Promovierte werden ihren Doktorhut
mauritius images/Bailey-Cooper Photography/Alamy

Großbritannien
Immer mehr Studierende erhalten Bestnote

Die Noten an britischen Unis haben sich drastisch verbessert. Beobachter sehen den Bildungsstandard im Land gefährdet und suchen nach Gründen.

12.07.2019

Der Anteil der Bestnoten britischer Studierender ist in den vergangenen sieben Jahren um 80 Prozent gestiegen. 29 Prozent der Studierenden schlossen laut einer Auswertung des britischen "Office for Students" (OfS) im vergangenen Studienjahr mit einer Bestnote ab. 2010/11 seien es noch 16 Prozent gewesen, wie die Aufsichtsbehörde für die Qualität und Standards an britischen Hochschulen mitteilte.

Der britische Bildungsminister Damian Hinds bezeichnete die Ergebnisse laut "Guardian" als "enttäuschend". Die Noteninflation gefährde das öffentliche Vertrauen in die Bildungsstandards an britischen Universitäten.

Universitäten, bei denen der Anstieg guter Noten besonders hoch sei, sollen diese gegenüber der OfS begründen. Ein Sprecher des Dachverbands "Universities UK" verteidigte, dass dieser damit zu erklären sei, dass sich die Lehre und die Betreuung von Studierenden verbessert habe.

Gebühren verändern Erwartungshaltung von Studierenden

David Yarrow, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Edinburgh, sieht nicht die Universitäten, sondern in erster Linie die britische Regierung in der Pflicht. Sie habe in den vergangenen Jahren zunehmend Marktprinzipien auf die Universitäten übertragen – unter anderem durch die Einführung von Studiengebühren, schreibt er in einem Gastbeitrag im "Guardian".

Die Gebühren führten dazu, dass Studierende etwas für ihr Geld haben wollten. Dies seien neben guten Chancen auf dem Arbeitsmarkt auch Spitzennoten. Bildung werde für Studierende zu einer finanziellen Investition. Damit werde diese von einem Allgemeingut zu einer privaten Angelegenheit.

Auch die Einstellung von Studierenden habe sich verändert, schreibt der Wissenschaftler. Sie gingen heute davon aus, gute Noten zu erhalten, wenn sie nur einem vorgegebenen Leitfaden folgten. Mit "einer herausragenden intellektuellen Originalität" habe das nichts mehr zu tun. Dabei könnten akademische Standards nur verbessert werden, wenn Studierende herausgefordert und aus ihrer "Komfortzone" gelockt würden.

Ähnliche Diskussionen gibt es auch in Deutschland. Zwar bleiben die Studiengebühren aus, doch stehen auch hierzulande das gestiegene Notenniveau, die Bedeutung von Rankings und die enge Begleitung von Studierenden im Studium in der Kritik.

kas