Es ist Material aufgetürmt, das man zum Podcasten braucht: Ein Mikrofon, ein Kopfhörer, Literatur, ein Handy, ein Lautsprecher und einiges mehr.
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Wissenschaftskommunikation
Mit Podcasts sehr nah dran an den Menschen

Florian Freistetter erzählt Menschen Neues aus der Wissenschaft. Er erklärt im Gespräch, warum er Podcasts für effektiv hält und gibt Praxistipps.

Von Christine Vallbracht 12.02.2025

Forschung & Lehre nimmt den internationalen Tag des Radios am 13. Februar zum Anlass, das Format Podcast vorzustellen. Der Astronom Dr. Florian Freistetter kommuniziert schon seit 2012 mit großer Begeisterung Wissenschaft über dieses beliebte Audioformat. 

Forschung & Lehre: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, einen Podcast zu machen? 

Florian Freistetter: Ich war schon immer ein großer Fan von Wissenschaftskommunikation. 2008 habe ich einen eigenen Internetblog gestartet und das hat die Leute interessiert. Irgendwann wollte ich andere Medien ausprobieren. 2012 habe ich mit einem Podcast angefangen, der heute immer noch gut funktioniert. Mittlerweile bin ich der Meinung, dass ein Podcast ein hervorragendes, wenn nicht sogar das beste und effektivste Instrument zur Wissenschaftsvermittlung ist. 

F&L: Warum glauben Sie, dass das Format besonders effektiv ist? 

Florian Freistetter: Podcasts bieten die Möglichkeit, dass man auf eine sehr persönliche Art und Weise mit der Zielgruppe kommunizieren kann. Mit einer klassischen Pressemitteilung verlautbart eine Institution etwas. Wenn ich einen Podcast mache, dann habe ich einen gewissen psychologischen Vorteil. Man ist sehr nah an den Menschen dran, die einem zuhören. Es ist persönlicher. Und ich habe alle Freiheiten, die ich möchte. In einem Radiointerview kann ich, wenn ich Glück habe, vier, fünf Sätze unterbringen. Im Podcast erzähle ich so lange, wie ich es für sinnvoll halte. Wenn ich es interessant erzähle, dann hören die Leute sich das an. Vielleicht nicht am Stück. Aber man kann den Podcast ja auch ausschalten und wieder einschalten. 

F&L: Wenn Sie einen Podcast machen, fehlt da manchmal was zum Anschauen, also zum Beispiel Fotos oder Videos? Oder würden Sie sagen, dass die Vorteile des rein akustischen Formats überwiegen, weil man es einfach so nebenbei anhören kann? 

Florian Freistetter: Die Vorteile des Formats überwiegen. Wenn man es anders betrachtet, hat ein Podcast ja auch Bilder. Das sind die Bilder, die in den Köpfen entstehen, wenn ich anschaulich erzähle. Und dass ein Podcast ein klassisches Nebenbei-Medium ist, ist ein wichtiger Punkt. Das klingt immer etwas despektierlich, ist es aber gar nicht. Leute hören das beispielsweise beim Sport. Man verknüpft dann die Inhalte des Podcasts mit der Situation, in der man sie hört. Das verknüpft die Inhalte bestenfalls mit positiven Emotionen. Es ist ein Medium, das sehr niederschwellig im Konsum sein kann.

Dr. Florian Freistetter ist Astronom und Profi in der Wissenschaftskommunikation. Franzi Schädel/CC-BY-SA 4.0

F&L: Was waren die ersten Schritte, als Sie Ihren Podcast gestartet haben? 

Florian Freistetter: Zu Beginn sollte man sich überlegen, was man für einen Podcast haben will. Also nicht: "Wir setzen uns mal hin und reden mal ein bisschen ins Mikrofon". Idealerweise hat man einen vernünftigen Plan. Das heißt nicht, dass jede Folge komplett von vorn bis hinten ein Skript haben muss. Man sollte aber wissen, was man genau erzählen will. 

Für meinen ersten "Sternengeschichten"-Podcast hatte ich ein Konzept, von dem ich wusste, da werden mir die Themen nicht ausgehen. 2012 war es technisch noch ein bisschen aufwändiger, heute gibt es so viel Software und Workshops, die einem weiterhelfen können. Das ist kaum Aufwand, man braucht auch keine zusätzliche Technik kaufen. Man muss da vielleicht ein, zwei Tage Recherchearbeit zur Technik und Software einplanen, aber dann kann man in die Umsetzung seiner Idee gehen.

F&L: Haben Sie sich ein kleines Studio eingerichtet? 

