Dsa Bild zeigt einen Stapel aufgeschlagener Heftpublikationen.
mauritius images / Akapong Osotsil / Alamy Stock Photos

Highly Cited Researchers
Manipulationen durch sogenannte Zitierkartelle

Zitationszahlen sind eine wichtige Währung in der Wissenschaft. Doch sie lassen sich künstlich beeinflussen.

02.09.2024

An mathematischen Institutionen unter anderem in China und Saudi-Arabien wurden Zitationszahlen von Kolleginnen und Kollegen manipuliert. Das ist das Ergebnis einer Studie, die dem Wissenschaftsmagazin "Science" vor Veröffentlichung vorlag. Als erstes hatte die "Süddeutsche Zeitung" im Februar dieses Jahres berichtet. Zum Zweck der Manipulation seien wertlose Publikationen veröffentlicht worden, die bestimmte Aufsätze immer wieder zitierten. Solche "Zitierkartelle" versuchten offenbar, Einfluss auf die Position ihrer Universität in entsprechenden Rankings zu nehmen.

Laut "Science" sei Domingo Docampo, einem Mathematiker an der spanischen Universidade de Vigo, der sich mit Hochschulrankings befasst, aufgefallen, dass mehr und mehr weniger bekannte Mathematikerinnen und Mathematiker in der "Highly Cited Researcher (HCR)"-Liste des Unternehmens "Clarivate" auftauchten, das auf Zitationsanalysen spezialisiert sei. Weil viele dieser Zitationen aus unseriösen Zeitschriften stammten, habe Domingo sich zu einer Analyse der "Clarivate"-Daten der letzten 15 Jahre entschlossen.

Auffällige Muster in den Daten

Docampo habe herausgefunden, dass die am meisten zitierten mathematischen Artikel noch um 2010 herum vielfach aus renommierten Institutionen wie der University of California (28 Artikel) oder Princeton (27 Artikel) hervorgingen. Zwischen 2021 und 2023 seien diese jedoch durch Hochschulen aus China, Saudi-Arabien oder Ägypten verdrängt worden, während die University of California zuletzt nur noch einen einzigen vielzitierten Artikel habe vorweisen können.

Auffällige Muster würden auf Zitierkartelle hindeuten. So seien zitierende und zitierte Forschende häufig an derselben Einrichtung tätig. "Science" zufolge stützen unabhängige Forschende Docampos Analysen. Auch in anderen Fachbereichen werde manipuliert, jedoch sei es dort weniger offensichtlich. Grundsätzlich sei es fraglich, ob Artikel über Zitationszahlen oder vergleichbare Metriken bewertet werden könnten.

Laut "Clarivate" ist die Mathematik als kleines Fachgebiet besonders anfällig für Manipulationen. Als Reaktion habe das Unternehmen die mathematischen Publikationen vorerst vom Ranking ausgeschlossen.

Wissenschaftliches Publizieren – Schwerpunkt in "Forschung & Lehre"

Die September-Ausgabe von "Forschung & Lehre" widmet sich mit einem Themen-Schwerpunkt dem wissenschaftlichen Publizieren.

Die Beiträge:

  • Gary S. Schaal: Entwicklungspfade. Die Idee wissenschaftlicher Autorenschaft im Kontext technologischer und gesellschaftlicher Transformationsprozesse
  • Günter M. Ziegler | Ulrich Dirnagl: Pro & Contra. Die Deal-Verträge – ein Gewinn für das wissenschaftliche Publizieren?
  • Robert Staats: Rechtlich auf der sicheren Seite. Aktuelle Einordnungen aus dem Urheberrecht
  • Gerhard Lauer: Der unsichtbare Dritte. Zum Datentracking in den Wissenschaften
  • Jan Söffner: Falscher Hebel. Wie "Open Access" das kritische Denken der Intellektuellen aus der Öffentlichkeit verdrängt

Hier geht es zur aktuellen Ausgabe – Reinlesen lohnt sich!

hes