Hochschulfinanzierung
Berliner Hochschulen prüfen geänderte Verträge
Seit dem Ende der Verhandlungen zu den Änderungsverträgen der Hochschulverträge am 23. Juli sind den Hochschulen die konkreten finanziellen Rahmenbedingungen bekannt. Das meldete die Landeskonferenz der Rektor:innen und Präsident:innen (LKRP) der Berliner Hochschulen in einer Pressemitteilung am Mittwoch. Die einzelnen Hochschulen müssten nun intern in den Präsidien und mit ihren Gremien entscheiden, ob sie dem vorliegenden geänderten Vertragsentwurf zustimmen, "der extreme finanzielle Belastungen bedeutet, oder die Einhaltung der im Februar 2024 unterzeichneten Hochschulverträge einklagen".
Professorin Julia von Blumenthal, Präsidentin der Humboldt-Universität zu Berlin und LKRP-Vorsitzende, wird in der Mitteilung mit den Worten "Wir sind alle gegen diese Einsparungen" zitiert. "Wir setzen uns weiter dafür ein, dass wir keine Studienplätze abbauen müssen und gute Beschäftigungs-, Ausbildungs- und Forschungsbedingungen bieten können", stellt sie klar.
"Der Bruch der Hochschulverträge hat Vertrauen zerstört."
Professorin Julia von Blumenthal, LKRP-Vorsitzende
Die LKRP halte die massiven Kürzungen im Wissenschaftsbereich laut ihrer Präsidentin für einen Fehler und eine falsche politische Schwerpunktsetzung zum Schaden Berlins. "Der Bruch der Hochschulverträge hat Vertrauen zerstört", fügt sie ihrer Bewertung hinzu. Man erwarte, dass Vereinbarungen wie die Gründung einer Hochschulbaugesellschaft und die dazugehörigen Pilotprojekte "zügig realisiert werden".
Berliner Senatsverwaltung "sehr zufrieden"
Mit den Ergebnissen der Gespräche zeigt sich die Berliner Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege gemäß ihrer Pressemitteilung "sehr zufrieden". Für die nächsten Jahre seien deutliche Verbesserungen für die Hochschulen erreicht worden:
- Ab 2026 werde es keine weiteren Kürzungen bei den Hochschulen geben, stattdessen steigen die Mittel laut Senat ab dem kommenden Jahr wieder an.
- Für ihre Tarifvorsorge erhalten die Hochschulen demnach mehr Mittel in Höhe von 31 Millionen Euro (2026), 62 Millionen Euro (2027) und 93 Millionen Euro (2028).
- Ein großer Teil der nicht gebundenen Rücklagen werde zur Abfederung der Einsparungen in 2025 genutzt.
- Erstmalig ab Januar 2026 werde das Land Berlin sämtliche Versorgungslasten der Hochschulen übernehmen. Das seien Erleichterungen von 120 Millionen Euro für die nächsten drei Jahre. Hinzu kommen weitere 62 Millionen Euro, die demzufolge 2027 und 2028 an die Hochschulen fließen.
Neben den finanziellen Verbesserungen wurden laut Senat strukturelle Erleichterungen erzielt, wie beispielsweise der Abbau von Bürokratie, die Abschaffung alter Verordnungen, die gemeinsame Weiterentwicklung des Berliner Hochschulgesetzes, neue Arbeitsgruppen für Agilität und Modernisierung oder die Flexibilisierung bei Lehre und Verwaltung.
"Wir werden in den nächsten vier Jahren rund 6,8 Milliarden Euro allein mit den Hochschulverträgen in unsere Hochschulen investieren. Diese enorme Summe zeigt, wie wichtig dem Senat der Wissenschafts- und Forschungsstandort Berlin ist: Die Wissenschaft ist der große Zukunftsmotor in unserer Stadt. Berlin bleibt europäischer Forschungshub", bewertete Dr. Ina Czyborra, Senatorin für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege, das Verhandlungsergebnis.
"Wir werden in den nächsten vier Jahren rund 6,8 Milliarden Euro allein mit den Hochschulverträgen in unsere Hochschulen investieren."
Dr. Ina Czyborra, Senatorin für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege
Der jährliche Zuschuss für die Hochschulen soll bis 2028 jedes Jahr um etwa 3 bis 3,5 Prozent steigen, erklärte Henry Marx, Berliner Staatssekretär für Wissenschaft der Deutschen Presse-Agentur (dpa) zufolge. In den Anfang 2024 unterschriebenen Verträgen war ursprünglich ein jährliches Plus von fünf Prozent vorgesehen. Angesichts des Spardrucks hatte das Abgeordnetenhaus Ende vergangenen Jahres aber beschlossen, die zugesagten Mittel nicht mehr bereitzustellen. An den Kürzungen von rund 140 Millionen Euro, die die Hochschulen in diesem Jahr hinnehmen müssen, ändert sich demnach nichts.
Nächste Schritte und Hochschulsystem auf dem Prüfstand
Bis zum 22. August möchte die Berliner Wissenschaftsverwaltung dem Tagesspiegel zufolge wissen, ob die Technische Universität (TU) Berlin und die anderen Hochschulen auf Einhaltung der Hochschulverträge klagen wollen. Das Präsidium der TU habe "grünes Licht" seitens des Akademischen Senats (AS) und des Kuratoriums für eine potentielle Klage erhalten. Unter den Berliner Hochschulen gebe es die Tendenz, die Änderungen zu unterschreiben und keine Klage einzureichen, wird TU-Präsidentin Geraldine Rauch von der Tageszeitung zitiert. Rauch selbst sehe derzeit nicht, wie der weiterhin bestehende Betrag von 70 Millionen Euro, den ihre Universität bis Ende 2028 einsparen müsse, erreicht werden könnte.
Im nächsten Schritt werde planmäßig Anfang September zu den veränderten Hochschulverträgen ein Beschluss in den Senat eingebracht, informiert der Berliner Senat in seiner Mitteilung. Danach gehe der Beschluss zur parlamentarischen Abstimmung an das Berliner Abgeordnetenhaus. Darüber hinaus werde die Senatsverwaltung in Abstimmung mit der LKRP eine unabhängige Kommission aus Expertinnen und Experten einsetzen, die das Berliner Hochschulsystem in den kommenden Jahren analysieren und Empfehlungen für Umstrukturierungen ab 2029 vorlegen soll.
cva