Transformation
Hochschulen zunehmend digitalisiert – Forschung im Hintertreffen
Vor allem bei der digitalen Infrastruktur haben die Hochschulen in den vergangenen fünf Jahren große Fortschritte erzielt. Das zeigt die zweite Schwerpunktstudie "Digitalisierung der Hochschulen" des HIS-Instituts für Hochschulentwicklung (HIS-HE), die im Frühjahr 2025 durchgeführt wurde.
175 Hochschulen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz beteiligten sich an der Onlineerhebung, darunter 138 deutsche Hochschulleitungen. Ziel der Studie war es, den aktuellen Stand der Digitalisierung in Forschung, Lehre und Verwaltung zu erfassen und Entwicklungen seit der ersten Studie von 2019 zu bewerten.
Franziska Bittl, Dr. Harald Gilch und Dr. Klaus Wannemacher vom HIS-Institut für Hochschulentwicklung e. V. haben die Studienergebnisse in der aktuellen Ausgabe von Forschung & Lehre ausführlich und durch Infografiken ergänzt beschrieben.
Infrastruktur an Hochschulen massiv ausgebaut
Deutlich wird: Rund 72 Prozent der befragten Einrichtungen erweiterten in den letzten fünf Jahren ihr WLAN-Angebot, knapp 71 Prozent bauten zentrale Rechenzentrums- und IT-Dienstleistungsstrukturen aus, ebenso viele investierten in moderne Hardware. Etwa zwei Drittel der Hochschulen stärkten ihre Serverinfrastruktur, und etwas mehr als 61 Prozent stockten ihr IT-Personal auf.
Gleichwohl bestehen strukturelle Defizite: Nur 42 Prozent der Hochschulleitungen sehen eine umfassende digitale Unterstützung der Beschäftigten bei ihren Kernaufgaben an der Hochschule, und weniger als ein Drittel bescheinigt ihren IT-Systemen eine gute interne Abstimmung. Viele Hochschulen betreiben noch immer eine Vielzahl nicht integrierter Anwendungen.
Forschung digitalisiert sich langsamer
Während Lehre und Verwaltung von der Digitalisierung deutlich profitieren, bleibt der Forschungssektor zurückhaltender. Zwar bekennen sich die Hochschulleitungen grundsätzlich zur offenen Wissenschaft: 66 Prozent unterstützen Open Access, 56 Prozent Open Data und 55 Prozent Open Science insgesamt in hohem Maße. 14 Prozent setzen sich aktiv für eine neue, qualitätsorientierte Reputationskultur in der Wissenschaft ein. Mehr als die Hälfte der Befragten sieht dafür keinerlei Ansätze und betont, entsprechende Bestrebungen "gar nicht" zu unterstützen.
Anreize für Forschende, digitale Prinzipien umzusetzen, fehlen meist: Fast 60 Prozent der Hochschulen nutzen keine gezielten Instrumente. Wo es sie gibt, beschränken sich diese häufig auf interne Fördermittel für Open-Access-Publikationen oder Beratungsangebote zum Forschungsdatenmanagement. Die Praxis einer Verknüpfung der internen Mittelvergabe mit der Bereitstellung von Forschungsdaten als Open Data existierte an keiner der beteiligten Hochschulen.
Mehr Managementsysteme, wachsende KI-Nutzung
Positiv hebt die Studie hervor, dass das Forschungsmanagement zunehmend digital gestützt wird. Der Anteil der Hochschulen mit Forschungsinformationssystemen stieg seit 2019 von 30 auf 45 Prozent, Forschungsdatenmanagementsysteme legten von 18 auf 47 Prozent zu – ein Zuwachs von nahezu 160 Prozent.
Auch der Einsatz generativer Künstlicher Intelligenz gewinnt an Bedeutung: Rund 45 Prozent der Hochschulen erproben KI-Systeme in der Forschung, fast ein Drittel nutzt sie bereits für Datenanalysen oder zur automatisierten Kuratierung von Forschungsdaten. Allerdings fördern nur 24 Prozent gezielt die "KI-Literacy" ihrer Forschenden.
Der umfassende Schlussbericht zur Digitalisierung der Hochschulen im deutschsprachigen Raum soll 2026 veröffentlicht werden.
cva