen, Antibiotika zu ersetzen.

27.01.2021

Der mit 120.000 Euro dotierte Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Preis geht in diesem Jahr an zwei amerikanische Mikrobiologen. Professorin Bonnie L. Bassler und Professor Michael R. Silverman haben erforscht, wie Bakterien miteinander kommunizieren. Ihre Forschung könnte helfen, Antibiotika zu vermeiden, wie die Paul-Ehrlich-Stiftung am Mittwoch in Frankfurt am Main berichtete. Wegen der Corona-Pandemie wird der Preis erst 2022 übergeben – zusammen mit der Ehrung der Preisträger des nächsten Jahres.

Bassler (53) lehrt an der Princeton University und dem Howard Hughes Medical Institute, Silverman (77) arbeitete vor seiner Emeritierung am Agouron Institute in La Jolla. Sie haben gezeigt, "dass kollektives Verhalten nicht nur die Regel unter vielzelligen Organismen ist, sondern auch unter Bakterien", wie der Stiftungsrat in seiner Begründung formulierte.

Die Kommunikation zwischen Bakterien sei "eine Achillesferse", die neue Ansätze liefere, Mikroben zu bekämpfen. "Statt Bakterien mit Antibiotika zu töten, können nun Substanzen entwickelt werden, die die bakterielle Kommunikation unterbinden. Die Forschung der Preisträger hat damit eine erhebliche Relevanz für die Medizin", heißt es in der Begründung der Jury.

Bedeutung des Quorum Sensing erst kürzlich erkannt

Silverman und Bassler haben herausgefunden, dass Bakterien Signale senden und empfangen. Die Mikroorganismen wollen wissen, ob sie allein oder mit vielen Artgenossen vor Ort sind. Für diese Kommunikation wurde der Begriff Quorum Sensing geprägt. Um die Zahl an Bakterien zu messen, analysieren sie bestimmte Sprachmoleküle. Überschreitet die Konzentration einen bestimmten Schwellenwert, setzt ein gruppenspezifisches Verhalten ein.

Silverman hatte das Phänomen erstmals in den 1980er Jahren bei Zwergtintenfischen entdeckt, die nachts blau-grün leuchten – dank eines Bakterium. Bassler entdeckte Anfang der 1990er Jahre, dass es noch andere Sprachmolekül gibt. Sie informieren die Bakterien, ob auch andere Arten vor Ort sind und wer in der Überzahl ist. Bakterien sind also nicht nur äußerst kommunikativ, so der Stiftungsrat, sie beherrschen sogar mehrere Sprachen.

Die Bedeutung dieser Erkenntnisse sei "erst kürzlich in ihrer ganzen Tragweite erkannt worden", sagte der Vorsitzende des Stiftungsrats, Professor Thomas Boehm. Inzwischen sei bekannt, dass alle Bakterien auf diese Weise kommunizieren. "Das hat nicht nur zu einem fundamentalen Perspektivenwechsel in der Bakteriologie geführt, sondern ebenso zu gänzlich neuen Ansätzen in der Antibiotika-Forschung."

Nachwuchspreis an Bonner Entwicklungsbiologin

Der mit 60.000 Euro dotierte Nachwuchspreis geht an die Bonner Entwicklungsbiologin Elvira Mass. Die 34-Jährige ist Professorin am Life and Medical Sciences Institut der Universität Bonn. Sie hat sich mit der Frage beschäftigt, wie sich Organe entwickeln und was sie gesund erhält. Die Weichen dafür werden schon im frühen Embryo gestellt, wie die Preisträgerin "in einer Reihe eleganter Experimente" gezeigt habe, so die Jury.

Die Auszeichnung gilt als eine der bedeutendsten Ehrungen in der medizinischen Grundlagenforschung. Viele Preisträger der vergangenen Jahrzehnte bekamen später den Medizin-Nobelpreis. 2020 wurde der japanische Immunologe Shimon Sakaguchi für seine Entdeckung der sogenannten regulatorischen T-Zellen geehert.

dpa/ckr