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Europäische Union
Die Schweiz in der EU-Initiative "Europäische Hochschulen"

Unis und Forschende in der Schweiz können als Partner an Verbundprojekten teilnehmen. Welche Folgen hat der Status "nicht assoziiertes Drittland"?

05.08.2022

Die Europäische Kommission hat vergangene Woche mitgeteilt, welche Universitäten im Rahmen der Initiative "Europäische Hochschulen" der Europäischen Union (EU) gefördert werden. Durch eine Regeländerung sind auch vier Universitäten aus der Schweiz an Gemeinschaftsinitiativen beteiligt: die Universitäten von Basel, Genf, Lausanne und Zürich. Von Pilotprojekten waren Schweizer Universitäten 2019 und 2020 ausgeschlossen gewesen, da kein Rahmenabkommen mit der EU bestand. Als Neuerung in der diesjährigen Auswahl konnten die Universitätsallianzen auch Hochschulen als assoziierte Partner aufnehmen, wenn sie Teil des Bologna Prozesses sind – neben Schweizer Hochschulen auch solche aus Großbritannien.

Die Initiative "Europäische Hochschulen" soll Kooperationen zwischen europäischen Universitäten fördern. Die aktuell gebildeten 44 Hochschulallianzen verknüpfen 280 Hochschulen, die etwa gemeinsame Studiengänge anbieten.

Die Beteiligung der eidgenössischen Universitäten an den Hochschulallianzen wird allerdings nicht mit EU-Geldern finanziert: Das Budget kommt zur Hälfte von der Schweizer Regierung und zur Hälfte von den Hochschulen selbst. Bei EU-finanzierten Partnern werden die Kosten zwischen der EU, der jeweiligen Landesregierung und der Hochschule gedrittelt, berichtet das Onlinemagazin "Times Higher Education" (THE). Yves Flückinger, Rektor der Universität Genf und Präsident des Verbands Schweizer Hochschulen, Swissuniversities, kommentierte gegenüber "THE", dass die Teilnahme für die Schweizer Hochschulen trotz höherer Kosten sehr wichtig sei. Es dürfe aber unter Politikerinnen und Politikern nicht der Eindruck entstehen, dass die Schweiz trotz politisch unklarer Lage immer einen Kompromiss fände. Die Situation sei weiterhin ernst, er befürchte, dass Jahre vergehen könnten, bevor eine erneute vollständige Assoziierung der Schweiz an die EU erreicht sei.

Schweizer Forschende und "Horizon Europe"

Seit über einem Jahr hat die Schweiz als "nicht assoziierter Drittstaat" beim europäischen Forschungsförderungsprogramm "Horizon Europe" andere Mitwirkungsrechte. Sämtliche Bemühungen um eine erneute vollständige Assoziierung sind bisher gescheitert. Das Staatsekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) teilt mit, dass der aktuelle Status als nicht assoziiertes Drittland weiterhin erlaube, dass sich Projektteilnehmende in der Schweiz an Verbundprojekten, die etwa zwei Drittel des Gesamtbudgets umfassten, beteiligen könnten. Auch bei diesen erfolgt die Finanzierung der Schweizer Projektteilnehmerinnen und Projektteilnehmer durch die Schweiz, die sie als Übergangsmaßnahme finanziert. Laut SFBI werden dazu Gelder verwendet, die ansonsten an die EU für die Teilnahme an "Horizon Europe" geflossen wären. In den Jahren 2021-2022 stünden dafür 710 Millionen Franken (knapp 730 Millionen Euro) zur Verfügung.

Bei Verbundprojekten sind Forschende an Schweizer Einrichtungen allerdings von der Führung der Projekte ausgeschlossen. Zudem können Schweizer Forschende keine Förderung für Einzelprojekte erhalten, etwa die Grants des European Research Councils (ERC). Diese versucht das SBFI durch die eigene Förderung von Einzelprojekten mit einem Budget von 490 Millionen Franken (rund 500 Millionen Euro) auszugleichen.

Es gehe allerdings nicht nur um die Finanzlage, so Flückinger gegenüber der "Neuen Zürcher Zeitung". Es fände ein "Prozess der Erosion" statt. An Schweizer Einrichtungen tätige Forschende seien von einigen Forschungsthemen, wie der Quantenforschung und dem Bau des internationalen Kernfusionsreaktors Iter komplett ausgeschlossen.

Versuche, die Folgen einzuschätzen

Das SBFI bemüht sich darum, die Folgen des Status als "assoziierter Drittstaat" einzuschätzen, dies sei allerdings nach nur einem Jahr schwierig. Ende Juni hat es die Ergebnisse einer im Februar durchgeführten Umfrage unter Forschenden, Unternehmen und Institutionen präsentiert. Die Mehrheit der etwa 900 Rückmeldungen hätte von einer Verschlechterung der Lage berichtet. Vor allem werde der Zugang zu Fördermöglichkeiten und mangelnde internationale Vernetzungsmöglichkeiten kritisiert.

Es ist weiterhin erklärtes Ziel des Schweizerischen Bundesrats, eine Assoziierung zu erreichen, weshalb das SBFI Forschenden erst vergangene Woche empfohlen hat, Bewerbungen für ERC Starting Grants vorzubereiten. Sollte eine Bewerbung für in der Schweiz arbeitende Forschende bis zum Bewerbungsschluss am 25. Oktober nicht möglich sein, werde eine weitere Übergangsmaßnahme in Form von Starting Grants des Schweizerischen Nationalfonds angeboten.

cpy