mehrere Personen sitzen um einen Besprechungstisch mit Unterlagen
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Berufungspraxis
Welche Rolle die Ausstattung bei Berufungen spielt

Der Deutsche Hochschulverband analysiert seit Jahren systematisch Berufungsverhandlungen und ihr Ergebnis. Eine Bestandsaufnahme.

Von Hubert Detmer 02.06.2021

Seit über einem Jahrzehnt beobachtet und analysiert der Deutsche Hochschulverband (DHV) systematisiert Berufungsverhandlungen und Verhandlungsergebnisse. Inzwischen ist die Gesamtzahl der auf konkreten Berufungs- oder Bleibeverhandlungen beruhenden Frage­bögen auf 2.500 angewachsen; im jüngsten Beobachtungszeitraum (2018 bis 2020) kamen 400 neue Fragebögen hinzu.

Eine zentrale Frage der Erhebung betrifft den Status neu berufener Professorinnen und Professoren: Auch in den letzten beiden Jahren hat sich der Trend bestätigt, dass Beamtenverhältnisse im Vergleich zu Angestelltenverhältnissen immer seltener abgeschlossen werden. Insgesamt fiel der Langzeitwert (2012 bis 2020) inzwischen auf 71 Prozent (Beamtenverhältnis auf Lebenszeit). Der bisherige Langzeitwert (2012-2018) lag bei 74 Prozent. In den letzten beiden Jahren ist der Wert sogar auf 66 Prozent gesunken.

Der DHV fragt auch nach "weichen" Faktoren. Ein zentraler Faktor für die Bewertung der deutschen Berufungsverhandlungspraxis und der Verhandlungskultur ist die Frage nach dem Verhandlungsklima. Erfreulicherweise hat sich das Klima ausgehend von einem sehr hohen Niveau nochmals leicht verbessert. Insgesamt bewerten – in den beiden letzten Jahren – knapp 50 Prozent aller Befragten das Verhandlungsklima mit einer glatten "Eins", während ein Drittel aller Befragten das Verhandlungsklima immer noch mit der Note "gut" bewertet.

Ob der Trend, dass die Verhandlungsdauer sich nach wie vor verkürzt, tatsächlich ein guter und valider ist, bleibt abzuwarten. Dass tatsächlich im jüngsten Betrachtungszeitraum (Oktober 2018 bis Oktober 2020) 48 Prozent aller Verhandlungen in einer Zeitspanne bis zu drei Monaten abgeschlossen waren und darüber hinaus in 90 Prozent aller Fälle die Verhandlungen (inklusive etwaiger Bleibeverhandlungen) in bis zu sechs Monaten finalisiert werden, ist auch ein Beleg dafür, dass die Doktrin "Immer schneller" an ihre natürliche Grenze stößt. Gegebenenfalls wäre es von Vorteil, gerade mit Blick auf die Work-Life-Balance junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und andere Faktoren wie die Qualität von Berufungsverhandlungen, die Verhandlungsphase wieder ein wenig zu entschleunigen und stärker darauf zu achten, die Dauer des gesamten Berufungsverfahrens (von der Ausschreibung bis zur Ernennung) weiter zu verkürzen. Insgesamt werden nämlich gegenwärtig nur noch die beiden ersten Drittel aller Verfahren in einer Zeitspanne von bis zu 18 Monaten beendet.

Fächerspezifische Ausstattung

Kern der Befragung des DHV ist nach wie vor die fächerspezifische Ausstattung. Hier gibt es naturgemäß einige Schwankungen, was insbesondere daran liegt, dass neue Modelle der Finanzierung eingeschlagen worden sind (mehr Geld, weniger Stellen) und es immer wieder atypische Ausreißer nach oben und nach unten gibt.

Trends in den Berufungsverhandlungen nach Fächern

Geisteswissenschaften
Im Bereich der Geisteswissenschaften geht der Trend pro Professur und im Durchschnitt in allen Kategorien leicht nach oben:

Investitionsmittel : 68.010 Euro
Laufende Mittel: 15.080 Euro
Wissenschaftliches Personal: 1,65
Nicht wissenschaftliches Personal: 0,68
Räume: 3,42

Langzeitmittel (2012–2020): 57.090 Euro / 12.010 Euro / 1,47 / 0,59 / 3,21
Mathematik und Naturwissenschaften
In den mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern gibt es keine markanten Veränderungen.

