Studienfinanzierung
Junge Menschen bekommen oft finanzielle Unterstützung
Viele junge Erwachsene im Alter von 18 bis 24 bekommen finanzielle Unterstützung von Familie oder Staat. Dabei lebte im vergangenen Jahr mehr als ein Drittel (35 Prozent) vom Geld der Eltern oder anderer Angehöriger, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) im Juli mitteilte.
Dagegen verdiente gut die Hälfte (51 Prozent) der jungen Menschen ihr Geld bereits überwiegend selbst. Wie in den Vorjahren war Deutschland auch 2023 das Land mit der niedrigsten Jugenderwerbslosenquote in der Europäischen Union. Im Durchschnitt aller 27 EU-Mitgliedstaaten war die Erwerbslosenquote unter den 15- bis 24-Jährigen mit 14,5 Prozent mehr als doppelt so hoch wie in Deutschland.
13 Prozent der jungen Erwachsenen erhalten staatliche Leistungen
13 Prozent waren vor allem auf öffentliche Leistungen, wie etwa Zahlungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG), Stipendien oder Bürgergeld angewiesen. Bei einem Prozent der jungen Menschen diente eigenes Vermögen als Quelle des Lebensunterhalts.
Gemäß Statistik zum BAföG 2023 ist unter anderem der durchschnittliche Förderbetrag um acht Prozent gestiegen. Studierende erhielten monatlich im Durchschnitt 663 Euro pro Person (+52 Euro). Wie bereits im Vorjahr waren von den Geförderten 58 Prozent Frauen und 42 Prozent Männer. Die Gesamtausgaben für BAföG-Leistungen stiegen aufgrund höherer Bedarfssätze gegenüber dem Vorjahr um 14 Prozent auf 3,4 Milliarden Euro. Um rund 1,09 Milliarden Euro hat der Bund die Länder 2023 bei den Kosten entlastet.
Die Zahl der BAföG-Geförderten stieg 2023 um knapp ein Prozent auf 635.600. In der Hauptstadt erhielten beispielsweise rund 64 Prozent eine Vollförderung, in Brandenburg rund 60 Prozent. Die Zahl der teilgeförderten Studierenden erhöhte sich bundesweit um fünf Prozent. Von 2012 bis 2021 war die Zahl der Geförderten jährlich gesunken. Nun ist sie das zweite Jahr in Folge wieder leicht angestiegen.
Die Zahl der BAföG-Beziehenden ist beispielsweise im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern entgegen dem Bundestrend 2023 leicht gesunken. Ein Grund für den leichten Rückgang könnte der seit langem rückläufige Trend bei den Studienanfängerinnen und Studienanfängern sein. Laut Statistik begannen 2010 noch 7.000 junge Leute ein Studium in Mecklenburg-Vorpommern, 2022 waren es nur noch gut 5.800.
Wirkungen letzter BAföG-Reformen
"Diese Zahlen bestätigen die Wirkung unserer ersten großen BAföG-Reform gleich zu Beginn der Legislaturperiode, mit der wir das BAföG für mehr Menschen geöffnet und die Leistungen deutlich erhöht haben. Die Ausweitung der BAföG-Berechtigung durch deutlich höhere Freibeträge war richtig", so Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger laut Statistischem Bundesamt.
Das Jahr 2023 ist das erste Vollwirkungsjahr des 2022 in Kraft getretenen 27. BAföG-Änderungsgesetzes, mit dem unter anderem die Freibeträge um rund 21 Prozent und die Bedarfssätze um rund sechs Prozent angehoben wurden. Zum Schuljahr beziehungsweise Semester 2024/25 tritt das 29. BAföG-Änderungsgesetz in Kraft.
Die BAföG-Höhe ist in den letzten Jahren sehr umstritten. Erst im Juli hatte das Verwaltungsgericht Berlin entschieden, dass die Regelungen im Bundesausbildungsförderungsgesetz über die Höhe der Ausbildungsförderung für Studierende im Jahr 2021 gegen das Grundgesetz verstoßen würden.
Zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin erklärt Matthias Anbuhl, der Vorstandsvorsitzende des Deutschen Studierendenwerks (DSW): "Das BAföG hinkt heillos hinter der Entwicklung von Preisen, Inflation, Mieten und Einkommen hinterher. Im Gegensatz zu anderen staatlichen Leistungen wie dem Wohngeld oder dem Bürgergeld wird das BAföG nicht regelmäßig erhöht. Das ist ein eklatantes Strukturdefizit des BAföG, weshalb sich Studierende auch mit Klagen wehren." Im Vorfeld der letzten Reform hatten sich Studierendenvertretungen und (Hochschul-)Verbände für eine deutliche Erhöhung der Regelsätze eingesetzt.
