Dozent mit zwei Studierenden in Fotokurs
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Innovationen in der Hochschullehre
Mangelnde Unterstützung in der Lehre

Wie kann gute Lehre gelingen? An Hochschulen soll ein Innovationspakt von Bund und Ländern helfen. Eine Professorin für Lehre sieht das skeptisch.

Von Gabi Reinmann 09.09.2019

Es ist beschlossen: Mit Auslaufen des Qualitätspakts Lehre wird dauerhaft eine rechtlich nicht selbstständige Organisationseinheit eingerichtet, die Projekte zur Weiterentwicklung der Lehre fördern, Austausch und Vernetzung zwischen Hochschulen stärken und Wissenstransfer unterstützen will. Als 2017 öffentlichkeitswirksam von einer möglichen Deutschen Lehrgemeinschaft analog zur Deutschen Forschungsgemeinschaft die Rede war, gab es heftige Kritik am damit verbundenen Dauerwettbewerb um Fördermittel für die Lehre. Dass die neue Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern "Innovation in der Hochschullehre" heißt und das wettbewerbliche Verfahren skizziert, ohne das Reizwort Wettbewerb zu nennen, dürfte daher wohl kein Zufall sein.

Die Förderziele klingen eingängig und sind so formuliert, dass niemand sich ernsthaft dagegen aussprechen kann: Neue Ideen sollen in der Hochschullehre umgesetzt, innovative Ansätze und Strukturen erprobt, Bewährtes auf neue Kontexte übertragen sowie Personalentwicklung, Evaluation und Wirkungsforschung unterstützt werden. Wer wollte das nicht? Die Förderung selbst soll Hochschullehrenden und Hochschulleitungen ein "Anreiz" sein, sich für mehr Qualität in der Lehre einzusetzen.

150 Millionen jährlich werden ab 2021 zur Verfügung gestellt, um zukunftsweisende Projekte zu ermöglichen – ausgewählt "in einem wissenschaftsgeleiteten Verfahren". Nur zum Vergleich: Dem stehen 3,4 Milliarden Euro gegenüber, welche die Deutsche Forschungsgemeinschaft zur Förderung der Forschung allein im letzten Jahr investiert hat.

Schlechte Voraussetzungen trotz hochmotivierter Lehrender

Wird der neue Innovationspakt die Lehre tatsächlich stärken und besser machen? Man kann sicher davon ausgehen, dass die geplanten Förderinstrumente innovative Projekte hervorbringen werden, denn es mangelt weder an Hochschullehrenden noch an Hochschulleitungen, die trotz aller Widrigkeiten und selbst ohne beständige Anreize ein hohes Maß an Kreativität und Engagement an den Tag legen, um die Lehre immer wieder zu erneuern und weiterzuentwickeln.

Es mangelt aber an dauerhafter und verlässlicher Unterstützung dieser Akteure: etwa an einer Reduktion des Lehrdeputats im Gegenzug für mehr Zeit für das Neue oder an unbefristeten Stellen für den administrativen, rechtlichen oder technischen Support von Lehrexperimenten und Transferbemühungen und ganz generell an Redundanz von Strukturen und Funktionen in zunehmend ausgereizten Hochschulen.

Ebenso sicher dürfte ein großes Gerangel um die neuen Fördermittel für die Lehre entstehen, denn zu verteilen gibt es im Vergleich zur Forschung eher wenig, sodass viele gute Ideen werden hintanstehen müssen. Antrags- und Auswahlaufwand auf der einen Seite und der erhoffte Nutzen für die Hochschullehre auf der anderen Seite könnten da rasch auseinanderdriften. Dass sich auf diese Weise die Bedeutung der Lehre gegenüber der Forschung in der Wahrnehmung etablierter Hochschullehrender oder Nachwuchswissenschaftlerinnen stärken lässt, erscheint nicht unbedingt sehr wahrscheinlich.

Die Nebenwirkungen des Pakts klein halten

Nun ist der dauerhafte Wettbewerb um Mittel für die Weiterentwicklung der Lehre beschlossen und so stellt sich die Frage, was man tun kann, um die hoch gesteckten Ziele mit dem neuen Förderinstrumentarium nicht gänzlich zu verfehlen und Nebenwirkungen klein zu halten. Noch sind die Pläne stellenweise deutungsoffen, etwa was die Auswahlkriterien, das Volumen und die Dauer von einzelnen Projektförderungen betrifft.

"Man sollte die Lehre nicht gegen die Forschung ausspielen, sondern deren Verbindung anregen."

Worauf also wäre zu achten? Soll die Lehre ernsthaft gestärkt werden, sollte man sie nicht gegen die Forschung ausspielen, sondern die Verbindung von Forschung und Lehre anregen und dabei den Hochschultyp im Blick haben, denn: Universitäten, Fachhochschulen, duale und fachgebundene Hochschulen haben zu Recht verschiedene Vorstellungen davon, wie nah die Lehre der Forschung kommen kann und soll.

Soll Lehre dauerhaft erneuert werden, gilt es, nicht nur auf institutionelle, sondern auch auf individuelle Verantwortung zu setzen und den notwendigen Freiraum der (forschenden) Lehrenden zu wahren, denn: Bei aller Bedeutung institutioneller Rahmenbedingungen lebt die Lehre von denen, die sie am Ende praktizieren. Soll Lehre schließlich auch auf wissenschaftlicher Basis weiterentwickelt werden, wird es mit bloßen Evaluationen nicht getan sein, denn: Das komplexe Feld akademischer Bildung erfordert auch eine methodologisch plural ausgerichtet und theoretisch verankerte Hochschulbildungsforschung.