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Universitäre Selbstverwaltung
Was Gremienarbeit kann

Die Arbeit ist zeitintensiv, bietet in der Wissenschaft aber Karrierechancen. Forschung & Lehre hat mit zwei Expertinnen der Gremienpraxis gesprochen.

Von Charlotte Pardey 04.06.2025

Gremienarbeit ist weder eine lästige Pflicht, die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler neben Forschung und Lehre erfüllen müssen, noch das unbedingte Karrieresprungbrett. Sie gehört zur wissenschaftlichen Karriere und zur Hochschule als Organisationsform dazu: Über Gremien wie den Großen Senat, den Akademischen Senat, Fachbereichs- und Fakultätenräte, den Frauenrat, den Hochschulrat und die Institutsräte verwaltet und steuert sich die Hochschule. Auch wenn sich die Ausgestaltung der einzelnen Gremien je nach Bundesland und Hochschule unterscheiden kann, bieten sie stets die Möglichkeit, Rahmenbedingungen zu gestalten und nützliche strategische Erfahrungen zu sammeln.

Professorin Carola Jungwirth hat den Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Governance an der Universität Passau inne. Über viele Jahre hat sie unter anderem als Präsidentin der Universität Passau Gremienerfahrung gesammelt, die sie aus Überzeugung in Seminaren weitergibt. Für sie ist Gremienarbeit eine einzigartige Möglichkeit, die Rahmenbedingungen der eigenen Arbeitsumgebung mitzuformen. So könne es neben Studienprogrammen, Geldern und Räumen auch um die Strategie der Hochschule und ihren Entwicklungsplan gehen.

Gremienarbeit als Blick hinter die Kulissen

Eine aktive Mitarbeit in Gremien sollte im Kontext der jeweiligen Karrieresituation sorgfältig abgewogen werden. In frühen oder entscheidungsrelevanten Karrierephasen – etwa im Vorfeld einer Tenure-Entscheidung – empfiehle es sich, die eigene Beteiligung strategisch zu gestalten. "Es kann sinnvoll sein, sich insbesondere bei sachorientierten Themen einzubringen und dort konstruktive Beiträge zu leisten. Dies ermöglicht es, Sichtbarkeit zu erlangen, ohne sich unnötigen Risiken auszusetzen", rät Jungwirth.

Auch Dr. Monika Klinkhammer betont, dass die Ziele eines Gremienengagements eng mit der jeweiligen eigenen Position zusammenhängen sollten. Sie unterstützt als Coachin Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bei Fragen zur Gremienarbeit. Als Doktorandin oder Doktorand sowie als Postdoc könne es beispielsweise nützlich sein, Mitglied einer Berufungskommission zu werden. So könne man einen Blick hinter die Kulissen werfen und Wissen erlangen, das auch bei der eigenen Berufungssituation nützlich sein könne: "Strategisches Wissen ist Gold wert!", so Klinkhammer.

Klinkhammer zählt im Gespräch mit Forschung & Lehre weitere Vorteile der Gremienarbeit für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in frühen Karrierephasen auf. Sie können über das Engagement in einem Gremium Kontakte zu anderen Mitgliedern knüpfen, Entscheiderinnen und Entscheider von einer neuen Seite kennenlernen und so ihre Netzwerke ausbauen. Indem sie sich besonders kompetent, zuverlässig und loyal präsentierten, könnten sie für sich werben.

"Forscherinnen und Forscher müssen wissen, was in welchem Gremium gemacht wird und welche Hebel mit einer Mitgliedschaft verbunden sind." Professorin Carola Jungwirth

Gremien brauchen informierte Mitglieder

Um auch wirklich kompetent zu sein, ist es wichtig, dass sich Interessierte mit den Aufgaben und Befugnissen des Gremiums sowie den zu verhandelnden Themen auseinandersetzen. Das betonen beide Expertinnen. "Forscherinnen und Forscher müssen wissen, was in welchem Gremium gemacht wird und welche Hebel mit einer Mitgliedschaft verbunden sind", so Jungwirth. Dazu lohne ein Blick ins Hochschulgesetz des jeweiligen Bundeslands. Es beschreibt die Zusammensetzung und Aufgaben verschiedener hochschulischer Gremien.

Auf dem Weg zum passenden Amt

Auch Klinkhammer rät zu informierten Entscheidungen, wenn die Mitarbeit in einem Gremium angestrebt werde. Dies beginne mit einer Analyse der eigenen Möglichkeiten, wie viel an Zeit, Energie, Vorwissen und thematischem Interesse tatsächlich vorhanden seien. Auch solle man sich überlegen, welche Karriere innerhalb der eignen Hochschule angestrebt werde und inwiefern ein Gremienengagement dafür sinnvoll sei. Schließlich beeinflusse die Entscheidung für ein Engagement auch die Überlegung, was im Vordergrund stehen solle – ein Zugewinn für den eigenen Lehrstuhl, den Fachbereich oder die Hochschule.