Hälfte der Studierenden außer Haus hat weniger als 867 Euro
Nach einer aktuellen Destatis-Meldung vom 28. August zu Ergebnissen der Erhebung zu Einkommen und Lebensbedingungen (EU-SILC) 2023 verfügt die Hälfte der Studierenden mit eigener Haushaltsführung über ein Nettoäquivalenzeinkommen von weniger als 867 Euro pro Monat. Für Studierende, die allein oder mit anderen Studierenden oder Auszubildenden zusammen lebten, sei die eigene Erwerbstätigkeit eine wichtige Einnahmequelle: Mit 41 Prozent stammte im Schnitt der größte Teil ihrer Einkünfte aus Erwerbseinkommen. Knapp 32 Prozent machte private Unterstützung wie Unterhaltszahlungen von Angehörigen aus, 15 Prozent BAföG-Leistungen oder Stipendien und knapp 13 Prozent sonstige Einkünfte wie etwa Kindergeld oder Hinterbliebenenrente.
Für 41 Prozent der Studierenden mit eigener Haushaltsführung waren Unterhaltszahlungen beispielsweise von Eltern die wichtigste Einkommensquelle. Mehr als ein Drittel von ihnen verdiente sein Geld überwiegend selbst mittels eigener Erwerbstätigkeit, für gut 14 Prozent waren BAföG-Leistungen oder Stipendien die wichtigste Einkommensart.
Relative Armutsgefährdung von Studierenden
Gut ein Drittel aller Studierenden waren laut EU-SILC 2023 armutsgefährdet – unabhängig davon, ob sie allein, in WGs oder noch im Elternhaus wohnten. Höher sei das Armutsrisiko für diejenigen gewesen, die allein oder ausschließlich mit anderen Studierenden und Auszubildenden zusammen lebten: Unter ihnen habe die Armutsgefährdungsquote der Studierenden 77 Prozent betragen. Insgesamt seien 2023 gut 14 Prozent der Bevölkerung in Deutschland armutsgefährdet gewesen.
Eine Person gelte als armutsgefährdet, wenn sie über weniger als 60 Prozent des mittleren Nettoäquivalenzeinkommens (Median) der Bevölkerung verfüge – für 2023 seien dies für eine alleinlebende Person in Deutschland 1.314 Euro netto im Monat gewesen.
Wohnkosten: Großteil der Studierendenhaushalte überbelastet
Geringen finanziellen Spielraum würden Studierenden vor allem auch ihre Ausgaben für das Wohnen lassen. Das gelte insbesondere für diejenigen, die nicht mehr im Elternhaus, sondern allein oder mit anderen Studierenden und Auszubildenden zusammen lebten. 2023 lag der durchschnittliche Anteil der Wohnkosten am verfügbaren Haushaltseinkommen für diese Studierenden bei 54 Prozent – und damit deutlich über der Wohnkostenbelastung der Gesamtbevölkerung (25 Prozent).
Liege die Wohnkostenbelastung auch nach Abzug erhaltener wohnungsbezogener Transferleistungen noch bei mehr als 40 Prozent, würden Haushalte als überbelastet gelten. Im vergangenen Jahr traf das Destatis zufolge auf knapp zwei Drittel der Studierenden zu (61 Prozent), die einen Haushalt allein oder zusammen mit anderen Studierenden und Auszubildenden bewohnten. In der Gesamtbevölkerung habe der Anteil bei 13 Prozent gelegen.
Matthias Anbuhl vom DSW kommentiert diese Zahlen so: „Die neuen Zahlen zeigen, wie groß der Handlungsdruck beim BAföG weiterhin ist, auch über die 29. BAföG-Novelle hinaus, die zu diesem Wintersemester 2024/2025 greift. Während das Oberlandesgericht Düsseldorf seit dem Jahr 2023 930 Euro im Monat für den Elternunterhalt nennt, müssen gleichaltrige BAföG-Studierende bis zum Beginn des Wintersemesters 2024/2025 mit 812 Euro im Monat auskommen; erst in zwei Wochen sind es dann 855 Euro im Monat.“ Das BAföG erreiche nur noch 12 Prozent der Studierenden. Die Wahl der Hochschule hänge immer mehr davon ab, ob man sich die Miete in der Stadt leisten könne. Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum für Studierende sei und bleibe ein eklatantes Strukturdefizit.
Dieser Artikel wurde am 28. August um 12:15 Uhr aktualisiert (Ergänzung neue Daten Destatis Armutsgefährdung und Einschätzung DSW). Erstveröffentlicht wurde er am 27. August.
cva/dpa