Centrum für Hochschulentwicklung
Rekordwert an Studien-Angeboten bei sinkenden Studierenden-Zahlen
Noch nie hatten Studierende an deutschen Hochschulen so viel Auswahl: Die Anzahl der Studienangebote ist seit 2019 um 13 Prozent auf knapp 23.000 gestiegen. Obwohl die Studierendenzahlen sinken, sind damit jedes Jahr circa 500 Angebote hinzugekommen. Das ist das Ergebnis der Studie "Die Vielfalt der Studiengänge 2024" des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE), für die der Hochschulkompass der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) herangezogen wurde. Im betrachteten Zeitraum zwischen 2019 und 2024 seien aber auch etwa 2.000 Studienangebote entfallen.
Für dieses Wachstum gebe es plausible Erklärungen, sagt Cort-Denis Hachmeister, Experte für Hochschulzugang beim CHE. So würden Hochschulen verschiedene Modelle desselben Studiengangs anbieten, zum Beispiel ein Voll- und ein Teilzeitmodell. Gleiches gelte für duale und nichtduale Varianten, sodass es zu Doppeleintragungen im HRK-Hochschulkompass komme. Insbesondere das Studienangebot an Hochschulen für angewandte Wissenschaften und an privaten Hochschulen habe deutlich zugenommen (um mehr als 50 Prozent), wobei die privaten Hochschulen aber zugleich einen Studierendenzuwachs verzeichnet hätten.
Digitalisierung und Nachhaltigkeit als Trend-Themen
Am stärksten gewachsen (plus 32 Prozent) sind laut Auswertung Studienangebote im Bereich Medizin- und Gesundheitswissenschaften, am wenigsten (plus 3 Prozent) in den Sprach- und Kulturwissenschaften. Aktuelle Trends identifiziert das CHE über eine Analyse der Bezeichnungen für die 2023 neu eingeführten Studiengänge. Hierbei zeigte sich, dass spezialisierte Studiengänge zu Themen wie Nachhaltigkeit oder Digitalisierung besonders gefragt sind. 41 Prozent der neuen Angebote konzentrierten sich auf einen Teilaspekt einer Disziplin (etwa Astrophysik) oder auf ein bestimmtes Berufsfeld (etwa Tourismusbetriebswirtschaft). Jedes sechste Angebot sei themenfokussiert (etwa "Erneuerbare Energien"), sodass sich teilweise kein eindeutiger disziplinärer Bezug mehr ergebe.
Berücksichtigung der Studierendennachfrage
"Es ist nachvollziehbar, dass Hochschulen inhaltlich diversifizieren, also verschiedene, sich inhaltlich überschneidende Studiengänge oder Studienrichtungen anbieten", so Studienautor Hachmeister. Dabei müsse allerdings die Studierendennachfrage berücksichtigt werden. Studieninteressierte sollten das vielfältige Angebot noch überblicken können. Außerdem könnten wenig besuchte Studiengänge unter Druck geraten. "Einige Hochschulen gehen inzwischen auch dazu über, zum Beispiel ein breites ingenieurwissenschaftliches Studium anzubieten, statt weiter Angebote auszudifferenzieren", so Hachmeister weiter.
Zuletzt war im Juli in Baden-Württemberg seitens des Landesrechnungshofes Kritik an Master-Studiengängen geübt worden, die nur von wenigen Studierenden belegt würden. Diese Kritik war unter anderem von der Eberhard Karls Universität Tübingen zurückgewiesen worden, wie die "Schwäbische" Ende September berichtete. Ihren Erfolg führe die Exzellenzuniversität Tübingen nicht zuletzt auf ihren Status als Volluniversität mit einem breiten Spektrum an Fächern zurück. Besonders dort, wo interdisziplinär geforscht werde, benötige es das Spezialwissen aus den sogenannten Orchideenfächern, erläuterte Professor Dietmar Till, Dekan der Philosophischen Fakultät, gegenüber der Zeitung. Die betreffenden Fächer seien nicht massentauglich und die Studiengänge häufig sehr schwer. Wer hier den Abschluss schaffe, habe aber umso bessere Berufsaussichten.
hes