Junge Frau bei einem Studentenprotest gegen die Kontrolle der ungarischen Regierung über die Budapester Film- und Theater-Universität
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Wissenschaftsfreiheit
Budapester demonstrieren erneut für freie Universitäten

In Budapest haben mehrere tausend Menschen gegen Einschnitte in die Wissenschaftsfreiheit demonstriert. Diese zielten zuletzt auf eine Theater-Uni.

06.09.2020

In Budapest haben am Wochenende tausende Menschen für die Freiheit der Universitäten und der Kultur demonstriert. Am Freitagabend versammelten sich rund 2.000 Personen vor dem Gebäude der Universität für Theater- und Filmkunst, das seit Wochenbeginn von Studentinnen und Studenten besetzt wird. Ihre Aktion richtet sich gegen die Aufhebung der Autonomie der Hochschuleinrichtung durch die rechtsnationale Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban.

Am Sonntag hatte die Hochschülerschaft der Universität für Theater- und Filmkunst dazu aufgerufen, eine Menschenkette in Budapest zu bilden. Tausende Ungarn sind dem Aufruf gefolgt, die kilometerlange Kette reichte vom Gebäude der Theater-Universität in der Pester Innenstadt bis zum Parlament am Donauufer.

Seit letztem Dienstag hat an der Universität ein neues Kuratorium so gut wie alle Leitungsbefugnisse übernommen. Es ist ausschließlich mit Vertrauenspersonen der Regierung besetzt. Die Führungsgremien der bis dahin weitgehend autonomen Ausbildungsstätte für Theater- und Filmschaffende waren bereits am letzten Montag geschlossen zurückgetreten. Viele der besten Lehrkräfte kündigten aus Protest ihre Verträge und Lehraufträge. Die Studentinnen und Studenten wollen mit der Besetzung der Uni erreichen, dass diese ihre Autonomie zurückerlangt.

Treibender Motor der Machtübernahme an der Theater-Uni ist der Kuratoriumspräsident Attila Vidnyanszky. Er ist zugleich Intendant des Nationaltheaters und genießt das Vertrauen Orbans. Ihm schwebt die Schaffung einer christlich-nationalen Kultur vor.

Das Berliner Ensemble sagte ein Gastspiel am Budapester Nationaltheater aus Solidarität mit der Theater-Uni ab. "Mit großer Bestürzung schauen wir auf die aktuellen Entwicklungen der Theaterszene in Budapest", teilte Intendant Oliver Reese am Freitagabend mit. Das Ensemble hätte mit seiner Interpretation der "Medea" von Euripides im kommenden Jahr beim internationalen MITEM-Festival auftreten sollen, das Vidnyanszky leitet.

aktualisiert am 7.9.20, zuerst veröffentlicht am 6.9.20

dpa/ckr