Natur- oder Lebenswissenschaftler notiert etwas handschriftlich, vor der Person steht eine Sanduhr.
mauritius images / Hleb Usovich / Alamy / Alamy Stock Photos

Wissenschaftszeitvertragsgesetz
Durch Reformpläne drohen negative Folgen

Die kürzere Postdoc-Phase in der Novelle des WissZeitVG erntet Kritik. Natur- und Lebenswissenschaften sehen fachspezifische Probleme.

28.03.2023

Verschiedene Fachgesellschaften aus den Natur- und Lebenswissenschaften sowie der Biomedizin haben sich am Dienstag kritisch zur geplanten Novelle des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) geäußert. Die Kritik begründet sich vor allem in der auf drei Jahre begrenzten Postdoc-Phase, die die Reformpläne des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) vorsehen.

Die Fachgesellschaften betonen, dass wissenschaftliches Arbeiten in ihren Disziplinen in der Regel die Erhebung komplexer Daten sowie aufwändige und langfristige quantitative Analysen von Prozessen erforderten. Auch die Anerkennung von Publikationen in internationalen Fachzeitschriften durch die wissenschaftliche Gemeinschaft erforderten Zeitfenster, die jenseits der geplanten dreijährigen Postdoc-Phase lägen. Solche Publikationen ermöglichten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern die unabhängige Leitung eigener Forschungsprojekte, die wiederum die Basis für die Berufung auf Leitungspositionen und Professuren darstellten.

Gerade im internationalen Vergleich stelle eine Begrenzung der Postdoc-Phase auf nur noch drei Jahre einen Nachteil dar. Die absehbaren Folgen seien, dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ins Ausland abwanderten und die Qualität der Forschung in den Natur- und Lebenswissenschaften und in der Biomedizin in Deutschland leide. Auch würden Frauen durch die Einschränkung der Postdoc-Phase besonders benachteiligt. Die Reformpläne würden zudem nicht dazu führen, dass mehr unbefristete Stellen geschaffen würden. Dazu sei eine "deutliche Aufstockung" der Mittel zur Grundfinanzierung der Hochschulen und außeruniversitären Einrichtungen notwendig.

Hinter dem Statement stehen unter anderem die Gesellschaft für Biochemie und Molekularbiologie, die Anatomische Gesellschaft und die Deutsche Gesellschaft für Experimentelle und Klinische Pharmakologie und Toxikologie. Insgesamt vertreten die elf unterzeichnenden Fachgesellschaften mehr als 45.000 Mitglieder.

Der Zusammenschluss von Berlins außeruniversitären Forschungseinrichtungen, Berlin Research 50, hat am Dienstag die Überarbeitung der geplanten Reform des WissZeitVG gefordert und kritisiert ebenfalls die kurze Postdoc-Phase. Innovative Projekte in den Natur-, Technik-, Ingenieur-, Lebens-, Sozial- und Geisteswissenschaften erforderten deutlich längere Zeiträume. "Die Novelle würde der universitären und außeruniversitären Spitzenforschung am Standort Berlin und deutschlandweit erheblichen Schaden zufügen", so Berlin Research 50.

Als Reaktion auf die Diskussionen, die seit der Vorstellung der Reformpläne des BMBF am 17. März innerhalb der wissenschaftlichen Gemeinschaft laufen, organisiert das BMBF am kommenden Donnerstag eine Gesprächsrunde mit betroffenen Interessengruppen aus der Wissenschaft.

cpy