Florian Freistetter: Nein, das nicht. Ich habe Wissenschaftskommunikation immer nur bei mir zu Hause im Homeoffice gemacht. Da steht mein Schreibtisch und überall sind jede Menge Regale mit Büchern. Und das funktioniert schon. Ich weiß, dass ganz viele Leute, die mit dem Podcasten anfangen, das vom Kleiderschrank aus tun, weil der akustisch eine gute Umgebung ist. Oder aus dem Auto, wenn man irgendwo parkt, wo es etwas ruhiger ist. 

Die reine Audioqualität ist mit Software in der Nachbearbeitung mittlerweile recht einfach hinzubekommen. Allerdings gibt es Kommunikationsprogramme, etwa Zoom oder Skype, die regeln einem die Audioqualität technisch schon so weit runter, dass sich da nachher auch mit den besten Nachbearbeitungs-Programmen nichts mehr rausholen lässt. Es gibt aber andere Programme, die speziell fürs Podcasten gemacht sind, wie zum Beispiel Studiolink oder Riverside. Da kann ich über die Distanz digital in hoher Audioqualität mit jemandem reden. Es gibt mittlerweile ganz viele Firmen, die nichts anderes tun, als bei der Podcast-Produktion zu beraten. Und man findet hilfreiche Seiten im Internet. Viele Unis bieten Workshops an. 

Mein Fazit: Man sollte ein bisschen Anspruch an die Audioqualität haben und sehr viel Anspruch an die inhaltliche Qualität. 

F&L: Welche Fähigkeiten sollte man noch mitbringen, um einen Wissenschafts-Podcast zu machen? 

Florian Freistetter: Man sollte Spaß daran haben, Dinge zu vermitteln, Dinge zu erzählen. Man kann es natürlich nebenbei machen, aber es braucht Zeit. Es gibt viele Arten, wie man Podcasts machen kann und viele individuelle Ideen. Die einzige Eigenschaft, die man wirklich haben sollte, ist Kreativität. Alles andere ergibt sich daraus. 

F&L: Welche Zielgruppe hatten Sie damals vor Augen? 

Florian Freistetter: Ich habe mir gedacht, idealerweise möchte ich so viele Menschen wie möglich erreichen. Das sollen alle hören, die sich dafür interessieren oder interessieren könnten. Bei den "Sternengeschichten" habe ich mir überlegt, es könnte ein bisschen sein wie das Sandmännchen – aber mit Astronomie und auch für Erwachsene. Wo man sich einmal die Woche am Abend hinsetzt und dann gibt es eine Geschichte über Astronomie, die für alle interessant ist, die sich im weitesten Sinne dafür interessieren. Egal, ob sie das studiert haben oder nicht. Egal, ob sie 15 Jahre alt sind oder 75. Alle, die gerne was über Astronomie wissen wollen, sollen damit klarkommen – unabhängig von deren Vorbildung, Umfeld, sozialer Situation. Das war mein Anspruch. 

F&L: Wie sind Sie mit wissenschaftlichen Fachvokabular umgegangen? 

Florian Freistetter: Ich habe zu dem Zeitpunkt schon eine gewisse Übung gehabt und ein gewisses Bewusstsein und Wissen darüber, was Begriffe sind, die ich erklären muss. Idealerweise erklärt man Fachwörter nicht, sondern man verwendet sie einfach nicht. Fertig! Man erklärt das irgendwie anders.

Wissenschaftskommunikation 

Von Forschenden wird heutzutage erwartet, ihre Erkenntnisse mit der Öffentlichkeit zu teilen. Wer und was hilft den Forschenden dabei? Wie es gut funktionieren kann und was es zu beachten gibt, erfahren Sie in unserem "Themenschwerpunkt Wissenschaftskommunikation". 

F&L: Sie sagen von sich selbst, Sie sind kein aktiver Wissenschaftler mehr, sondern professionell in der Wissenschaftskommunikation aktiv. Wie beobachten Sie Ihr Fach Astronomie, die internationale Wissenschaftsszene und die neuesten Erkenntnisse? 

Florian Freistetter: Wenn man Wissenschaft kommunizieren will, muss man informiert sein, aber nicht unbedingt auf dem gleichen Niveau, wie wenn man selbst an etwas forscht. Ich lese diverse Nachrichten über Wissenschaft. Dann schaue mir noch an, was die einzelnen Forschungsinstitute und Raumfahrtagenturen machen. Und natürlich sichte ich die Fachliteratur und studiere die neuesten Artikel. 

