

Großbritannien
Hochschule soll hohe Strafe zahlen
Die University of Sussex in England muss eine Geldstrafe zahlen, weil sie ihrer Pflicht zur Verteidigung der Wissenschaftsfreiheit und Meinungsfreiheit nicht ausreichend nachgekommen sei. Dies hat das Office of Students (OfS), die britische Hochschulaufsichtsbehörde, am 26. März mitgeteilt. Die Strafe beträgt demnach 585.000 Pfund (umgerechnet etwa 700.000 Euro). Das britische Onlinemagazin "Times Higher Education" (THE) berichtet, dass dies die höchste Strafe ist, die die Behörde jemals verhängt hat.
Seit Oktober 2021 hatte das OfS eine Untersuchung an der University of Sussex durchgeführt. Vorausgegangen war der Rücktritt von Professorin Kathleen Stock, der wegen ihrer Ansichten zur Geschlechtsidentität Transphobie vorgeworfen worden war. Das OfS hat keine Belege gefunden, dass sich die Philosophie-Professorin durch Äußerungen im Rahmen ihrer Beschäftigung etwas zuschulden hat kommen lassen. Die Untersuchung des OfS habe sich allerdings nicht auf Stocks Fall beschränkt, es sei darum gegangen, zu prüfen, ob die Hochschule sich an die Regeln des OfS halte.
Welche Regeln die Hochschule gebrochen hat
Laut Mitteilung des OfS sei das Statement der Hochschule zur Gleichstellung von Transmenschen und nicht-binären Personen mit den OfS-Regeln zur Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit nicht vereinbar. Außerdem habe die Hochschule keine ausreichenden Management- und Governanceregeln, die sicherstellten, dass sie auch im Einklang mit ihren Verwaltungsdokumenten agiere.
Die Untersuchung stellte demnach fest, dass sich als Folge des Statements zur Gleichstellung von Trans- und Nicht-Binären-Personen ein Klima eingestellt habe, in dem Mitarbeitende und Studierende sich selbst zensiert und ihre Meinungen nicht mehr ausgedrückt hätten. Dazu zählt die Untersuchung auch die Erfahrung von Stock. Stock habe angegeben, dass sie Ansichten, obwohl diese gesetzlich erlaubt seien, nicht mehr geäußert habe, aus Sorge, gegen das Gleichstellungsstatement zu verstoßen.
Die Untersuchung habe zudem Defizite im Entscheidungsfindungsprozess der Hochschule gefunden: Entscheidungen zu zentralen Themen der freien Meinungsäußerung und Gleichstellung seien von Personen getroffen worden, die dazu nicht berechtigt gewesen seien, erläutert Arif Ahmed, Leiter der Abteilung für Meinungsfreiheit und Wissenschaftsfreiheit des OfS. Die Untersuchungsergebnisse sollen laut Ahmed auch anderen Hochschulen bei der Überprüfung ihrer Entscheidungsprozesse und ihrer Maßnahmen zum Schutz der Meinungsfreiheit dienen. "Studierende, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler können rechtmäßige Ansichten von sich und anderen frei äußern und diskutieren, gerade auch wenn diese kontrovers sind. Alles andere untergräbt den zentralen Zweck von Hochschulbildung - das Streben nach Wissen", so Ahmed laut Mitteilung.
Wie die Hochschule auf die Strafe reagiert hat
Die University of Sussex hat als Reaktion auf die Entscheidung des OfS mehrere Statements von Vizekanzlerin Professorin Sasha Roseneil veröffentlicht. In einer Videobotschaft bezeichnet die Vizekanzlerin die Höhe der Strafe als Wucher. Es sei notwendig, dass ihre Universität Stellung beziehe und das Recht von Hochschulen allgemein verteidige, respektvolle Gemeinschaften zu schaffen. Dieses werde durch die Entscheidung des OfS gefährdet. Ihre Hochschule sei der Verteidigung der Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit ebenso verpflichtet wie der Schaffung von inklusiven Gemeinschaften, in denen sich jeder ungeachtet seines Hintergrunds, seiner Identität und seinen Glaubensvorstellungen gut entwickeln könne.
Roseneil kritisiert in einem anderen Statement die Untersuchung durch das OfS als "inakzeptabel". Es seien beispielsweise keine Angehörigen der Hochschule interviewt worden. Roseneil kündigte an, dass ihre Hochschule die Strafe rechtlich anfechten werde.
Folgen für die britische Universitätslandschaft
Als Reaktion auf die verhängte Geldstrafe überarbeiten weitere Hochschulen ihre Richtlinien zur Gleichstellung von Transmenschen und nichtbinären Personen. Das berichtet THE am 4. April. Es herrsche Sorge darüber, ob die Hochschulen ihren Verpflichtungen gegenüber der Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit nachkämen. Laut THE hätten einige Hochschulen Schriftstücke von ihren Websites entfernt oder Vermerke ergänzt, dass diese aktuell in Hinblick auf die Entscheidung des OfS überarbeitet würden. Zu diesen Hochschulen gehören beispielsweise die University of Leeds und die University of Exeter. Laut THE-Bericht beruhten einige der Richtlinien ebenso wie jene der University of Sussex auf der Vorlage einer Nichtregierungsorganisation und enthielten somit die gleichen Kritikpunkte.
Die Organisation Universities UK, die 141 britische Hochschulen vertritt, forderte vom OfS, dass dieses klarstellt, welche Aspekte der Richtlinien den Verpflichtungen zum Schutz der Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit widersprächen. So berichtete es die BBC vergangene Woche. An den Hochschulen stünde der Schutz der Meinungsfreiheit in einem Spannungsverhältnis mit anderen rechtlichen Verpflichtungen, wie etwa dem Schutz von Studierenden und Mitarbeitenden vor Belästigung und Hasskommentaren. Auch die Studierendenorganisation National Union of Students betonte vergangene Woche, dass geklärt werden müsse, wie die Hochschulen inklusiver gemacht werden könnten, ohne gegen die Meinungs- und Ausdrucksfreiheit zu verstoßen.
Laut THE ist das OfS im Austausch mit den Hochschulleitungen, um Lösungen zu finden.
aktualisiert am 04.04.2025 [mit den Absätzen zu den Folgen für die britische Universitätslandschaft], zuerst veröffentlicht am 28.03.2025
cpy