Fachkräftemangel
"Wir brauchen eine Kultur der Offenheit und Wertschätzung"
Für internationale Studierende sind deutsche Hochschulen sehr attraktiv. Über 400.000 sind gemäß einer aktuellen Schnellumfrage des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) derzeit an deutschen Hochschulen eingeschrieben – Tendenz steigend. Studienerfolgsquote und Bleibequote seien allerdings weiter zu verbessern. Darauf zielt ein aktuelles Papier des Arbeitskreises Hochschule/Wirtschaft der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) und der Hochschulrektorenkonferenz (HRK). Das große Potenzial internationaler Studierender könne Deutschland nur zugutekommen, wenn ihr Übergang in den Arbeitsmarkt und ihre Integration in die Gesellschaft gelänge.
"Um junge Menschen für ein Studium in Deutschland zu gewinnen und anschließend auch zu halten, brauchen wir in Verwaltung, Wirtschaft und Gesellschaft eine Kultur der Offenheit und Wertschätzung", sagte Professor Ulrich Bartosch, Vizepräsident der HRK und Co-Vorsitzender des Arbeitskreises. Internationalen Studierenden sollten frühzeitig Einblicke in die berufliche Praxis ermöglicht werden, betonte Oliver Maassen, Vorstandsmitglied beim Maschinenbauer Trumpf und Co-Vorsitzender des Arbeitskreises. "Das erleichtert den Übergang in Beschäftigung und erhöht die Chance, dass diese Talente längerfristig bei uns bleiben."
Empfehlungen des Arbeitskreises
Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels sei Deutschland auf die hervorragend ausgebildeten Fachkräfte – insbesondere aus dem MINT-Bereich – angewiesen. Um Studieninteressierten den Weg nach Deutschland zu erleichtern, seien zuerst bürokratische Hürden abzubauen, heißt es in den Empfehlungen des Arbeitskreises. Die digitale Bearbeitung von Visaanträgen sollte zeitnah für die Gruppe der internationalen Studierenden geöffnet werden. Im Wettbewerb mit englischsprachigen Zielländern sei zudem die Mehrsprachigkeit in den Studienangeboten auszubauen.
Um ihrer Rolle bei Migration und Integration gerecht zu werden, benötigten Hochschulen Mittel für Unterstützungsangebote. Auf diese Weise könnte auch die Zahl internationaler Studierender, die keinen Abschluss erwerben, reduziert werden. Dringend erforderlich sei auch die Schaffung und Finanzierung von zusätzlichem Wohnraum. Spezielle Wohnkonzepte könnten zudem auch integrationsfördernd wirken.
Frühzeitige Karriereberatungen sollten über Bleibemöglichkeiten in Deutschland aufklären. Auch sei die regionale Zusammenarbeit von Hochschulen, Unternehmen und anderen Akteuren wie den Agenturen für Arbeit erforderlich, um internationale Studierende bei ihrem Übergang in den Arbeitsmarkt zu unterstützen. Schließlich sei dafür Sorge zu tragen, dass sich die Beschäftigungsaufnahme nicht durch lange Wartezeiten bei den Ausländerbehörden verzögere.
Demokratische Werte als Basis
Der Arbeitskreis formuliert seine Empfehlungen laut eigener Aussage vor dem Hintergrund aktueller politischer und gesellschaftlicher Entwicklungen. Es gelte, "das öffentliche Engagement von Hochschulen und Unternehmen für Vielfalt und demokratische Werte insbesondere im lokalen und regionalen Umfeld zu intensivieren". Gleichzeitig wird im Papier die Notwendigkeit geteilter demokratischer Werte betont. Bereits während des Studiums sollten Studierende mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung Deutschlands vertraut gemacht werden. Dies sei essentiell für Studierende und Fachkräfte, "die in Deutschland bleiben und sich hier eine Zukunft aufbauen wollen".
hes