

Fördermittel-Affäre
Entlassene Staatssekretärin Döring verliert Prozess
Die frühere Staatssekretärin hat keinen Anspruch auf Unterlassung bestimmter Äußerungen der ehemaligen Bundesministerin Bettina Stark-Watzinger in der Pressemitteilung des BMBF vom 16. Juni 2024, urteilt das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster. Anders als von Professorin Sabine Döring kritisiert, impliziere die Entlassungs-Pressemitteilung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) nicht, dass die vorzeitig in den Ruhestand versetzte Staatssekretärin für den umstrittenen Prüfauftrag verantwortlich sei.
Die Ministerin habe mit dieser Pressemitteilung im Zuge der sogenannten Fördergeldaffäre ihre Bitte begründet, die Antragstellerin in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen, erläuterte das Gericht in einer Meldung zum Urteil. Dabei habe sie sich auch zu der internen Beauftragung einer Prüfung förderrechtlicher Konsequenzen für die Unterzeichnenden des "Statements von Lehrenden an Berliner Universtäten" vom 8. Mai geäußert. Mit dem offenen Brief war die von dem Präsidium der FU Berlin veranlasste polizeiliche Räumung eines propalästinensischen Protestcamps auf dem Hochschulgelände kritisiert worden.
Keine unwahren Tatsachen in der BMBF-Pressemitteilung
Stark-Watzinger führte in der Pressemitteilung aus, dass "eine Prüfung förderrechtlicher Konsequenzen bei den zuständigen Fachreferaten in der Tat erbeten wurde", dass Döring "den zugrundeliegenden Prüfauftrag veranlasst" und erklärt habe, "dass sie sich bei ihrem Auftrag der rechtlichen Prüfung offenbar missverständlich ausgedrückt habe". "Mit dieser Erklärung werden keine unwahren Tatsachen behauptet", begründet das Gericht sein Urteil.
Die Behauptung Dörings, es habe schon am 10. Mai einen anderweitig initiierten internen Rechercheauftrag gegeben, habe sich nach einer detaillierten Auswertung des Akteninhalts und insbesondere der E-Mails innerhalb des Ministeriums als unzutreffend erwiesen. Danach sei zu diesem Zeitpunkt kein Auftrag zu einer Prüfung förderrechtlicher Konsequenzen erteilt, sondern allein eine Auflistung der geförderten Unterzeichner erbeten worden, um in der anstehenden Pressekonferenz "sprechfähig" zu sein.
Das Gericht widerspricht auch Dörings Darstellung, sie habe eine vorformulierte Mail auf Weisung der Ministerin an die Mitarbeitenden verschicken müssen. Diese Mail sei Döring selbst zuzurechnen. Das ergebe sich aus deren vom Senat detailliert nachverfolgten Genese: "Danach hat die Antragstellerin sich mit dem – von dem für Kommunikation verantwortlichen Mitarbeiter entworfenen – Inhalt der E-Mail nach Abstimmung mit ihr ausdrücklich 'völlig einverstanden' erklärt", erläutert das OVG. Döring habe lediglich ein Wort ausgetauscht.
Der Beschluss ist laut Gericht unanfechtbar und bestätigt die erstinstanzliche Entscheidung des Verwaltungsgerichts Minden.
Was wurde aus den Unterzeichnenden des offenen Briefs?
Aus einer Umfrage unter den 14 erstunterzeichnenden Hochschullehrenden seitens "Research.Table" geht hervor, dass keiner der Befragten bereut, das Statement mitgetragen zu haben. Allerdings würden die meisten einzelne Formulierungen anpassen, da sie sehr kurzfristig entstanden seien und dadurch ungenau oder missverständlich. Beispiele dafür seien, Polizeigewalt gegenüber Studierenden oder strafrechtliche Verfolgung kategorisch auszuschließen.
Gefragt nach den beruflichen Konsequenzen des offenen Briefs, sprechen die Befragten von mittelfristigen und eher indirekten Wirkungen wie distanziertes Verhalten von Kolleginnen und Kollegen. Am massivsten seien die Auswirkungen in den sozialen Medien gewesen: Sie seien mit Diffamierungen, Drohungen und Beleidigungen konfrontiert gewesen.
Die Bildungsministerin selbst habe nie das persönliche Gespräch mit ihnen gesucht. Die vom BMBF erstellte Unterzeichnenden-Liste samt Informationen zu aktuellen Förderungen hätten sie auch auf Anfrage nie erhalten. Die meisten Befragen gaben an, dass sie eine Gefährdung oder Einschränkung der Wissenschaftsfreiheit in Deutschland wahrnehmen würden.
cva