picture alliance / dpa-Zentralbild | Stephan Schulz

Wissenschaftskommunikation
Kommunikation mit der Gesellschaft

Effektive Wissenschaftskommunikation ist mehr als die Verbreitung von Forschungsergebnissen. Kompetenzen sollten frühzeitig gefördert werden.

Von Fenja De Silva-Schmidt 10.07.2024

Für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler führt mittlerweile kein Weg mehr daran vorbei, sich mit dem Thema Wissenschaftskommunikation auseinanderzusetzen. Aktuelle Förderrichtlinien, zum Beispiel des BMBFs, die Empfehlungen des Wissenschaftsrats, des Bundesverbands Hochschulkommunikation und die Richtlinien vieler deutscher Hochschulen fordern sie von ihnen ein. Sogar die Bundesregierung legte im Koalitionsvertrag fest, die Wissenschaftskommunikation systematisch auf allen wissenschaftlichen Karrierestufen verankern zu wollen.

Handlungsbedarf im Bereich Wissenschaftskommunikation

In seinem aktuellsten Positionspapier zum Thema Wissenschaftskommunikation aus dem Jahr 2021 sieht der Wissenschaftsrat eindeutigen Handlungsbedarf auf diesem Gebiet. Forschende müssten professionelle Unterstützung und Qualifizierungsangebote erhalten, Promovierende und Postdocs frühzeitig in die Wissenschaftskommunikation einbezogen werden. Die Hochschulen teilen diese Ansicht: Eine europaweite Umfrage der European University Association (EUA) ergab, dass 80 Prozent der befragten Hochschulen Wissenschaftskommunikation für ein wichtiges oder sehr wichtiges Thema in der Ausbildung der Early Career Researchers halten.

Empirische Studien, insbesondere von Adrian (2022) und von van Eck (2023), zeigen, dass der wissenschaftliche Nachwuchs eine wichtige Rolle für das Gelingen von Wissenschaftskommunikation spielt. Die Early Career Researchers seien demnach nah dran an der konkreten Forschung und für einen Kulturwandel der Wissenschaft hin zur Öffnung gegenüber der Gesellschaft wichtige Treiberinnen und Treiber. Wissenschaftskommunikation sei für diese Gruppe einerseits Bestandteil der Qualifikation und könne andererseits bei einem gelungenen Transfer der eigenen Forschung in die Gesellschaft auch Vorteile für einen potenziellen Berufswechsel aus der Wissenschaft in andere Felder bringen. Zudem zeige der wissenschaftliche Nachwuchs eine hohe intrinsische Motivation für die Kommunikation mit der Gesellschaft.

Aktivität der Early Career Researchers 

Verschiedene Befragungen, etwa die Nacaps-Studie und die der Organisation Wissenschaft im Dialog, haben untersucht, wie viele Early Career Researchers Wissenschaftskommunikation betreiben und aus welchen Gründen. Je nach Frageformulierung gibt ein Drittel bis die Hälfte der Early Career Researchers an, selbst zumindest gelegentlich Wissenschaftskommunikation zu betreiben. 

Der Anteil ist unter Postdocs tendenziell höher als unter Promovierenden. Durch die unterschiedlichen Befragungsmethoden in den Studien ist eine direkte Vergleichbarkeit zwar nicht gegeben, insgesamt lässt sich jedoch festhalten, dass ein großer Teil dieser Gruppe im Feld der Wissenschaftskommunikation aktiv ist.

Hauptgrund für das Engagement der Early Career Researchers in der Wissenschaftskommunikation ist laut der Befragungen ihre intrinsische Motivation – da es wenig Faktoren gibt, die extrinsische Anreize setzen können, solange Wissenschaftskommunikation keine direkten Vorteile für die wissenschaftliche Reputation oder die Karriere in der Forschung bringt. Andererseits spiegelt dies die hohe Bedeutung, die der wissenschaftliche Nachwuchs heute in der Kommunikation mit der Gesellschaft sieht.

Early Career Researchers bewerten in den Befragungen Wissenschaftskommunikation höher, als dies Professorinnen und Professoren tun. Sie geben an, mehr Spaß daran zu haben und darin einen größeren persönlichen Nutzen zu sehen. Dies lässt den Schluss zu, dass die intrinsische Motivation zur Wissenschaftskommunikation höher ist und dass Early Career Researchers sich stärker aktiv in die Wissenschaftskommunikation einbringen. Weiterhin wird deutlich, dass sie proaktiv nach Gelegenheiten suchen, um über ihre Wissenschaft zu sprechen, anstatt sich nur auf Anfrage als Expertin oder Experte einzubringen. Sekundäre Gründe für ein Engagement in der Wissenschaftskommunikation seien die Möglichkeiten, hierbei die eigenen Netzwerke auszubauen und neue Kooperationen anzustoßen, sowie die Erfahrung inhaltlicher Bereicherung für die eigene Arbeit.