Ich lese es auf eine ganz andere Art, als ich es früher gelesen habe, weil ich diese Tiefe der Information nicht mehr unbedingt brauche. Das heißt, es reicht, wenn ich mich auf einem Level damit beschäftige, das es mir möglich macht, die Geschichte so zu erzählen, dass sie verständlich und nicht falsch ist. Das nimmt mal mehr, mal weniger Zeit in Anspruch. Ich lese ganz viel Historisches aus der Wissenschaftsgeschichte. Da lerne ich auch etwas über die Menschen, die geforscht und Entdeckungen gemacht haben. Darüber kann man die besten Geschichten erzählen. 

F&L: Wann sollte man als Podcasterin oder Podcaster ein Thema im Dialog erzählen? 

Florian Freistetter: Das sind zwei grundlegend unterschiedliche Formate. Wenn ich alleine spreche, muss ich mich auf eine ganz andere Art vorbereiten. Es ist mühsam, einer Person beim schlecht vorbereiteten Monologisieren zuzuhören. Ich kann einer einzigen Person vielleicht eine Viertelstunde, 20 Minuten zuhören – dann wird es öde. Bin ich im Dialog, dann ist das was ganz anderes. Hören wir einem normalen Dialog zu, dann verzeihen wir unbewusst viele sprachliche Ungenauigkeiten. Unser Hirn blendet die ganzen Halbsätze aus, die ganzen Ähms und Hmms. Das macht die Wissensvermittlung über den Dialog sehr viel einfacher. 

Da hat man auch einen gewissen Plan. Wann erzählen wir was? Wer macht was? Außerdem kann man im Gespräch sehr viel natürlicher miteinander reden. Die Zielgruppe hat dann nicht das Gefühl, sie hört zwei Sprechern zu, die ein Skript aufsagen, sondern zwei interessanten Menschen, die sich gegenseitig was erzählen. Erzählt mir im "Universum"-Podcast meine Kollegin Ruth Grützbauch etwas, dann weiß ich vorher nicht, was das im Detail genau sein wird. Das ist Absicht. Mein Interesse und meine Nachfragen sind spontan und echt. Wenn ich was nicht verstehe, dann frage ich nach. Das sind vielleicht auch Punkte, die das Publikum nicht ganz verstanden hat. Das macht das Ganze zum Zuhören sehr viel netter, zugänglicher und näher. 

F&L: Was ist wichtig für einen gelungenen Dialog-Podcast? 

Florian Freistetter: Wenn man Dialog-Podcasts macht, dann in der Regel mit Menschen, die man persönlich gut kennt. Dann muss man sich zusammenreißen, dass man nicht wirklich ins private Geplauder rüberrutscht und vergisst, dass eine Vermittlung stattfinden soll. Das Allerschwierigste, was man machen kann, also wirklich die Königsdisziplin, ist ein Interview-Podcast. Das machen sehr viele, und es scheint die allererste Idee zu sein, die gerade Institutionen haben. Aber das Publikum hat dabei keine Person, mit der sie sich identifizieren kann. Wenn ich einen Dialog-Podcast mache, und die Menschen wissen, die zwei reden in jeder Folge über irgendwas und das ist gut, weil die beiden Leute cool sind, dann hören sie ihnen bei allem zu, egal, was für ein Thema. Und dann kann ich auch Themen vermitteln, die das Publikum sonst nicht erreicht hätten. 

Beim Interview-Podcast habe ich in jeder Folge zumindest eine Person, die wechselt. Das heißt, ich müsste dann zumindest als Interviewer als Person so präsent sein, dass die Leute mich als Identifikationsfigur nehmen können und gleichzeitig die interviewte Person dadurch nicht überschatten. Das ist wahnsinnig schwer. Das kann ich nicht. Darum mache ich auch keinen Interview-Podcast. Ich kenne eine Handvoll Leute in der Podcast-Szene, die in der Lage sind, sowas zu tun. 

F&L: Würden Sie sagen, dass es durchaus einen Mehrwert für den eigenen Podcast hat, wenn man selbst als Figur seine Eigenarten hat, seinen eigenen Stil? 

Florian Freistetter: Selbstverständlich. Gerade für die Wissenschaftskommunikation, weil die ja ein bisschen kompliziert ist. Wissenschaftsvermittlung ist insofern kompliziert, als dass ich eben nie die Wissenschaft vollumfänglich vermitteln kann. Ich muss immer Abstriche machen. Und das heißt, ich bin immer auch darauf angewiesen, dass mein Publikum mir vertraut. 

