Eine Lehrperson steht vor einer Gruppe junger Erwachsener an Computer-Desks in einem Seminarraum.
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Umfrage
Bei innovativen Lehrformaten ist noch Luft nach oben

Klassische Vorlesung oder "Next-Level Lehre"? CHE und HFD haben sich einen Überblick über die aktuelle Lehrrealität verschafft.

05.06.2025

Hochschulen sind nicht nur Orte der Wissensvermittlung, sondern sollen auch bei der Entwicklung von Future Skills wie kritischem Denken, Teamfähigkeit und Problemlösungskompetenz unterstützen. Dafür braucht es aber passende Lehr- und Lernformate. Welche innovativen Methoden bereits genutzt werden und in welchem Umfang, haben sich das CHE Centrum für Hochschulentwicklung und das Hochschulforum Digitalisierung (HFD) näher angeschaut. Die Analyse beruht auf einer Umfrage unter 9.340 Professorinnen und Professoren, die zwischen den Wintersemestern 2022/23 und 2024/25 im Rahmen des CHE-Hochschulrankings durchgeführt wurde.

Abgefragt wurden die Erfahrungen mit acht Lehr- und Lernformaten: von klassischer, dozierendenzentrierter Lehre über problem- und projektbasiertes Lernen bis hin zu Gamification und Flipped Classroom. "Die Lehr-/Lernformate wurden so ausgewählt, dass für jedes Fach die etabliertesten Formate neben dem klassischen Vorlesungsformat enthalten waren", erläutert Studienautorin Dr. Nina Horstmann das Vorgehen gegenüber "Forschung & Lehre". Die Datenanalyse ergab sowohl Fächerunterschiede als auch Unterschiede zwischen den Hochschultypen.

Verbreitet: Problembasiertes Lernen und interaktive Elemente

Die Analyse von Horstmann und ihrer Kollegin Johanna Leifeld zeigt, dass innovative Lehrmethoden bereits breit verwendet werden. Das betreffe vor allem das Problembasierte Lernen (PBL), bei dem die Studierenden eigenständig Lösungen zu komplexen, praxisnahen Problemstellungen erarbeiten. Diese Methode werde in den 30 untersuchten Fächern von knapp 60 Prozent der Befragten genutzt, im Wirtschaftsrecht sogar von 92 Prozent der Professorinnen und Professoren. Mehr als die Hälfte der Befragten ergänzten ihre Vorlesungen inzwischen um interaktive Elemente wie Gruppenarbeiten oder Online-Quiz.

Die klassische Vorlesung bleibe aber ein zentrales Lehrformat – besonders an den Universitäten und in den Natur- und Ingenieurwissenschaften, so Horstmann. "Gleichzeitig zeigt sich ein differenziertes Bild: In anderen Disziplinen, etwa der Erziehungswissenschaft oder Germanistik, spielt sie eine deutlich geringere Rolle." In Bereichen wie der erst vor Kurzem akademisierten Pflegewissenschaft werde das traditionelle Format besonders selten genutzt. "Stattdessen gewinnen dort aktivierende Formate an Bedeutung."

Unterschiede zwischen den Hochschultypen Universität, Hochschule für angewandte Wissenschaften (HAW) beziehungsweise Fachhochschule (FH) sowie Duale Hochschule hätten sich vor allem für das Forschende Lernen abgezeichnet, bei dem Studierende aktiv am Forschungsprozess teilnehmen. Dieser Ansatz werde an Universitäten sehr viel häufiger verfolgt.

Didaktische Unsicherheiten: Gamification und Flipped Classroom

Es sei anzunehmen, dass die einzelnen Fächer unterschiedlich weit in der Erprobung der Methoden seien, vermuten die Autorinnen. Doch eigneten sich die unterschiedlichen Formate wohl auch nicht gleichermaßen für alle Fächer.

So sind Gamification und Flipped Classroom der Analyse zufolge noch wenig verbreitet. Je nach Fach würden sie nur von etwa einem Drittel der Befragten angewendet. Der Gamification-Ansatz steigert Motivation und Beteiligung der Studierenden durch spieltypische Elemente wie Punkte, Levels oder Storytelling. Der Flipped Classroom setzt auf Wissensaneignung im Selbststudium, während die Seminarzeit zur Vertiefung des Stoffs in der Gruppe dient. In der Nutzung solcher Lehr- beziehungsweise Lernformate bestehe noch deutlich Luft nach oben.

"Viele Lehrende verspüren eine grundlegende didaktische Unsicherheit."
Johanna Leifeld, Studienautorin

Die Ursachen dafür seien sowohl in strukturellen als auch personellen Hürden zu verorten, erläutert Studienautorin Leifeld. "Viele Lehrende verspüren eine grundlegende didaktische Unsicherheit: Es fehlt häufig an Erfahrung im Umgang mit interaktiven oder digitalen Lehrmethoden und ein klares Bild davon, wie sich innovative Ansätze sinnvoll und lernwirksam in die eigene Lehre integrieren lassen." Für die Weiterentwicklung der eigenen Lehre bedürfe es zeitlicher Freiräume, die sich gerade an HAW und FH mit hohem Lehrdeputat nur schwer finden ließen. Es gebe einen Qualifizierungs- und Unterstützungsbedarf und gerade im Bereich gamifizierter Lehrformate auch einen Bedarf an technischer Infrastruktur.

Tipps für Dozierende

Als Einstieg in neue Lehrformate genügen laut Leifeld "bereits kleine, niedrigschwellige Schritte, um die Lernkultur spürbar zu verändern". Ein radikaler Umbruch sei nicht erforderlich. Elemente wie Peer Feedback, konkrete Fallbeispiele oder kurze Diskussionsphasen ließen sich ganz unkompliziert in die Lehre integrieren. Hochschuldidaktische Zentren und überuniversitäre Initiativen wie das Hochschulforum Digitalisierung würden Unterstützungsangebote und Materialien bereitstellen. Ebenso wichtig sei aber der kollegiale Austausch, betont Leifeld: "Wichtig ist, sich nicht allein auf diesen Weg zu machen!"

hes