Weiterbildung, Unterstützung und Gelegenheiten

Die genannten Befragungen zeigen auch, dass der wissenschaftliche Nachwuchs in der Kommunikation mit der Öffentlichkeit auf andere Hürden trifft als etablierte Forschende. Im Vergleich zu Professorinnen und Professoren geben Early Career Researchers seltener an, dass Wissenschaftskommunikation ihnen leichtfalle. Sie wünschen sich mehr Weiterbildung und Unterstützung. 

Die Transfer-Unit von Wissenschaft im Dialog empfiehlt Hochschulen und anderen wissenschaftlichen Institutionen daher, bereits früh im Verlauf der wissenschaftlichen Karriere systematische Weiterbildungsprogramme anzubieten. Für eine Professionalisierung der Ausbildung müssten diese Programme dauerhaft etabliert und mit qualifiziertem Personal ausgestattet werden. Da diese Weiterbildung den Early Career Researchers unabhängig von ihren weiteren Karrierewegen zugutekommt, sollten sie bereits zu Beginn der Promotion auf entsprechende Programme hingewiesen werden. 

Die Studien machen auch deutlich, dass neben dem konkreten Wissen, wie Wissenschaftskommunikation funktioniert und welche Methoden dafür genutzt werden können, den Early Career Researchers auch die Gelegenheiten fehlen, in der Wissenschaftskommunikation aktiv zu werden. Sie brauchen mehr Anerkennung und eine stärker unterstützende Haltung von ihren Universitäten und Institutionen – gerade in dieser frühen Karrierestufe ist eine klare Positionierung der eigenen Institution zum Thema Wissenschaftskommunikation für die Forschenden wichtig.

Fokus auf Qualifizierung

Viele Hochschulen haben bereits entsprechende Angebote geschaffen, allerdings gibt es nach wie vor keinen nationalen oder internationalen Standard, wie Early Career Researchers von ihren Hochschulen in der Wissenschaftskommunikation unterstützt werden können oder sollten. Die Angebote sind oft noch wenig strukturiert und variieren stark nicht nur zwischen Ländern oder Hochschulen, sondern oft auch innerhalb der Hochschulen zwischen Fakultäten oder Fachbereichen. Wenn es strukturierte Angebote gibt, konzentrieren sich diese meist auf Fortbildung, insbesondere in Form von Zertifikatsprogrammen.

Für Promovierende ist Wissenschaftskommunikation teilweise auch Inhalt des Promotionsprogramms. Eine vergleichende Analyse der EUA von Hasgall/Peneoasu (2022) von Programmen aus 28 europäischen Ländern zeigt, dass Wissenschaftskommunikation bisher nur in knapp einem Drittel der befragten Institutionen verpflichtender Bestandteil der Ausbildung ist. Andererseits sei Wissenschaftskommunikation europaweit der am häufigsten angebotene Bestandteil freiwilliger Angebote im Programm. 

Angebote für alle Karrierestufen

Da sich die Bedarfe des wissenschaftlichen Nachwuchses von denen der etablierten Forschenden unterscheiden, sollten die Angebote für alle Karrierestufen, insbesondere im Bereich der Weiterbildung, zielgruppengerecht sein. Neben Qualifizierungsangeboten sind auch konkrete Unterstützungsmaßnahmen erforderlich, um den Bedürfnissen der Early Career Researchers gerecht zu werden. 

Exemplarisch kann dafür ein hochschulübergreifendes Projekt in Hamburg gelten, das seit fünf Jahren verschiedene Maßnahmen strukturiert kombiniert: Es verbindet Beratungsangebote, finanzielle Förderung für den Start eigener Projekte, die Vermittlung von Schlüsselkompetenzen mit Zertifikatserwerb und Vernetzungsmöglichkeiten in der Wissenschaftskommunikation. Diese Maßnahmen schaffen externe Anreize für das Engagement und bieten praktische Unterstützung. Die Vernetzung innerhalb der Wissenschaft und darüber hinaus auch mit Kommunikatorinnen und Kommunikatoren hat das Ziel, Wissenschaftskommunikation nicht nur auf Weiterbildung und die individuelle Ebene fokussiert zu fördern, sondern das Thema auch auf Organisations- und Systemebene stärker zu etablieren.