Wohnheimnot
Unterbringungs-Quote von unter zehn Prozent
Ein Platz im Wohnheim ist die günstigste Alternative für Studierende, die das Elternhaus verlassen. Aber für immer weniger junge Menschen sind Plätze verfügbar. Die Studierendenwerke würden derzeit 200.000 Wohnheimplätze anbieten, erläutert Matthias Anbuhl, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Studierendenwerks, auf Anfrage von "Forschung & Lehre". "Das Verhältnis von Studierenden zu geförderten Wohnheimplätzen, die sogenannte Unterbringungsquote, liegt damit bei 9,61 Prozent. Zum Vergleich: Im Jahr 1991 lag die Versorgungsquote bei 15 Prozent, im Jahr 2008 noch bei 12,13 Prozent."
Deswegen werde mit Nachdruck gebaut. Mehr als 18.000 Wohnheimplätze würden sich in Planung oder im Bau befinden. "Aber der Bedarf an bezahlbarem Wohnraum wird auf absehbare Zeit hoch bleiben", konstatiert Anbuhl. Die angespannte Wohnraum-Situation würde zu einer neuen Form der sozialen Auslese führen: "Die Frage, an welcher Hochschule ich studieren kann, hängt immer mehr davon ab, ob ich mir die Miete in der Stadt überhaupt leisten kann. Die Freiheit der jungen Generation wird so stark eingeschränkt, was eine bildungspolitische Misere ist."
Viele Studierende zu Semesterbeginn noch ohne Unterkunft
In Nordrhein-Westfalen zum Beispiel sind derzeit noch Tausende Studierende auf der Suche – etwa an den Standorten Aachen, Bielefeld, Bonn und Köln, berichtete die Deutsche Presseagentur (dpa). Um erste Abhilfe zu schaffen und auf die Notlage hinzuweisen, sei in Münster in einer Turnhalle ein Notquartier für 150 Erstsemester eingerichtet worden. Dies wäre jedoch nur als Übergangslösung für die erste Woche gedacht. "Leute aus Frankfurt, aus einem Dorf in Bayern oder auch aus Bremen sind hier untergekommen und wissen jetzt nicht so wirklich, wie es weitergeht", zitierte die dpa Theresa Dissen, Vorsitzende des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA).
Auch in Norddeutschland ist die Wohnungslage laut dpa-Bericht prekär. Aktuell könnten dort nur 5,6 Prozent der Studierenden im Wohnheim unterkommen. Damit werde der Bundesdurchschnitt von 9,6 Prozent unterschritten. Vergleichsweise viele Wohnheimplätze gebe es dagegen in Thüringen. "Thüringen liegt bei der Unterbringungsquote in Studierendenwohnheimen mit 17 Prozent bundesweit an der Spitze", sagte Stephan Krauß vom Thüringer Wirtschaftsministerium gegenüber der dpa. Allerdings fielen bei den vielfach in den 90er-Jahren entstandenen Wohnheimen Sanierungsmaßnahmen an. Hier sei das Studierendenwerk auf Förderungen durch das Bundesprogramm "Junges Wohnen" angewiesen.
Förderungen vom Bund erforderlich
Die notwendige staatliche Unterstützung hebt auch Anbuhl hervor. Man begrüße es sehr, "dass der Bund mit dem Programm 'Junges Wohnen' nach mehr als drei Jahrzehnten wieder in den Studierenden-Wohnheimbau eingestiegen" sei. In diesem Rahmen würden den Bundesländern in drei Tranchen insgesamt 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Das Programm müsse auf Dauer gestellt und von den Bundesländern entsprechend umgesetzt werden, fordert Anbuhl. In Bayern, Sachsen, Rheinland-Pfalz, Berlin oder NRW sei das bereits der Fall. "Damit könnten die Wohnungsmärkte mittel- und langfristig endlich entlastet werden und die Studierenden mehr bezahlbaren Wohnraum bekommen."
hes/dpa