Ich muss immer bedenken, dass ich nicht alles bis ins letzte Detail vermitteln kann. Das Publikum muss mir gewisse Dinge einfach glauben. Sonst funktioniert die Kommunikation nicht. Vertrauen mir die Leute, akzeptieren sie auch, dass ich ihnen nicht alles erklären kann. Und Vertrauen kann ich nur gegenüber einer Person aufbauen. Man muss da jetzt keine Personality-Show draus machen. Aber damit das funktioniert, muss man – auf welche Art auch immer – als konkreter Mensch sichtbar sein.

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F&L: Wann hatten Sie das letzte Mal einen persönlichen Aha-Moment beim Podcasten? 

Florian Freistetter: Podcasten ist eigentlich ein einziges Aha-Erlebnis. Ich lerne ständig was. Ganz oft habe ich erst dadurch, dass ich probiert habe, es zu vermitteln, Dinge verstanden, von denen ich vorher schon gedacht hatte, ich hätte sie verstanden. Beim Versuch, es zu erklären, habe ich gemerkt: "Nee, ich kann das nicht erklären." Dann muss ich nochmal nachrecherchieren und noch mehr lernen. So lange, bis ich merke, dass es wie eine echte Geschichte klingt und ich es verstanden habe. 

F&L: Wenn Sie Ihr eigenes wissenschaftliches Fachgebiet in zwei Sätzen zusammenfassen müssten – würde Ihnen das gelingen, weil Sie so viel Übung im Podcasten von Wissenschaft haben? 

Florian Freistetter: Je kürzer man vermitteln will, desto schwieriger ist es, das auch gut zu machen. Das sieht man auf jeder wissenschaftlichen Konferenz. Aber es ist wichtig, sich kurz zu fassen. Studierenden oder auch wissenschaftlichen Mitarbeitenden bringe ich das in Workshops bei, weil das die Kernkompetenz der Wissenschaftskommunikation ist: Kürzen, kürzen, kürzen. Aber so, dass es immer noch richtig und gut bleibt dabei. 

Meine Forschungsarbeit würde ich in der gekürzten Version so beschreiben: Ich habe mich mit der chaotischen Bewegung von Asteroiden beschäftigt, die sich prinzipiell für lange Zeiträume nicht vorhersagen lässt. Dann habe ich mit statistischen Methoden einen Weg gefunden, dennoch Aussagen über das Langzeitverhalten von Asteroiden zu treffen, die möglicherweise mit der Erde kollidieren könnten. 

F&L: Haben Sie schon mal Künstliche Intelligenz in irgendeiner Form eingesetzt? 

Florian Freistetter: Das ist in der Podcast-Szene ein großes Thema. Vor allem, weil man ja mittlerweile auch Podcasts komplett von der KI machen lassen kann. Dann kann ich sogar Leute über ein Thema sprechen lassen, das ich mir ausgedacht habe. Aber da kommt halt selten was Kreatives raus, weil das alles irgendwie aus der existierenden Menge an Texten basiert. Das heißt, es ist immer ein bisschen langweilig und unauffällig. In der Hinsicht nutze ich die KI überhaupt nicht, weil ich die Inhalte nach meinen Vorstellungen erzählen möchte. 

Was die technischen Sachen angeht, gibt es inzwischen diverse Audio-Bearbeitungsprogramme mit KI und diversen Algorithmen. Zum Beispiel ist es möglich, Podcast-Folgen automatisch transkribieren zu lassen. Das ist sehr praktisch, weil der Podcast dann nochmal zugänglicher wird. Es gibt Tools, die können automatisch schneiden. Das ist bei mir immer noch Handarbeit, das mache ich selber. 

Und ansonsten nutze ich die KI dann eher so, wie man es halt allgemein nutzt. Es ist mit KI leichter zu recherchieren als vorher. Wenn ich jetzt irgendwie zu einem bestimmten Thema was suche, dann habe ich früher die ganzen Literaturdatenbanken durchsucht. Das mache jetzt immer noch, aber oft bekommt man von der KI gezielter Hinweise, wo ich dann selbst weitersuchen kann. Und ich kann mir die Informationen aus wissenschaftlichen Papers von so einem KI-Tool zusammenfassen lassen. Das funktioniert ganz gut. Dann habe ich einen ersten Überblick. 

F&L: Was sind Ihre Podcast-Favoriten aus der Wissenschaftskommunikation? 

Florian Freistetter: Ein Podcast, den ich sehr gut finde, heißt "Mummies and Magic". Es ist deutschsprachig und wird von zwei Ägyptologinnen aus München gemacht. Es geht um das alte Ägypten in der Popkultur und ist sehr klar fokussiert. Es gibt Folgen über Kinofilme, Serien oder auch über altägyptische Motive in der Metal-Musik. Man kann fast die ganze weite Welt mit diesem Konzept abbilden.