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Wissenschaftspakte
Bund und Länder einigen sich auf "Zukunftsvertrag"

Bund und Länder haben nach langen und kontroversen Verhandlungen die Pakte für die Wissenschaft verabschiedet. Die Ergebnisse im Einzelnen.

03.05.2019

Bund und Länder haben nach intensiven Verhandlungen in der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) einen Kompromiss bei den Verhandlungen über die drei Wissenschaftspakte erzielt.

Mit dem "Zukunftsvertrag Studium und Lehre stärken" wollen Bund und Länder die Qualität von Studium und Lehre verbessern und die Studienkapazitäten ab dem Jahr 2021 erhalten. Durch die dauerhafte Förderung ab dem Jahr 2021 könnten auch mehr unbefristete Beschäftigungsverhältnisse für die Lehre an den Hochschulen unterstützt werden.

Der Bund stellt von 2021 bis 2023 jährlich 1,88 Milliarden Euro und ab dem Jahr 2024 dauerhaft jährlich 2,05 Milliarden Euro bereit. Die Länder geben zusätzliche Mittel in derselben Höhe, sodass durch den Zukunftsvertrag bis 2023 jährlich rund 3,8 Milliarden Euro und ab 2024 jährlich insgesamt 4,1 Milliarden Euro zur Förderung von Studium und Lehre zur Verfügung stehen werden.

Die Verteilung der Bundesmittel auf die Länder soll laut GWK anhand von Kriterien wie der Zahl der Studierenden, der Absolventinnen und Absolventen sowie der Studienanfängerinnen und -anfänger erfolgen. Die Verteilung soll jährlich neu berechnet werden. Durch Übergangsregelungen will die GWK sicherstellen, dass es zu keinem "zu starken Bruch" beim Wechsel vom Hochschulpakt 2020 zum Zukunftsvertrag komme und die Studienkapazitäten an den Hochschulen bedarfsgerecht erhalten bleiben. Alle sieben Jahre sollen von den Ländern in einem "Konsultationsverfahren" mit dem Bund länderspezifische Schwerpunkte und Maßnahmen der Umsetzung festgelegt werden. Der Wissenschaftsrat soll den Zukunftsvertrag regelmäßig evaluieren.

Dynamisierung beim Pakt für Forschung und Innovation wird fortgesetzt

Der beschlossene Pakt für Forschung und Innovation sieht wie bisher eine jährliche Steigerung der Mittel an die Wissenschaftsorganisationen in den Jahren 2021 bis 2030 um drei Prozent vor. Bund und Länder stellen den Forschungseinrichtungen laut GWK von 2021 bis 2030 allein durch den jährlichen Aufwuchs insgesamt zusätzlich rund 17 Milliarden Euro zur Verfügung. Der Pakt gilt für die Deutsche Forschungsgemeinschaft und die vier großen Forschungsorganisationen.

Bund und Länder haben darüber hinaus erstmalig mit den Wissenschaftsorganisationen Zielvereinbarungen für die jeweilige organisationsspezifische Umsetzung vereinbart. So sollen die Wissenschaftsorganisationen für Freiräume für risikoreiche Forschung schaffen. Der Austausch mit Wirtschaft, Gesellschaft und Politik soll intensiviert werden.

Organisation für die Lehre soll eingerichtet werden

Der dritte Pakt "Innovation in der Hochschullehre" sieht laut GWK die "dauerhafte Einrichtung einer rechtlich nicht selbstständigen Organisationseinheit unter dem Dach einer bestehenden Institution" vor. Sie soll Anreize für Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer sowie für Hochschulleitungen setzen, sich weiterhin verstärkt für Qualitätsverbesserungen in Studium und Lehre einsetzen und den Austausch und die Vernetzung relevanter Akteure unterstützen.

Bund und Länder wollen jährlich bis zu 150 Millionen Euro zur Förderung der Innovation in der Hochschullehre bereitstellen. Die Finanzierung erfolge in den Jahren 2021 bis 2023 durch den Bund und ab 2024 gemeinsam, wobei der Bund 110 Millionen Euro und die Länder 40 Millionen Euro jährlich aufbringen werden.