Jungwirth merkt an, dass deutlich weniger Frauen als Männer in Gremien vertreten sind. Frauen sollten sich fragen, ob sie wirklich anderen Verpflichtungen den Vorzug geben und auf die Gelegenheit verzichten wollen, sich einzubringen und Einfluss zu nehmen. "Das ist an der falschen Stelle gespart", so Jungwirth.

"Ein Scheitern in einem Wahlverfahren, kann allerdings auch bedeuten, dass man Ansehen verliert." Dr. Monika Klinkhammer

Natürlich sollte man klären, welche Arbeitsbelastung mit einem Gremienamt verbunden sei und welche Vorteile sich ergäben. Nicht alle Gremien böten die gleichen Vorteile. Um ein in Frage kommendes Gremium vorab kennenzulernen, empfiehlt Klinkhammer, sich mit ehemaligen und aktuellen Mitgliedern auszutauschen. Dabei könne etwa informell geklärt werden, wer den Ton angebe und wo innerhalb eines Gremiums Konflikte bestünden. Bei manchen Sitzungen könne man sich zudem als Gast einen persönlichen Überblick verschaffen.

Auch die Frage, ob es sich um ein beliebtes Gremium handle, sei relevant. "Damit verbunden ist die Frage des Zugangs, also wie man Mitglied wird", erläutert Klinkhammer. Je nach Gremium können Mitglieder gewählt, entsandt oder bestimmt werden. Dabei müsse man sich selbst ins Spiel bringen und nicht warten, bis man vorgeschlagen werde. "Ein Scheitern in einem Wahlverfahren, kann allerdings auch bedeuten, dass man Ansehen verliert", so die Beraterin. Allerdings seien nicht alle Rekrutierungsverfahren transparent. Es könne daher zu Enttäuschungen führen, wenn man nicht vorgeschlagen oder entsandt werde.

Nach dem Gremienamt

Nicht nur die Wahl, auch die Mitarbeit an sich kann Nachteile beinhalten. So kann es vorkommen, dass man unbeliebte Maßnahmen verkünden oder begleiten muss. Das Engagement ist auch nur auf Zeit angelegt, so dass man wieder ins – mitunter von den Maßnahmen betroffene – Kollegium zurückkehren muss. "Auch inhaltlich können Aspekte des Gremienamtes an einem hängen bleiben", gibt Klinkhammer zu bedenken.

Genauso wie der Einstieg in ein Gremium gut vorbereitet sein müsse, sollte auch der Ausstieg nicht überstürzt geschehen, empfiehlt die Expertin. Vor allem sollten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sich und anderen deutlich machen, was sie im Rahmen der Arbeit im Gremium erreicht haben, welche Themen sie eingebracht und welche Erfolge sie erstritten haben.

"Auch inhaltlich können Aspekte des Gremienamtes an einem hängen bleiben." Dr. Monika Klinkhammer

Besonders wichtig ist laut Jungwirth das Schreiben und Lesen der Protokolle, da letztlich nur das schriftlich Festgehaltene zähle. Die "Wahrheit" einer Sitzung spiegele das Protokoll.

Ein gut passendes Amt in der wissenschaftlichen Selbstverwaltung könne eine sinnstiftende Arbeit, eine Netzwerkgelegenheit und zusätzlicher Anschub für die wissenschaftliche Karriere sein, so Klinkhammer. Gremienmitglieder könnten ihre sozialen und persönlichen Fähigkeiten unter Beweis stellen, etwa bei der Kompromissfindung, durch Überzeugungskraft oder im Rahmen des Konfliktmanagements.  

Zum Weiterlesen

Edding, C./M. Klinkhammer (2019): Karrieresprungbrett Gremienarbeit. In: DUZ Wissenschaft & Management 3, 8-17.
Edding, C./M. Klinkhammer (2019): Gremienkompetenz – (k)ein Thema für die Personalentwicklung? In: Personalentwicklung in Hochschule und Wissenschaft, 4/2019, 65-81.
Klinkhammer, M./C. Edding (2020): Gremienarbeit. In: Hammerschmidt, A./N. Enke (Hg.): Forschen, Lehren, Führen. Das ABC für die Hochschulkarriere. Tübingen: utb, 74-77.