Schere zerschneidet Sprechblase
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Wissenschaftsfreiheit
"Deutschland gehört zur Spitzenklasse"

In 80 Prozent der Länder dieser Welt können Wissenschaftler nicht frei forschen. Deutschland kommt im internationalen Vergleich sehr gut weg.

11.03.2021

Deutschland hat bei einer aktuellen Studie zur globalen Wissenschaft gut abgeschnitten. Das Land gehört zu den 20 Prozent der Staaten, in denen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler grundsätzlich frei forschen können. Das ergab der Academic Freedom Index von Forschenden der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), des Verieties of Democracy (V-Dem)-Instituts der Universität Göteborg und des Berliner Global Public Policy Institute (GPPi) gemeinsam mit dem Scholars at Risk Network. Der Index beruht auf Auswertungen im Jahr 2020 und ist am Donnerstag zum zweiten Mal erschienen.

"Es gibt zahlreiche Selbstverpflichtungen von Staaten und Institutionen, die Wissenschaftsfreiheit zu achten und zu schützen, dennoch zeigt der Academic Freedom Index, dass die Universitäten in vielen Ländern der Welt unter Druck stehen", sagt Professorin Katrin Kinzelbach vom Institut für Politische Wissenschaft der FAU über die Ergebnisse. Deutschland dagegen gehöre zur "Spitzenklasse" der Wissenschaftsfreiheit. Das Land landete in der besten von fünf aufgestellten Statusgruppen, in die das Forscherteam die insgesamt 175 untersuchten Länder auf Grundlage der Daten zur Wissenschaftsfreiheit eingeteilt hat.

Repressive politische Maßnahmen gegen Wissenschaftler

Ebenfalls in der ersten Gruppe landeten aus der Gruppe europäischer Ländern zum Beispiel Belgien, Norwegen, Schweden oder die Slowakei sowie darüber hinaus Staaten wie Australien, Argentinien oder Uruguay. In der niedrigsten Gruppe befinden sich von wichtigen Forschungspartnern Deutschlands etwa die Türkei und China. Erkennbar verschlechtert habe sich die Lage der Wissenschaftsfreiheit zwischen 2019 und 2020 in Belarus, Hongkong, Sambia und Sri Lanka.

"In den meisten Fällen, in denen die Wissenschaftsfreiheit im Vergleich zu 2019 signifikant gesunken ist, kann dies entweder auf neue Vorschriften zurückgeführt werden, die die Freiheit zu forschen, zu lehren und zu veröffentlichen einschränken, oder auf repressive politische Maßnahmen gegen prodemokratische Bewegungen mit einer starken Basis unter Studierenden sowie Dozentinnen und Dozenten", erklärte Mitforscherin Ilyas Saliba vom GPPi. Die digitale Lehre während der Corona-Pandemie erleichtere zudem, Hochschulangehörige zu überwachen. Dies könne zur Selbstzensur unter Dozierenden führen, warnen die Autorinnen und Autoren des Indexes.

Zugenommen hätten Einschränkungen in der freien Lehre durch Überwachung oder auch Menschenrechtsverletzungen auf dem Campus laut Index etwa in Belarus oder Polen. Dabei erfasst der Index nur das Abschneiden der Ländern. Die genaue Situation im Land und die Arten der Einschränkungen wurden nicht erfasst.

Positiv bewerten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zum Beispiel die Entwicklung in Gambia. "Der AFi-Indikator mit der höchsten Punktzahl für Gambia ist die Freiheit des wissenschaftlichen Austauschs. Das ist eine sehr ermutigende Entwicklung", sagte Janika Spannagel vom GPPi.

Der AFi selbst setzt sich aus insgesamt fünf Indikatoren zusammen, die jeweils eine andere Dimension der Wissenschaftsfreiheit messen: Freiheit der Forschung und Lehre, Freiheit des akademischen Austauschs  und der Wissenschaftskommunikation, Institutionelle Autonomie, Campus-Integrität sowie Akademische und kulturelle Ausdrucksfreiheit.

Der Index zeigt Daten für den Zeitraum 1900 bis 2020 zur Wissenschaftsfreiheit weltweit. Die systematische Erhebung stützt sich auf Einschätzungen von mehr als 2.000 Länderexpertinnen und -experten aus der ganzen Welt sowie auf ein statistisches Modell, das vom V-Dem Institut in Göteborg für einen größeren Demokratiedatensatz entwickelt wurde. Die Daten sind online verfügbar und können von anderen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern für weitere Studien genutzt werden.

kas