

Gewaltsame Protestaktion
Besetzung der FU Berlin gescheitert
Vermummte haben am 17.10.2024 in der Mittagszeit versucht, ein Gebäude der Freien Universität Berlin (FU) zu besetzen. Sie seien beim Versuch gescheitert, das Präsidium der Hochschule zu stürmen, teilte die Pressestelle der Nachrichtenagentur dpa mit. Es habe körperliche Auseinandersetzungen zwischen Vermummten und Mitarbeitenden gegeben, außerdem Sachbeschädigung und Bedrohungen. Das gesamte Hochschulpersonal hätte das Gebäude verlassen.
Nach Polizeiangaben stürmten etwa 15 bis 20 Menschen in das Gebäude und randalierten. Zuerst hatte der "Tagesspiegel" berichtet. Die Vermummten hätten Parolen "mit Bezug zum Nahost-Konflikt" gesprüht. Nach Angaben der FU-Pressestelle wurde neben Parolen auch das Hamas-Dreieck im und an das Gebäude gesprüht.
Universitätspräsident Ziegler: "Massiver Angriff"
FU-Präsident Günter Ziegler sprach von einem massiven Angriff auf die Freie Universität, erheblichem Sachschaden im gesamten Gebäude und von einer absoluten Grenzüberschreitung. Es habe körperliche Gewalt und verbale Bedrohungen gegen Menschen und massive Beschädigungen gegeben.
"Es ist nicht der erste Palästina-Protest an dieser Universität, aber es ist eine massive Gewalttat von der Art, wie wir es eben bisher noch nicht gehabt haben", sagte Ziegler der dpa. "Die Freie Universität steht für Dialog." Er habe keinerlei Verständnis für diese Art von Protest. "Es gibt Dialogangebote, aber eben nicht gegenüber Leuten, die uns einfach mit einer Gewalttat überziehen." Die wichtigste Aufgabe der Universität sei es nun, sich um Mitarbeitende und Betroffene zu kümmern und für deren Schutz und Sicherheit zu sorgen.
Verurteilende Reaktionen aus Wissenschaft und Politik
Der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), Professor Walter Rosenthal, äußerte sich bestürzt: "Ich verurteile diesen ungeheuerlichen Vorfall auf das Schärfste! Die Körperverletzungen und der massive Vandalismus sind strafrechtlich zu ahnden. Solche Handlungen stellen einen brutalen Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit dar – glücklicherweise war dieser nicht erfolgreich." Er versicherte den betroffenen Beschäftigten und dem Präsidenten der Freien Universität Berlin seine volle Solidarität.
Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra (SPD) verurteile den Besetzungsversuch. Die Täterinnen und Täter seien äußerst gewaltbereit vorgegangen, hätten Universitätseigentum massiv beschädigt und zum Teil zerstört. "Wir werden solche Aktionen nicht tolerieren und ihnen mit aller Entschlossenheit entgegentreten", erklärte Czyborra.
Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner sagte: "Die Stürmung der Freien Universität durch sogenannte propalästinensische Aktivisten zeigt einmal mehr, dass sie nicht an einem Dialog interessiert sind, sondern nur das kennen: Sachbeschädigung, Gewalt und Hass." Er begrüße, dass einige der Tatverdächtigen umgehend festgenommen werden konnten und erwarte, dass diese konsequent zur Verantwortung gezogen werden. Auch die Fraktion der Grünen im Abgeordnetenhaus verurteilte die Aktion. "Gewalt ist niemals Mittel der freien Meinungsäußerung und kein demokratischer Protest", erklärten die Fraktionsvorsitzende Bettina Jarasch und Laura Neugebauer, Sprecherin für Wissenschaft und Forschung.
Ablauf der Besetzung aus Sicht der Polizei
Laut Pressestelle gab es mindestens eine verletzte Person, die Vermummten seien "äußerst brutal" gegenüber Gegenständen gewesen. Im Haus hätten sich zu dem Zeitpunkt etwa 30 bis 40 Mitarbeitende befunden. Auch die IT-Infrastruktur sei teilweise zerstört worden. Einzelne Telefone gingen nicht mehr, einige Mitarbeiter hätten Probleme mit dem Internet gehabt.
Nach Angaben einer Polizeisprecherin flüchteten Beteiligte, als die Polizeikräfte an dem Hochschulgebäude in der Kaiserswerther Straße eintrafen. Vier Verdächtige hätten die Einsatzkräfte aber im Umfeld des Gebäudes festnehmen können. Es seien "umfangreiche Beweismittel" sichergestellt worden. Der Einsatz dauerte am frühen Nachmittag nach Angaben der Sprecherin an. Rund 70 Polizistinnen und Polizisten seien vor Ort gewesen.
Strafanzeigen und Schadensermittlung
Nach der versuchten Besetzung des Präsidiums der Freien Universität Berlin (FU) sind Strafanzeigen erstattet worden. Es gehe um den Verdacht des Landfriedensbruchs, des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte, des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, um Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung, teilte die Polizei mit.
"Die betroffenen Mitarbeitenden stehen noch immer unter dem Eindruck der Geschehnisse", teilte ein Sprecher des FU-Präsidiums auf dpa-Anfrage mit. Einige könnten ihre Aufgaben auch eine Woche später noch nicht wieder fortsetzen. Ihnen sei unmittelbar nach dem Angriff psychologische Unterstützung angeboten worden. "Die Universitätsleitung gibt den Mitarbeitenden Zeit, die Geschehnisse zu verarbeiten."
Nach Schätzung der Freien Universität hat die versuchte Besetzung einen Schaden von mehr als 100.000 Euro angerichtet. "Wir gehen derzeit von einer sechsstelligen Schadenssumme aus", erklärte ein Sprecher auf Anfrage am Freitag. Genauere Informationen lägen noch nicht vor. "Schmierereien an der Fassade des Gebäudes und der Eingangstür wurden noch am Abend des Angriffs durch technische Fachkräfte der Freien Universität Berlin entfernt", hieß es. Weiterhin gebe es keine genaueren Informationen über die an der Besetzung Beteiligten. "Wir können auch nicht sagen, ob sich darunter Studierende der Universität befanden", teilte der Sprecher mit.
aktualisiert am 25.10.2024 um 11.22 Uhr, zuerst veröffentlicht am 18.10.2024
Bisherige Besetzungen der FU Berlin
Im Mai hatten rund 150 propalästinensische Aktivistinnen und Aktivisten zeitweise einen Hof der Freien Universität in Berlin besetzt. Auch in den Räumen der Universität kam es zu Protesten, dabei setzten Polizisten zum Teil Tränengas ein. Die Hochschule stellte ihren Lehrbetrieb vorübergehend ein, die Polizei räumte am Nachmittag das Gelände. Bei dem Polizeieinsatz wurden nach Angaben der Behörde gegen 80 Personen Strafverfahren eingeleitet. Auch im Dezember hatte eine Gruppe Studierender einen Hörsaal der FU besetzt. Auch diese Besetzung wurde von der Polizei geräumt. Auch Ende des vergangenen Jahres hatte es im Rahmen einer mehrstündigen Hörsaalblockade eine Rangelei zwischen propalästinensischen und proisraelischen Unterstützenden gegeben.
dpa/cva