Eine Lehrperson steht vor einer Gruppe junger Erwachsener an Computer-Desks in einem Seminarraum.
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Hochschuldidaktik
Begeistern statt Belehren

Für die moderne Hochschullehre gibt es keine "one size fits all"-Lösung. Einige evidenzbasierte Strategien lassen sich aber anwenden.

19.11.2024

Wer Studierende dauerhaft begeistern will, sollte die eigenen Lehrmethoden kontinuierlich reflektieren und die Bereitschaft zur Weiterbildung mitbringen. Hochschullehre sei ein dynamischer und komplexer Prozess, für den es keine Universallösung gebe, stellt ein Team vom Interdisziplinären Kolleg Hochschuldidaktik (IKH) der Goethe-Universität Frankfurt am Main heraus. Dennoch gebe es einige Strategien, die sich im Lehralltag bewährt haben und die die Forschenden um Professor Holger Horz und Professorin Miriam Hansen in der aktuellen Ausgabe von "Forschung & Lehre" vorstellen.

Transparenz und Relevanz der Lerninhalte

Beim "Constructive Alignment" nach John Biggs würden Lernziele, Lehr-/Lernaktivitäten und Prüfungsformen aufeinander abgestimmt, um eine erhöhte Transparenz zu erreichen. Klar definierte Lernziele seien leichter messbar. Auch weniger motivierte Studierende ließen sich so besser mitnehmen, es könnten höhere Lernerfolge erzielt und Prüfungsangst gemindert werden. Darüber hinaus bestünde die Möglichkeit, die Lehrveranstaltung an die heterogenen Bedürfnisse von Studierenden anzupassen und mehrere "Lernpfade" für stärkere und schwächere Kursteilnehmende anzubieten.

Generell seien aktivierende Lehr- und Lernmethoden wie Diskussionen, Gruppenarbeiten, Peer-Feedback sowie andere aktivierende Einstiege in ein Thema zu empfehlen. Entsprechend der "Selbstbestimmungstheorie" von Richard M. Ryan und Edward L. Deci seien bei der Methodenauswahl die Grundbedürfnisse der Studierenden nach Autonomie, Kompetenz und sozialer Eingebundenheit zu berücksichtigen. 

Mit Praxisbeispielen und authentischen Problemstellungen ließe sich die Relevanz des Lernstoffs verdeutlichen, was den Wissenstransfer erleichtere. "Service Learning" etwa verbinde akademisches Lernen mit gesellschaftlichem Engagement zumeist bei lokalen gemeinnützigen Einrichtungen. Entsprechende "reale" Aufgaben würden jedoch häufig strukturierte Unterstützung ("Scaffolding") erfordern, die mit der Zeit reduziert werden könne.

Technologiegestützte Lehre

Während Lernplattformen bereits flächendeckend zum Einsatz kämen, ließen sich die damit einhergehenden Möglichkeiten zum zeit- und/oder ortsunabhängigen sowie kooperativen Lernen noch ausbauen, so der Tenor des Beitrags. Dozentinnen und Dozenten könnten die Analyse von Lernenden-Daten nutzen, um die Qualität ihrer Lehre gezielt zu verbessern. 

Künstliche Intelligenz (KI) könne der Individualisierung des Lernens dienen – so sei es etwa möglich, adaptive Lernumgebungen zu schaffen, die sich den einzelnen Studierenden anpassen. Digitale Technologien wie Videos, Animationen, Simulationen und Gamification-Elemente könnten zudem das Engagement der Studierenden erhöhen. 

Förderung metakognitiver Fähigkeiten und Feedback

Studierende sollten in die Lage versetzt werden, ihren Lernprozess selbst zu steuern. Dazu seien etwa Reflexionsaufgaben oder (E-)Portfolios förderlich. Lehrende könnten ihren Kursteilnehmenden auch Einblick in eigene Arbeitsstrategien gewähren. Grundsätzlich sollte zu einem Lernen übers Semester hinweg angeregt und das "Bulimie-Lernen" vor Klausuren vermieden werden. Feedback während des laufenden Semesters gebe den Studierenden die Möglichkeit, sich zu verbessern und die nächsten Schritte im Lernprozess zu planen. Weil die Umsetzung eines solchen formativen Feedbacks sehr zeitaufwändig werden könne, würden vermehrt technologieunterstützte Lösungen wie "Learning Analytics-Dashboards" genutzt, die nach einer Lerneinheit automatisiert Rückmeldung geben.

Für den langfristigen Erfolg in der Lehre könnten Lehrende schließlich die eigenen Veranstaltungen zum Forschungsgegenstand machen. Beim sogenannten "Forschenden Lehren" ("Scholarship of Teaching and Learning") würden Dozentinnen und Dozenten ihren Unterricht genauestens unter die Lupe nehmen, um ihre Lehrkompetenz und die Zufriedenheit mit der eigenen Lehre zu erhöhen.

hes