Die Praxiserfahrung verliert laut der Akademie der Technikwissenschaften an Bedeutung bei Berufungsverfahren - dies sei ein problematischer Trend.

Die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften (acatech) hat die Hochschulen dazu aufgefordert, Kriterien jenseits der Publikationsleistung stärker zum Maßstab von Berufungen zu machen. Eine reine Hochschullaufbahn solle nicht zur Regel werden.

Außerdem sollen Politik und Hochschulleitungen Freiräume für selbstverantwortete Forschung und Lehre schaffen, um den Weg von der Wirtschaft zurück in die Wissenschaft attraktiver zu machen. Dies könne durch die Reduktion der individuellen Lehrbelastung gelingen. Im Gegenzug soll die Wirtschaft Publikationsmöglichkeiten für ihre leitenden Beschäftigten erweitern, um deren Chancen auf eine Berufung an Hochschulen zu erhöhen. Die acatech beobachte, dass bei Berufungen Praxiserfahrung als Auswahlkriterium an Gewicht verliere. Das sei ein problematischer Trend. Das geht aus einem Positionspapier hervor, in dem die acatech zehn Qualitätskritierien für die Bewertung von Forschungsleistungen und die Berufung von Professorinnen und Professoren formuliert.

Demnach sollen konkrete Entwicklungen und die Zusammenwirkung im Innovationssystem ebenso stark gewichtet werden wie Publikationslisten. Die Verbindung von Grundlagenforschung, Entwicklung und Umsetzung in konkreten Technologien sei die Aufgabe der Technikwissenschaften. "Die Anzahl an Publikationen oder an Zitationen stellt nur ein Kriterium unter anderen dar", heißt es in dem Papier. Deshalb bräuchten die Technikwissenschaften eigene Kriterien, mit deren Hilfe sich Qualität bewerten lasse.

In der Bewertung wissenschaftlicher Leistungen seien allgemein englischsprachige Publikationen besonders wichtig. Gemessen werden sie beispielsweise im Hirsch-Faktor oder im Impact-Faktor. Internationale Publikationen seien laut acatech jedoch nicht die vordringliche Aufgabe der Technikwissenschaften – hier gehe es um die Entwicklung konkreter Technologien und die interdisziplinäre Zusammenarbeit im Innovationssystem.

Als Qualitätskriterien für die Technikwissenschaften schlägt acatech u. a. Drittmittel, gemessen an der Zahl der eingeworbenen Stellen, die Zahl der betreuten Promotionen und Habilitationen sowie Qualität der Betreuung vor. Des weiteren die Leitung und Beteiligung an Forschungsverbünden sowie Patente und insbesondere Lizenzen für die Anwendung.

gri