Investitionsmittel: 303.630 Euro
Laufende Mittel: 25.470 Euro
Wissenschaftliches Personal: 2,22
Nicht wissenschaftliches Personal: 1,19
Räume: 6,38

Langzeitmittel (2012–2020): 318.850 Euro / 26.960 Euro / 2,20 / 1,32 / 6,35
Wirtschaftswissenschaften
Teilweise markante Steigerung bei den Investitionen, teilweise aber auch Konstanz spiegelt sich in den Werten für die Wirtschaftswissenschaften wider:

Investitionsmittel: 91.170 Euro
Laufende Mittel: 17.200 Euro
Wissenschaftliches Personal: 1,92
Nicht wissenschaftliches Personal: 0,52
Räume: 3,21

Langzeitmittel (2012–2020): 62.570 Euro / 13.440 Euro / 2,01 / 0,59 / 4,21
Ingenieurwissenschaften
Kräftige Zugewinne bei den Erstausstattungsressourcen gibt es in den Ingenieurwissenschaften, was nicht zuletzt an der Gewinnung einiger "Big Shots" im Betrachtungszeitraum Oktober 2018 bis Oktober 2020 liegt.

Investitionsmittel: 496.640 Euro
Laufende Mittel: 25.870 Euro
Wissenschaftliches Personal: 3,30
Nicht wissenschaftliches Personal: 2,35
Räume: 6,89

Langzeitmittel (2012–2020): 317.110 Euro / 29.410 Euro / 2,83 / 1,67 / 6,98
Rechtswissenschaften
Vergleichbares gilt auch für die Rechtswissenschaften, die aufgrund einiger "Leuchtturm"-Konstellationen eine merkliche Steigerung zumindest bei den Investitionsmitteln zu verzeichnen haben.

Investitionsmittel: 112.270 Euro
Laufende Mittel: 24.750 Euro
Wissenschaftliches Personal: 1,7
Nicht wissenschaftliches Personal: 0,56
Räume: 4,35

Langzeitmittel (2012–2020): 59.250 Euro / 16.100 Euro / 1,78 / 0,66 / 4,21
Medizin
In der Medizin schließlich ist zu verzeichnen, dass die Ausstattungsangebote vor allem aus kaufmännischen/haushalterischen Gründen schwierig miteinander zu vergleichen sind. So sind beispielsweise die laufenden Mittel in einigen wenigen Fällen im Mittelwert sehr stark gestiegen, bei im Übrigen eher konstanten Werten.

Investitionsmittel: 184.630 Euro
Laufende Mittel: 109.070 Euro
Wissenschaftliches Personal: 2,18
Nicht wissenschaftliches Personal: 1,88
Räume: 3,58

Langzeitmittel (2012–2020): 204.930 Euro / 65.330 Euro / 2,19 / 1,5 / 4,03

Beruhigend ist, dass es keine erheblichen Zäsuren und Einschnitte bei der Ausstattung von Professuren gibt. Eine gewisse Verunsicherung rührt aber daher, dass die Schere, was die Ausstattung anbetrifft, immer weiter auseinander geht. Auf der einen Seite gibt es Fächer, bei denen nahezu alles mehr oder minder beim Alten bleibt, auf der anderen Seite aber auch eine Berufungspraxis, die sich in einer sehr großen Bandbreite abspielt (Beispiele: vor allem Ingenieurwissenschaften und Medizin).

Die hier publizierten Zahlen können zuallererst bei den laufenden Mitteln, dem wissenschaftlichen und nicht wissenschaftlichen Personal sowie den Räumen als erste Orientierung für die eigenen Vorstellungen herangezogen werden. Dabei können freilich die eigenen Vorstellungen im Einzelfall wesentlich höher, aber auch niedriger sein. Jede Ausstattung hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Auch bei den Investitionsmitteln gibt es in einigen, "nicht allzu teuren" Fächern tatsächlich so etwas wie Standardpakete (Wirtschaftswissenschaften, Jura (grds.), Geisteswissenschaften). In den anderen Fächerkategorien sind demgegenüber gerade bei den Erstausstattungsmitteln große Varianzen zu verzeichnen.