Symbolbild Bürokratisierung: Viele Dokumente gehen durch viele Hände, illustriert als Klötchen mit Icons von Personen an Schreibtischen und Dokumenten.
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Entbürokratisierung
Leopoldina schlägt Bürokratie-Abbau vor

Die Nationale Akademie der Wissenschaften hat ein Diskussionspapier zur Entbürokratisierung veröffentlicht. Sie fordert weniger Regulierung.

28.02.2025

Es gibt immer mehr Regulierungen und Berichtspflichten, während die Finanzmittel des deutschen Wissenschaftssystem schrumpfen. Das schränkt die Handlungsspielräume der Wissenschaftseinrichtungen ein und hält sie davon ab, ihre Kernaufgaben zu erfüllen. So umreißt das am Donnerstag veröffentlichte Diskussionspapier der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina die Problemlage. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler seien frustriert und wanderten ab. In fünf Handlungsfeldern stellt das Papier mit dem Titel "Mehr Freiheit - weniger Regulierung" die aktuelle Lage dar und macht Vorschläge zur Entbürokratisierung.

Zentral seien zwei Aspekte: die staatlich geschützten Besonderheiten der Wissenschaftseinrichtungen müssten besser berücksichtigt werden und die Einrichtungen sollten sich auf ihre Eigenverantwortung zurückbesinnen. Dies geschehe aktuell nicht aus Angst vor möglichen Fehlern und das Bemühen um Absicherung. Derweil nehme die Personalstärke im Verwaltungsapparat von Wissenschaftseinrichtungen immer weiter zu. Neue Regularien, die die Wissenschaftsfreiheit ungerechtfertigt beschränkten oder ihre Kernaufgaben behinderten, sollten nicht beschlossen werden.

Fünf Handlungsfelder für den Bürokratieabbau

Handlungsspielräume nutzen

Wissenschaftseinrichtungen sollten bestehende Handlungsspielräume besser nutzen. Aktuell werde dies dadurch verhindert, dass immer mehr Regularien geschaffen werden, um die einzelnen Ebenen vor der Verantwortung abzusichern, eine Entscheidung treffen zu müssen. Die Leitungsebenen seien oft unwillig, Verantwortung zu übernehmen und delegierte sie nach unten. Stattdessen fordert die Leopoldina, dass die formalen Strukturen der Einrichtungen darauf abzielen sollten, Handlungsspielräume groß zu lassen. Selbstgesetzte Regularien sollten regelmäßig auf ihre Sinnhaftigkeit überprüft werden.

Auf Autonomie beharren

Das Dikussionspapier ruft weiterhin dazu auf, Einschränkungen der Wissenschaftsfreiheit entgegenzutreten. Durch das Wissenschaftsfreiheitsgesetz könnten Wissenschaftsorganisationen eigentlich flexibel Personal-, Sach- und Investitionsmittel einsetzen. Allerdings werde dieses Gesetz durch weitere Regularien eingeschränkt, etwa durch Mittelsperren. Die betroffenen Institutionen sollten auf ihrer organisatorischen Autonomie beharren.

Dittmittelabhängigkeit beenden

Die Abhängigkeit des deutschen Wissenschaftssystems von Drittmitteln und das damit verbundene Schreiben von Anträgen für die Forschungsförderung erhöht die Bürokratisierung. Um dies zu mindern, sollte das Verhältnis von Drittmitteln und Grundfinanzierung angepasst und das Verfahren der Drittmittelvergabe verändert werden. Auch die Exzellenzstrategie müsste in ihren Auswirkungen auf die Bürokratisierung evaluiert werden. Regulatorische Unterschiede zwischen den unterschiedlichen Förderinstitutionen sollten auf ein Mindestmaß reduziert werden. So könnte der Aufwand bei der Antragstellung und Vergabe gering gehalten werden.

Interne Berichtspflichten abbauen

Durch mangelndes Vertrauen zwischen Wissenschaftsorganisationen und Geldgebern entstehe eine "Spirale der Einschränkung". Beide Seiten führten immer mehr Regularien ein, sowohl die Geldgeber für die Hochschulen, als auch die Hochschulen für sich selbst. So würden Initiativen zur besseren Ausübung der organisationalen Autonomie von Wissenschaftsinstitutionen erstickt. Interne Berichtspflichten, die nicht durch externe Regularien vorgeschrieben sind, sollten abgeschafft werden.

Fokus auf Kernaufgaben

Auch aus gesellschaftlichen Herausforderungen, wie Umweltschutz, Gerechtigkeit und Diversität, resultiere ein hoher bürokratischer Aufwand. Deren Berücksichtigung gehöre nicht zu den Kernaufgaben der Wissenschaftsorganisationen. Berücksichtigten die Organisationen diese Nebenaufgaben, entstünden spezielle Stellen mit Beauftragten, die sich um die Umsetzung der gesellschaftlichen Werte kümmerten. In der Folge entstünden weitere Regularien, auch solche, die die Wissenschaftsfreiheit einschränkten. Wissenschaftsorganisationen sollten sich nur an diesen Werten ausrichten, wenn sie zu ihren Kernaufgaben gehören.

Das Diskussionspapier wurde von der Leopoldina-Arbeitsgruppe "Verantwortungskultur statt Überregulierung" erarbeitet. Die Sprecher der Arbeitsgruppe sind Leopoldina-Präsident Professor Gerald Haug sowie der Leopoldina-Vizepräsident Professor Thomas Krieg. 

cpy