Studium-Interessenstest
Studieninteressierte wollen vorrangig Berufsaussichten
Rund 1,5 Millionen Studieninteressierte haben in den letzten zehn Jahren am jährlichen Studium-Interessenstest (SIT) auf dem Studienorientierungsportal "HeyStudium" der Wochenzeitung "Die Zeit" teilgenommen. Bei der Studienwahl dominiert den SIT-Ergebnissen zufolge das Interesse an einer Berufsqualifizierung mit guten Perspektiven und vielfältigen Entwicklungswegen am Arbeitsmarkt, während das eigentliche Forschungsgebiet in den Hintergrund rückt.
Die Generation Z – Jahrgang 1995-2010 – fühle sich bei der Entscheidung für Studium und Beruf tendenziell überfordert und empfinde eine Angst, die beste Möglichkeit nicht zu nutzen (Fear of Better Option, FOBO) begleitet von einem ausgeprägten Wunsch nach Sicherheit durch unbefristete Arbeitsverträge mit geregeltem Einkommen.
Denkanstöße: Wie tickt der Studierenden-Nachwuchs?
"HeyStudium" hat gemeinsam mit dem Institut für Journalistik und Kommunikationsforschung Hannover zum dritten Mal eine Stichprobe ausgewertet. Die 3. SIT-Studie habe die Analyse von 40.000 Interessensprofilen aus den Jahren 2014-2024 umfasst. Das Ergebnis der 3. SIT-Studie lässt sich in einer Typologie von elf Interessengruppen unter den Befragten darstellen. Gemeinsam sei der Generation Z (GenZ), dass sie als sogenannte Digital Natives ihre Informationen primär aus dem Internet bezögen. Als Anlaufstelle für Informationen zur Studienorientierung hätten deshalb drei Viertel von ihnen Hochschulwebseiten angegeben. Bildungsinhalte würden vor allem auf YouTube gesucht, gefolgt von Instagram und TikTok.
Die sechs wichtigsten Kriterien bei der Studienwahl sind der Standort, die dortige Zufriedenheit der Studierenden, Berufsperspektiven, etwaige Studiengebühren, Zulassungsbeschränkungen sowie Erfahrungsberichte. Die generelle Bereitschaft, für ein Studium den Heimatort zu verlassen, sei seit der Corona-Pandemie und durch stark steigende Mieten deutlich gesunken. Am ehesten würden die an Kulturfächern Orientierten und Jura-Interessierten Umzugsbereitschaft zeigen. Klare Alleinstellungsmerkmale einer Hochschule und besondere Services könnten die Attraktivität erhöhen und zum Umzug anregen.
Die Generation sei geprägt von den Krisen und Kriegen der Zeit, was sich in Sorgen um die (mentale) Gesundheit, einer wachsenden Unzufriedenheit und dem Bedürfnis nach langfristiger (materieller) Sicherheit widerspiegele. Sie zeigten sich leistungsbereit und wollten Verantwortung übernehmen. Allerding solle das Leben nicht nur von Arbeit und Studium dominiert werden. Bei der beruflichen Zukunft stehen Work-Life-Balance, individuelle Erfüllung, Wertschätzung sowie klare Berufsbilder mit unbefristeten Stellen ganz oben auf der Wunschliste für die Zukunft.
Zielgruppengerechte Ansprache der GenZ
Wolle man Studieninteressierte für eine Hochschule beziehungsweise für einen Studiengang begeistern, so müsse man im Marketing klare Bezüge zur Berufswelt herstellen und Perspektiven aufzeigen. Inhalte sollten niedrigschwellig und leicht konsumierbar sein, keinesfalls belehrend. Zu den beliebtesten Formaten der GenZ gehöre das Kurzvideo (Short-Form-Video-Content) im Hochformat – klassische Mailings mit konkreten Anleitungen funktionierten allerdings auch.
Während sich die Teilnehmenden im Norden der Republik besonders unternehmerisch und juristisch interessiert gezeigt hätten, dominierten im Süden die technischen Interessen. Im Osten scheinen die Studieninteressierten überdurchschnittlich künstlerisch interessiert, im Westen hingegen juristisch-administrativ.
Die Studie unterscheidet insgesamt neben dem Typus "Unentschlossene" fünf Grundtypen mit einer jeweiligen Unterteilung auf zwei Richtungen:
- Technisch Interessierte, die eher einen unternehmerischen oder einen administrativen Fokus haben.
- "Weltverbesserinnen und Weltverbesserer" mit Orientierung auf das Gemeinwohl oder auf juristische Fragen.
- Kulturorientierte mit Schwerpunkt auf Gesellschaftsfragen oder in der Kreation.
- Lehrende im Wissenschaftsbereich oder mit pädagogischer Orientierung.
- Administrativ Interessierte mit einem Fokus auf Organisation oder Management.
Für jeden dieser Typen werden in der SIT-Studie Empfehlungen ausgesprochen, wie Hochschulen sie am besten für sich gewinnen.
Wissenschaftlichen Nachwuchs gezielt gewinnen
Interessierte, welche eine Karriere im Bereich "Forschung und Lehre" anstrebten, würde man am ehesten mit konkreten Inhalten überzeugen, durch die Vorstellung der Professorinnen und Professoren an der jeweiligen Hochschule sowie durch die Darstellung des gesellschaftlichen Nutzens des Studiengangs. Auch die unterschiedlichen Facetten der Lehre sollten ausführlich in der Ansprache dargestellt werden. Hier sei es besonders wichtig, in der Kommunikation Ängsten über prekäre berufliche Situationen gegenzusteuern und zu verdeutlichen, warum es ein erstrebenswertes Ziel sei, Wissenschaftlerin oder Wissenschaftler zu werden.
Die Studie schlägt vor, dass man die Typologie für die konkrete Entwicklung von Studienprogrammen nutzen könne, damit die zukünftigen Studienanfängerinnen und Studienanfänger sich für einen passenden Studiengang entscheiden und ihn erfolgreichen absolvieren könnten. Auch eine klare Abgrenzung der Programme von den jeweiligen Desinteressen der jeweiligen Typen könne dabei hilfreich sein.
cva