Wolf im Schafspelz
pixabay

Spieltheorie
Wie "nette Ausbeuter" im Job gewinnen

Starke Konkurrenz sorgt für Spannung unter Kollegen. Ein Forscherteam hat untersucht, wie sie die Bereitschaft zur Kooperation reduziert.

16.02.2019

Konkurrenz ist ein ständiger Begleiter im Berufsalltag. Ein Forscherteam vom Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie und dem Limnologischen Institut der Universität Konstanz hat untersucht, dass dabei vor allem "nette Ausbeuter" gewinnen würden, die mal kooperativ und mal egoistisch seien. Ihr Egoismus würde dabei durch finanzielle Anreize verstärkt.

"Ausbeuter erscheinen oft als nette Kolleginnen oder Kollegen. Sie beantworteten Freundlichkeit mit Freundlichkeit, so dass Konkurrenten an ein Missverständnis glauben, wenn sie immer wieder über den Tisch gezogen werden", sagt der Max-Planck-Forscher Manfred Milinski über das Ergebnis des im Fachmagazin "Nature Communications" veröffentlichten Artikels. "Sie müssen mitspielen, um nicht selbst noch mehr zu verlieren."

Die Studie setzt beim sogenannten Gefangenendilemma und der "Ausbeuter"-Strategie an. Beim Gefangenendilemma profitieren zwei Personen stärker davon, wenn sie kooperieren als wenn sie sich beide egoistisch verhalten. Wenn aber einer egoistisch ist und der andere kooperiert, erhält der Egoist den größten Gewinn, der Kooperierende geht leer aus. Kooperation lohnt sich demnach nur, wenn man immer wieder auf denselben Mitspieler trifft und dann vorausgegangenen Egoismus "bestrafen" und Kooperation belohnen kann.

"Ausbeuter" zwingt zu ständiger Kooperation

Die "Ausbeuter"-Strategie besagt, dass ein "Ausbeuter" seinen Mitspieler systematisch ausnutzt, indem er ihn zu ständiger Kooperation zwingt. In 60 Prozent der Fälle verhalte er sich kooperativ, in 40 Prozent sei er egoistisch und kassiere den maximalen Gewinn.

Der Mitspieler muss sich dem Ausbeuter fügen, weil nur das sich für ihn lohnt. Er kann seinen kleinen Gewinn nur steigern, wenn er immer häufiger kooperiert, um möglichst viel von den 60 Prozent Kooperation des Ausbeuters zu profitieren. Er gewinnt dadurch zunehmend mehr, verschafft aber dem Ausbeuter einen vielfach höheren Gewinn.

Experimente der Forscher hätten gezeigt, dass Menschen tatsächlich zu Kooperation angetrieben würden und sich ausbeuten ließen, wenn sie gegen einen Computer mit entsprechender Strategie spielten. Ein Computer lasse sich dabei nicht davon beeindrucken, wenn seine menschlichen Spielpartner zunehmend unwillig jegliche Kooperation verweigerten. Deshalb blieb zunächst unklar, ob ein menschlicher Ausbeuter den Disziplinierungsversuchen seiner Konkurrenten nicht doch irgendwann nachgeben und sich wieder kooperativer verhalten würde.

Die Wissenschaftler Manfred Milinski und Lutz Becks schlossen einen Versuch mit über 100 Studierenden an. In 49 aufeinanderfolgenden Runden des "Gefangenendilemmas" spielten dabei immer zwei Studierende um reale Geldbeträge. Dabei profitierten zwei Teilnehmer stärker davon, wenn sie kooperierten als wenn sie sich beide egoistisch verhielten. Wenn aber einer egoistisch war und der andere kooperierte, erhielt der Egoist den größten Gewinn, der Kooperierende ging leer aus.

Die Forscher schafften einen besonderen Anreiz egoistisch zu handeln. In einem ersten Experiment wurde jeweils ein Spieler ausgelost, der am Ende einen zusätzlichen Bonus von zehn Euro erhalten sollte, wenn er mindestens zehn Prozent mehr als der Mitspieler verdiente. Im zweiten Experiment bekam der Spieler den Bonus, der zehn Prozent mehr als der Konkurrent verdient hatte. In einem Kontrollexperiment gab es keinen Bonus zu gewinnen.

Ohne Aussicht auf einen Bonus arbeiteten die Spieler schnell zusammen und erzielten meist einen hohen Gewinn. Wurde jedoch einer der Spieler mit einem Bonus besonders angestachelt, entwickelte sich dieser in vielen Fällen zum Ausbeuter. Obwohl ihn der Mitspieler immer wieder zu disziplinieren versuchte und die Zusammenarbeit verweigerte, widersetzte sich der Ausbeuter und kooperierte im Verlauf des Experiments sogar immer seltener anstatt häufiger. Auch im Experiment, in dem der potenzielle Bonusspieler nicht vorbestimmt war, waren "die Ausbeuter" dauerhaft am erfolgreichsten.

Die Forscher sehen in ihren Versuchen eine Erklärung dafür, dass Menschen sich in der Realität oft viel weniger kooperativ zeigten als bislang vorhergesagt. "Herrscht starker Konkurrenzdruck, ist der Wille zu Zusammenarbeit kein Erfolgsrezept", betonen sie.

kas