Die Hochschulpakte müssen von den Regierungschefinnen und Regierungschefs von Bund und Ländern noch beschlossen werden. Dies soll am 6. Juni geschehen.

Deutscher Hochschulverband reagiert kritisch

Der Deutsche Hochschulverband (DHV) hat mit "Ernüchterung" auf die GWK-Beschlüsse reagiert. "Die Erleichterung, dass sich Bund und Länder bei den Wissenschaftspakten geeinigt haben, ist groß. Aber die Ergebnisse stellen nicht den Durchbruch dar, den sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von den Verhandlungen erhofft haben. Die Hochschulen werden auch in den nächsten Jahren lediglich mit dem Allernotwendigsten versorgt werden," sagte der Präsident des DHV, Professor Bernhard Kempen.

Enttäuschend sei insbesondere, dass dem einhelligen Wunsch aus der Wissenschaft, die Hochschulpaktmittel jährlich um drei Prozent zu dynamisieren, nicht gefolgt wurde. Außeruniversitären Forschungsorganisationen garantierten Bund und Länder dagegen über den Pakt für Forschung und Innovation auch weiterhin jährliche Etatsteigerungen von drei Prozent, so Kempen weiter.

Unklar sei darüber hinaus, wie der quantitative Ausbau der Hochschulen aus den vergangenen Jahren nunmehr qualitativ "unterfüttert" werden könne. Das ursprüngliche Ziel, mit dem Hochschulpakt auch mehr Anreize für Dauerstellen zu setzen, rücke dadurch in Ferne. Insbesondere die Verbesserung der Lehre sei ohne Personalaufwuchs undenkbar.

Als "nicht zielführend" betrachtete der DHV-Präsident zudem die Einigung innerhalb der GWK, die Vergabe der Hochschulpaktmittel unter anderem auch an die Absolventenquote zu binden.
Kritisch beurteilte er den GWK-Beschluss, die Mittel für den Qualitätspakt Lehre von 200 Millionen auf 150 Millionen Euro abzusenken.

HRK und DFG begrüßen die Beschlüsse

Die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) sagte, die Beschlüsse setzten ein "wichtiges politisches Zeichen" für die nationale Bedeutung der Hochschulbildung. Der "Zukunftsvertrag" schaffe hoffentlich die Grundlage für mehr Planungssicherheit in den Hochschulen.

Ein stetiger Aufwuchs der Mittel gleich von Beginn an sei zwar nicht erreicht worden. Bund und
Länder hätten jedoch durch die nunmehr verbindlich festgelegte Erhöhung für das Jahr 2024
grundsätzlich anerkannt, dass Kostensteigerungen insbesondere durch Inflation und
Tariferhöhung berücksichtigt werden müssten.

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) begrüßt laut einer Mitteilung die GWK-Beschlüsse "ausdrücklich". Von besonderer Bedeutung für die DFG und über sie auch für die universitäre Forschung sei die Fortsetzung des "Paktes für Forschung und Innovation" (PFI). Sie gebe beiden für einen nun sogar noch längeren Zeitraum die Planungssicherheit für die Finanzierung vieler Forschungsprojekte. "Nicht zuletzt wird mit der Fortführung des PFI auch einer weiteren Schieflage im Verhältnis von hochschulischer und außeruniversitärer Forschung vorgebeugt", heißt es bei der DFG.

Der Wissenschaftsrat bedauert die Kürzungen in der Nachfolge des Qualitätspakts Lehre. Aus Sicht des Rats sei es aber auch eine "gute Nachricht, dass die Hochschullehre durch eine Organisation nun mehr Gewicht erhalten wird". Der Stifterverband für die deutsche Wissenschaft sieht in der beschlossenen neuen Organisationseinheit zur Förderung von Innovationen in der Hochschullehre einen "Meilenstein in der deutschen Wissenschaftspolitik.“

aktualisiert am 4. Mai 2019 um 9.44 Uhr

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