

Bundestagswahl 2025
Analyse zeigt zu viele Fremdwörter in den Wahlprogrammen
Insgesamt sind die Programme zur aktuellen Bundestagswahl 2025 mit im Schnitt 7,3 von 20 möglichen Punkten verständlicher als bei der letzten Wahl. 2021 bekamen sie noch durchschnittlich 5,6 Punkte, wie eine aktuelle Studie der Universität Hohenheim resümiert.
Die Analyse des Kommunikationswissenschaftlers Professor Frank Brettschneider und seiner Fachkollegin Dr. Claudia Thoms liegt "Forschung & Lehre" vor. Sie zeigt auf, dass die untersuchten Wahlprogramme der Parteien vor allem durch "Fremdwörter und Fachwörter, Wortkomposita und Nominalisierungen, Anglizismen und 'Denglisch', lange 'Monster- und Bandwurmsätze'“ und deren übermäßigen Einsatz an Verständlichkeit einbüßen.
Es sei festzustellen, dass die Wahlprogramme nach "einem Allzeithoch zur Bundestagswahl 2021" wieder etwas kürzer ausfallen – im Schnitt seien das fast 20.000 Wörter weniger. Das kürzeste stamme vom BSW. Dies könne nach Einschätzung des Autorenteams vermutlich auf den verkürzten Wahlkampf und die daraus resultierende geringe Arbeitszeit für die Programme zurückgeführt werden. Alle Parteien hätten Kurzübersichten zur schnellen Orientierung für Interessierte angefertigt. "Ein Programm in Leichter Sprache gibt es nur bei der SPD. Bei der Linken wird ihr Kurzwahlprogramm in Gebärdensprache präsentiert", fasst die Studie vorhandene barrierefreie Versionen zusammen.
Populistische Äußerungen fänden sich links und rechts der politischen Mitte am häufigsten. Im Langzeitvergleich zeige sich, dass die Wahl 2025 zu den "populistischeren" gehöre. Sie belege Platz sieben von insgesamt 21 Bundestagswahlen seit 1949. AfD, BSW und Linke würden beim Vergleich über alle Jahre hinweg zu den "anti-elitistischsten Parteien" gehören.
Methodisches zur Analyse 2025
Die formale Verständlichkeit der Bundestagswahlprogramme wurde mit Hilfe der vom "Communication Lab Ulm" und von der Universität Hohenheim entwickelten Verständlichkeitssoftware "TextLab" ermittelt. Diese basiert auf verschiedenen Verständlichkeitsparametern, aus welchen sich der "Hohenheimer Verständlichkeitsindex" zusammensetzt. Für die Populismus-Analyse wurde laut Angabe des Autorenteams auf PopBERT von Erhard et al. (2023) zurückgegriffen.
Die Analyse bezieht sich auf die Wahlprogramme der Parteien Christlich Demokratische Union Deutschlands und Christlich-Soziale Union (CDU/CSU), Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), Bündnis 90/Die Grünen (Grüne), Freie demokratische Partei (FDP), Die Linke, Alternative für Deutschland (AfD) und Bündnis Sarah Wagenknecht (BSW).
Verständlichkeit als Kommunikations-Chance
Die Verständlichkeitsparameter der Untersuchung beziehen sich beispielsweise auf die durchschnittliche Satzlänge, den Anteil an Sätzen mit über 20 Wörtern, die durchschnittliche Teilsatzlänge sowie die durchschnittliche Wortlänge. Das formal verständlichste Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2025 liefert der Analyse zufolge die CDU/CSU mit 10,5 Punkten gefolgt von Die Linke (8,3 Punkte) und der SPD (7,1 Punkte).
Das BSW erreiche mit seinem ersten Bundestagswahlprogramm den vorletzten Platz (6,6 Punkte), während die AfD mit 5,1 Punkten das Schlusslicht bei der Verständlichkeit bilde. Populistischere Parteien seien nicht zwangsläufig diejenigen, die die formal verständlichsten Wahlprogramme formulierten, heißt es in Bezug auf die Populismus-Analyse.
In der Studie genannte Beispiele für schwer verständliche Wörter und Wortkomposita sind "Quellen-Telekommunikationsüberwachung" (CDU/CSU), "Made-in-Germany-Investitionsbonus" (SPD), "EU-Flottengrenzwerteverordnung" (Grüne), "Telekommunikationsnetzausbaubeschleunigungsgesetz" (FDP), "Pestizidreduktions-Strategie" (Linke), "Environmental-Social-Governance-Vorschriften" (AfD) sowie "Allgemeinverbindlichkeitserklärung" (BSW).
Lediglich die Union habe durch "kurze, wenige verschachtelte Sätze, wenige Passiv-Sätze und wenige Fremdwörter" gezielt auf Verständlichkeit geachtet. "Damit verschenken die Parteien insgesamt eine Kommunikations-Chance, über den Weg der Programme ihre Positionen auch für Laien verständlich zu beschreiben und zu begründen", wird Brettschneider im Gespräch mit der "Tagesschau" zitiert. Dennoch räumt die Untersuchung ein, dass im langjährigen Vergleich die aktuelle Wahl zu den verständlicheren Wahlen gehöre. "Insgesamt könnte die Verständlichkeit der Wahlprogramme aber verbessert werden", heißt es.
Zielgruppe der Programme seien neben den Wahlberechtigten auch die Parteimitglieder selbst, da es zur Selbstverständigung der Partei diene. "Je größer das Interesse an der Wahl, desto eher spielen Wahlprogramme für die Wählerinnen und Wähler eine Rolle", nimmt die Analyse Bezug auf eine Befragung im Rahmen der Landtagswahl in Baden-Württemberg 2021. Damals hätten 40 Prozent der Befragten angegeben, dass sie im Wahlkampf "in irgendeiner Form mit Wahlprogrammen in Kontakt" gekommen seien. Dabei würden jüngere Wählerinnen und Wähler häufiger auf Wahlprogramme zurückgreifen als ältere. Weitere genutzte Informationsquellen seien Wahlplakate (68 Prozent), Flugblätter, Handzettel, Broschüren (61 Prozent) oder Instrumente wie der Wahl-O-Mat.
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