Detailaufnahme des Bodens eines Labors: Teile der Bodenplatten sind abgebrochen.
picture alliance/dpa | Christoph Schmidt

Sanierungsstau an Hochschulen
Wissenschaft leidet unter Sanierungsstau

Unis in Baden-Württemberg warten auf Sanierungen. Mit veralteten Gebäuden sei es schwierig, exzellente internationale Forschende anzulocken.

19.04.2023

Undichte Fenster, marode Labore, mangelhafter Arbeitsschutz – an den Hochschulen in Baden-Württemberg nagt der Zahn der Zeit. Doch Modernisierung und energetische Sanierung werden mangels Geld verschoben, zugleich müssen die Universitäten erhöhte Energiepreise schultern. Studierende und Hochschulleitungen sind sich einig: Modernere Gebäude für Lehre und Forschung müssen her sowie Unterstützung auf dem Weg zur Klimaneutralität der Landesliegenschaften im Jahr 2030.

"Das ist nicht nur wichtig, um qualifizierten Nachwuchs zu schaffen, sondern auch, damit das Land in der nationalen und internationalen Konkurrenz um die klügsten Köpfe nicht ins Hintertreffen gerät", sagt Professor Stephan Dabbert, Rektor der Uni Hohenheim. Dort würde die Behebung des Sanierungsstaus 370 Millionen Euro kosten. Zwei Labore der Uni sind geschlossen, weil die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wegen kaputter Abzüge nicht mehr gefahrlos arbeiten konnten.

"Das Thema Bauen und Sanieren stellt eine zentrale Herausforderung für die nächsten Jahre dar," sagt auch die baden-württembergische Wissenschaftsministerin Petra Olschowski (Grüne). Die Bauten aus den 70er und 80er Jahren mit geringer Dämmung ohne effiziente Haustechnik müssten nun alle gleichzeitig erneuert werden. Das Land habe in den vergangenen Jahren die Bauausgaben für alle seine Gebäude von rund 620 Million im Jahr 2013 auf rund 1 Milliarde Euro jeweils in den Jahren 2020, 2021 und 2022 erhöht. Im aktuellen Haushalt 2023/24 stehen pro Jahr rund 1,2 Milliarden Euro bereit. Im Schnitt komme davon die Hälfte den Hochschulen zugute.

Wie steht es um die Sanierung der Hochschulen?

Doch für manche Universität dürfte das nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein. Allein die Uni Heidelberg beziffert ihren Rückstand auf 800 Millionen Euro, in Tübingen sind es sogar 1,1 Milliarden Euro. Der Heidelberger Rektor Professor Bernhard Eitel beklagt großen Platzmangel. Es müssten nicht nur neue Flächen erschlossen, sondern auch derzeit nicht nutzbarer Bestand rasch reaktiviert werden.

Am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) wurden mehr als ein Drittel der Gebäude vor 1979 errichtet. Die Uni befürchtet daher ein rapide steigendes Risiko von Nutzungsausfällen. Diese seien vor allem bei spezifischen Flächen wie Sporthallen und Laboren zu vermeiden, für die sich kein Ersatz mieten lasse. Um Gebäude funktionsfähig zu halten und stets schärfere Standards beim Schutz vor Brand und Schadstoffen zu erfüllen, muss die Finanzierung laut KIT um den Faktor drei steigen.

Wie könnte der Sanierungsstau behoben werden?

Kritik gibt es an den Planungsverfahren im Hochschulbau. "Oft planen bei uns Wissenschaftler neue Gebäude und sind in Rente, bevor sie fertig sind", moniert der Heidelberger Rektor Professor Bernhard Eitel. Ein Limit für die Planungs- und Bauzeit von fünf Jahren könne Engpässe sowie Kostenexplosionen vermeiden.

Professor Thomas Puhl, Vorsitzender der Landesrektorenkonferenz Baden-Württemberg, schlägt vor, Hochschulen die Bauherreneigenschaft für einzelne Bauprojekte und damit ein eigenes Budget zu geben. Das Land wolle aber die Kompetenz der aus seiner Sicht schwerfälligen staatlichen Bauämter nicht beschneiden. Es stelle sein eigenes Ziel der Klimaneutralität der Landesgebäude im Jahr 2030 in Frage, so der Hohenheimer Rektor Dappert.

dpa/cpy/ckr