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Wissenschaftsfreiheit
Anonymes Mobbing gegen Frankfurter Professorin

Die Ethnologin Susanne Schröter wird wegen einer geplanten Veranstaltung anonym massiv angegriffen. Es geht um das Thema Kopftuch.

26.04.2019

Die Ethnologin und Direktorin des Frankfurter Forschungszentrums „Globaler Islam“, Professorin Susanne Schröter, wird laut Medienberichten von einer anonymen Gruppe Studierender im Internet an den Pranger gestellt und zur Aufgabe ihrer Professur aufgefordert. Die Studierenden unterstellen Schröter und ihrem Institut demnach "anti-muslimische Ressentiments".

Hintergrund der Angriffe ist Schröters Vorhaben einer Konferenz mit dem Thema "Das islamische Kopftuch – Symbol der Würde oder der Unterdrückung?". Die anonymen Studierenden werfen ihr vor, damit Rechtspopulisten ein Forum zu geben. Schröter und die für die Konferenz geladenen Gäste, so meldet es die Frankfurter Rundschau, würden durch ihre Aussagen Menschen aufgrund unterschiedlicher gesellschaftlicher "Marker" wie Religion, Herkunft, Geschlecht oder Sexualität diskriminieren. Die anonymen Verfasser forderten daher die Universitätsleitung auf, die Veranstaltung abzusagen und Susanne Schröter ihrer Position zu entheben.

Eingeladen wurden unter anderem die Journalistin Alice Schwarzer, die Soziologin und Islamkritikerin Necla Kelek und Khola Maryam Hübsch, Journalistin, Autorin und Mitglied der islamischen Gemeinschaft Ahmadiyya.

Universitätsleitung und ASTA stellen sich hinter Schröter

Die Leitung der Universität Frankfurt verteidigt das Vorhaben Schröters. Die Präsidentin der Universität, Birgitta Wolff, sagte der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: „Das Präsidium ist keine ,Diskurspolizei‘, vielmehr sieht es seine Aufgabe darin, für die Wissenschaftsfreiheit einzutreten, das heißt sicherzustellen, dass in der Goethe-Universität unterschiedliche wissenschaftliche Positionen eingenommen und nach den Spielregeln des akademischen Diskurses vertreten werden können. Auch Versuche mancher Kreise, sich selbst zur ,Diskurspolizei‘ zu ernennen, weisen wir mit größtem Nachdruck zurück.“

Auch der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) der Goethe-Universität distanzierte sich laut einem Bericht in der "Welt" ausdrücklich und verurteilte die Aktion. "Das Thema Kopftuch scheint uns als ein Vorwand. Wir finden es wichtig, dass zum Thema Islam geforscht wird, das will die Hetzkampagne verhindern. Hier wird ein Versuch unternommen, die Forschung zu Islamverbänden und islamistischen Vereinen zu kompromittieren", sagte AStA-Sprecherin Fatma Keser der "Welt".

Schröter selbst vermutet laut "Welt" hinter der Gruppe muslimische Studierende, denen jegliche Diskussion über den Islam "ein Dorn im Auge" sei. Allerdings sei es eher eine Entgleisung ein paar Einzelner. Das wirklich Beunruhigende sei, dass Organisationen wie "Realität Islam", die sich im studentischen Umfeld orientierten, die Forderungen aufgriffen und sich auch das salafistische Umfeld an der Verbreitung beteilige, erklärte sie der Zeitung.

Die Professorin betrachtet die Kampagne demnach als Versuch der "Einschüchterung", aber auch als Angriff auf die Meinungsfreiheit. Mit dem Vorwurf des "antimuslimischen Rassismus" werde letztlich jegliche Kritik am Islam delegitimiert, sagte sie: "Es gilt schon als islamfeindlich, überhaupt bestimmte Themen anzusprechen."

Bislang musste sie, selbst Gegnerin des Kopftuchs, sich dafür rechtfertigen, dass sie auch Befürworterinnen eingeladen hatte. Dass ausgerechnet sie selbst nun diffamiert werde, findet sie "schon ein bisschen schräg". Eine breite Debatte mit möglichst vielen Stimmen gehöre aber zum wissenschaftlichen Diskurs.

Zuletzt hatte der Deutsche Hochschulverband (DHV) eindringlich vor Einschränkungen der Meinungsfreiheit an  Universitäten gewarnt. An Universitäten müsse jede Studentin und jeder Student sowie jede Wissenschaftlerin und jeder Wissenschaftler seine Forschungsergebnisse, Thesen und Ansichten ohne Angst zur Diskussion stellen können, betonte der Präsident des DHV, Professor Bernhard Kempen. "Widersprechende Meinungen müssen respektiert und ausgehalten werden. Differenzen zu Andersdenkenden sind im argumentativen Streit auszutragen – nicht mit Boykott, Bashing, Mobbing oder gar Gewalt."

aktualisiert am 26. April 2019 um 9.50 Uhr

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