Vier Studierende arbeiten mit Laptops und Büchern in einer Bibliothek
mauritius images / Artur Cupak

Hochschulen
Vom Bildungsanbieter zum Lebensbegleiter

Studieren in Deutschland wird zunehmend digitaler und konkurriert oft mit Nebenjobs. Das universitäre Leben befand sich schon vor Corona im Wandel.

14.05.2020

Das heutige Leben von Studierenden entspricht kaum noch dem gängigen Klischee. Studieren in Deutschland heißt inzwischen vor allem: Lernen und Arbeiten. Kaum noch jemand widmet sich zu 100 Prozent seinem Studium. Das geht aus einer repräsentativen bundesweiten Umfrage hervor, für die die Hochschule Fresenius und das Marktforschungsinstitut Statista Ende März rund 2.000 Studierende an staatlichen und privaten Hochschulen befragt haben.

Demnach können sich nur 27 Prozent der Befragten ganz auf das Studium konzentrieren. Der Rest pendele zwischen Campus und Büro, Haushalt und Hörsaal. 41 Prozent der Studierenden arbeiteten während des Studiums, 26 Prozent seien in Teilzeit angestellt. Dennoch nehme das Studium den Großteil der Zeit in Anspruch: 36 Prozent wendeten wöchentlich mehr als 30 Stunden für das Studium auf, jeder Vierte investiere zwischen 21 und 30 Stunden. Fast jeder Studierende komme auf eine kombinierte Studien-und Arbeitszeit von weit mehr als 50 Stunden pro Woche.

Während der Corona-Pandemie habe sich für die Studierenden entsprechend nicht nur das Lernen geändert, sondern ebenso der Tagesablauf und die Abstimmung von Arbeits-, Lern- und Freizeit.

42 Prozent würden laut Umfrage gerne mehr Zeit für das Studium haben, jeder Fünfte wünschte sich mehr Zeit für Beruf und Karriere. 32 Prozent der Befragten hätten gern mehr Zeit für die Familie. Im Gegenzug wünschten sich auch 23 Prozent mehr Unterstützung von der Familie, um den Belastungen des Studiums gerecht zu werden. 15 Prozent der Studierenden sahen hier den Arbeitgeber in der Pflicht. Jeder Zweite (49 Prozent) forderte mehr Unterstützung von der eigenen Hochschule ein.

Digitales Studium schreitet voran

"Das Studium muss sich heute viel mehr als früher an die individuellen Arbeits- und Lebensbedingungen der Studierenden anpassen und flexibel gestalten lassen", sagte Professor Peter J. Weber, Dekan des Fachbereichs onlineplus der Hochschule Fresenius. Damit änderten sich die Erwartungen an die Hochschule: "Sie wird nicht mehr nur an wissenschaftlicher Güte und Wissensvermittlung gemessen, sondern auch an ihrem Angebot an Beratung und Services für Lernen, Karriere und Leben", so Weber. Hochschulen wandelten sich so vom Bildungsanbieter zum Lern- und Lebensbegleiter.

Nicht erst seit der Corona-Krise gestalte sich das Studium zudem immer mehr als digitales Lernerlebnis. 75 Prozent der Studierenden hätten in der Umfrage angegeben, mehr als die Hälfte der Zeit, die sie für das Studium aufwendeten, mit digitalen Geräten zu verbringen. Jeder Siebte verbrächte sogar mehr als 90 Prozent seiner Studienzeit an Handy, Tablet und Co. Vor allem nutzten die Studierenden das Internet für die Literaturrecherche (76 Prozent). Auch administrative Prozesse wie die Einschreibung erfolgten inzwischen weitgehend online.

Das Lernen in virtuellen Klassenräumen habe sich dagegen noch nicht durchgesetzt. Vor der Corona-Krise hätten es nur 12 Prozent der Studierenden genutzt. Viele der Befragten wünschten sich mehr Online-Videos für die Lehre (47 Prozent) und mehr E-Learning-Angebote zum Selbststudium (44 Prozent). 34 Prozent der Studierenden möchten mehr Prüfungen als Online-Variante ablegen.

ckr