Hausecke mit "Straßenschildern" mit der Aufschrift "best case" und "worst case"
mauritius images / Thomas Reimer / Alamy

Dual Use
Institutionen wollen Forschung sicherer gestalten

Forschungsergebnisse werden nicht immer zum Guten angewendet. Wissenschaftsvertreter versuchen, kriminellen Missbrauch zu verhindern.

04.11.2020

Wissenschaftsvertreter in Deutschland wollen strukturierter gegen Sicherheitslücken in Forschungsprojekten vorgehen. Es sei notwendig, auf die Vereinbarkeit von Forschung mit Verfassungsrecht und Datenschutz sowie auf "Ausfuhrkontrollen und Risiken bei militärisch assoziierten Geldgebern und Kooperationspartnern" zu achten. Das schreibt ein Beratungsgremium, das Forschungsprojekte mit sogenanntem "Dual Use" beobachtet, in einem aktuellen Bericht.

Es ist der bislang dritte Bericht des Gemeinsamen Ausschusses (GA) zum Umgang mit sicherheitsrelevanter Forschung, den die Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und die Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina 2015 ins Leben gerufen haben. Der Ausschuss soll das Problembewusstsein für einen möglichen Missbrauch von Erkenntnissen und Techniken der Forschung stärken und etwaige Risiken minimieren.

Zwischen 2016 und 2019 hätten demnach 59 Forschungsthemen Anlass zu Sicherheitsbedenken in lokalen Ethikkommissionen gegeben, in fünf dieser Fälle sei von den Forschungsprojekten abgeraten worden. Trotz der offenbar relativ seltenen Projekte mit erkennbarem Dual Use, drängen DFG und Leopoldina im Bericht ihres Gremiums darauf, die noch jungen und unetablierten Ethikkommissionen auszubauen und zu verstetigen. Bundesweit hätten viele Hochschulen noch keine Ethikkommission geplant.

Seit 2015 haben laut Bericht Hochschulen und Forschungseinrichtungen bundesweit rund 90 lokale Ethikkommissionen gegründet oder deren Aufgabenbereich um Dual Use-Forschung erweitert. Die Kommissionen beraten die Forschenden vor Ort bei Sicherheitsfragen. Diese dezentrale Umsetzung von Empfehlungen des Gremiums soll laut Bericht den eigenverantwortungsvollen Umgang der Institutionen mit ihrer Forschungsfreiheit gewährleisten und den entsprechenden rechtlichen Grundlagen der Bundesländer und Universitäten gerecht werden.

Sicherheitsbedenken nehmen zu

Gegründet hätten DFG und Leopoldina ihr Beratungsgremium 2015 angesichts internationaler Debatten unter anderem über Nutzen und Risiken von Experimenten an zoonotischen Viren (Vogelgrippeviren). Sicherheitsrisiken ergäben sich jedoch immer wieder und in verschiedenen Forschungsfeldern, etwa zu Künstlicher Intelligenz (KI), in den Ingenieurswissenschaften oder der Molekularbiologie, heißt es in dem Bericht. Als sicherheitsrelevante Bereiche listet das Gremium auch die Nuklearforschung, Chemie und Lebenswissenschaften. So könnten beispielsweise pathogene Mikroorganismen als Biowaffen eingesetzt werden oder KI-Methoden gleichermaßen für mehr oder weniger Sicherheit im Netz sorgen. Chemische Synthesen könnten sowohl nützliche Produkte als auch Kampfstoffe erzeugen.

Insgesamt beachteten Politik und Forschungsförderer dem Bericht zufolge bei Forschungsthemen, die sicherheitsrelevant sind, zunehmend ethische Prinzipien und Leitlinien. Das gelte sowohl in Deutschland als auch international, etwa in Debatten der EU oder der Vereinten Nationen. Besondere Aufmerksamkeit erhielten dabei Ausfuhrkontrollen für (kommerzielle) Forschungseinrichtungen sowie Forschungskooperationen mit ausländischen Partnern.

ckr