Portraitfoto von Professor Wolfgang A. Herrmann, Präsident der TU München
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TU München
Dienstältester Uni-Präsident tritt ab

Wolfgang Herrmann ist der am längsten amtierende Präsident einer deutschen Hochschule. Zum Abschied zieht der Präsident der TU München Bilanz.

Von Ute Wessels 25.09.2019

Deutschlands dienstältester Uni-Präsident zieht sich zurück. Wolfgang Herrmann, Präsident der Technischen Universität München (TUM), tritt Ende September nach 24 Jahren ab. Die TUM hat er in dieser Zeit geradezu umgekrempelt, die Zahl der Studenten hat sich auf fast 40.000 verdoppelt. In internationalen Rankings spielt die Universität mit anderen Top-Hochschulen in einer Liga und in diesem Sommer hat sie zum dritten Mal den mit Fördergeldern in Millionenhöhe verbundenen Titel "Exzellenzuniversität" verliehen bekommen.

Der 71-Jährige gibt die Leitung der TUM mit einem guten Gefühl ab, wie er am Dienstagabend in München sagte. "Ich freue mich darauf, am kommenden Dienstag ausschlafen zu können."

Der vielfach ausgezeichnete Chemiker mit niederbayerischen Wurzeln legte als Hochschulpräsident auf zwei Aspekte ein besonderes Augenmerk: Interdisziplinarität und Internationalität. So sei es ihm wichtig gewesen, den Praxisbezug zu fördern und die Wissenschaft, seien es Betriebswirtschaftslehre oder Ingenieurswesen, mit der Wirtschaft zu verknüpfen.

Zudem öffnete er die Technische Universität für die Geisteswissenschaften. Dabei, so gab er im Gespräch lachend zu, habe er selbst als Student noch über die Sozialwissenschaftler geschmunzelt. Längst sieht er das anders: Das Zusammenwirken der Disziplinen werde dringend benötigt.

Englisch statt Mittelbairisch

Mit Begeisterung berichtet Herrmann von der Entwicklung des TUM-Standorts Singapur, wo Studenten aus Asien den deutschen Uni-Abschluss ablegen können – und dafür bereit sind, hohe Studiengebühren zu zahlen. In Singapur will er sich auch künftig noch nach Kräften einbringen.

Dass an der TUM in Lehrveranstaltungen hauptsächlich Englisch gesprochen wird, hat Herrmann viel Kritik eingebracht. Jedoch sei es wichtig, die Studenten "sprachlich zu ertüchtigen", so dass sie sich auf dem internationalen Arbeitsmarkt behaupten könnten, sagte Herrmann. Ihm wäre es auch lieber, es würde international Deutsch gesprochen, aber das sei nun einmal nicht der Fall. "Noch lieber wäre mir, es würde Mittelbairisch gesprochen", sagte er lachend.

Seinem Nachfolger an der TUM wolle er vom Ruhestand aus jedenfalls nicht dreinreden – aber da sein, wenn er gefragt werde. Gerne will er sein im Laufe der Jahre dicht geflochtenes Netzwerk an Kontakten weitergeben oder Gelder für die TUM einwerben. "Da störe ich nicht und bin etwas nützlich", sagte er. Herrmann eilt der Ruf voraus, großes Geschick im Sammeln von Finanzmitteln zu haben. Jedoch, so stellt er klar, Einfluss auf die Hochschulpolitik dürften die Geldgeber nicht nehmen, lieber habe er auch einmal eine Spende abgelehnt.

Heimatverbunden und weltoffen

Einen Tiefpunkt in seiner Karriere sparte Herrmann im Rückblick nicht aus: Als er vor knapp 20 Jahren auf dem Sprung ins Ministeramt war und kurz vor der Ernennung mit einem gegen ihn laufenden Steuerverfahren konfrontiert wurde. Verbraucherschutzminister wurde er daraufhin nicht. Das alles sei längst erledigt, sagte er. Er sei froh darüber, denn TUM-Präsident wäre er dann heute wohl nicht mehr. "Wer weiß, wo ich mich rumtreiben würde." Zudem sei sein Sohn in die Politik gegangen, der dafür gut geeignet sei: "Der kann besser zuhören und streitet sich nicht so schnell."

Familie und Herkunft spielen für den Professor eine wichtige Rolle. Aufgewachsen ist er mit vier Schwestern in einem Dorf bei Kelheim, sein Vater war Dorfschullehrer. Wer in heimatlichen Traditionen verankert sei, habe es auch leichter, weltoffen und tolerant zu seine, ist er überzeugt. Deswegen setzte er auch nicht nur auf den internationalen Ausbau der TUM, sondern ebenso auf den Ausbau der Standorte auf dem Lande wie in Weihenstephan und Straubing. Oder das ehemalige Zisterzienserkloster Raitenhaslach bei Burghausen: Das sei ein enormer kultureller Schatz, da könne man Geschichte atmen.

Im katholischen Glauben ist Herrmann fest verhaftet, in seiner freien Zeit sitzt er gerne an der Kirchenorgel. Das will im Ruhestand noch öfter tun. In seinem Heimatort habe er einen Schlüssel für die Kirche und könne jederzeit an der Orgel üben. Auch bei Konzerten des TUM-Orchesters und -Chores wirkt er gerne mit. Langweilig werde ihm im Ruhestand nicht werden. Er will hochschulpolitisch in einigen Gremien aktiv bleiben und vor allem mehr Zeit für seine Familie haben, zu der fünf Kinder und neun Enkel gehören.

dpa