Eine Dozentin nimmt in einem Studio eine Lehrveranstaltung für Studierende auf.
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Uni Hamburg
Dozenten wehren sich gegen digitales Semester

Dozierende der Uni Hamburg wollen im Wintersemester trotz Corona Präsenzlehre anbieten. Sie wehren sich gegen einen Beschluss des Uni-Präsidenten.

04.11.2020

Mehr als 30 Dozentinnen und Dozenten verschiedener Fakultäten der Universität Hamburg haben sich gegen ein coronabedingt fast ausschließlich digitales Wintersemester ausgesprochen. In einem am Mittwoch verbreiteten offenen Brief forderten sie das Präsidium der Uni auf, "die geplanten Präsenzveranstaltungen im vollen Umfang zu ermöglichen". Dies müsse "selbstverständlich auf Grundlage der entwickelten Schutzkonzepte" geschehen.

In den letzten Monaten sei viel Arbeit in die Erstellung von Hygienekonzepten investiert worden, schreiben die Lehrenden. Für Seminare mit 20-30 Teilnehmern seien etwa Hörsäle mit mehreren Hundert Sitzplätzen eingeplant. Das reiche aus, um Mindestabstand und Kontaktverfolgung zu ermöglichen. Begegnungen seien zudem das beste Mittel gegen Vereinsamung, Frustration und Stress.

Am Montag hatte Uni-Präsident Professor Dieter Lenzen mitgeteilt, dass Vorlesungen und Seminare im Wintersemester digital stattfinden müssen. Das gelte bis auf Weiteres, mindestens jedoch bis Ende November. Alle Veranstaltungen, die weder eine zwingend erforderliche Lehrveranstaltung oder Prüfung, noch Laborpraktika seien, könnten lediglich digital stattfinden.

Auch der Sportbetrieb werde vorrübergehend eingestellt; Botanischer Garten, Museen, Sammlungen und Archive würden geschlossen. Nur die Bibliotheken sollen geöffnet bleiben und Studierenden in begrenztem Umfang Arbeitsplätze bieten. Beschäftigten der Universität sei die "Präsenzarbeit" erlaubt, sofern dies etwa für fortlaufende Forschungsarbeiten notwendig sei und Schutzmaßnahmen getroffen würden.

Präsidium weist Kritik zurück

Die Kritik der Dozierenden nannte der Uni-Präsident am Mittwoch unberechtigt, die Corona-Eindämmungsverordnung der Stadt lasse der Uni-Leitung keinen Ermessensspielraum. "Mit dem Ziel der Reduktion von Infektionen auf ein möglichst minimales Maß gilt ähnlich wie am Beginn der Pandemie: Kontakte sind zu reduzieren", sagte Lenzen bereits zum Semesterstart am Montag. "Es ist unsere Aufgabe als öffentliche Institution, dazu unseren soweit wie möglich gehenden Beitrag zu leisten."

Bundesweit wollten vor Semesterbeginn alle Hochschulen dem Grundsatz "so viel Präsenz wie möglich" folgen. Derzeit grenzen dies aber auch andere Hochschulen wegen steigender Corona-Infektionen weiter ein, beispielsweise in München und Berlin. Präsenzveranstaltungen gibt es dort bis Ende März nur in Ausnahmen. Die Unis handeln damit vorsichtiger als es die Regelungen von Bund und Ländern erlauben. Diese zählen die Hochschulen formal als Schulen, womit sie vom aktuellen "Lockdown light" ausgenommen sind. In Baden-Württemberg warnte die Landesrektorenkonferenz am Donnerstag vor den Folgen einer rein digitalen Lehre. Auch dort wünschen sich die Universitäten den ursprünglich geplanten reduzierten Präsenzbetrieb unter strikten Hygieneauflagen umzusetzen. Eine nachträgliche Landesverordnung erlaubt im November jedoch nur digitale Lehre.

aktualisiert am 5.11.2020, zuerst veröffentlicht am 4.11.2020

dpa/ckr