Junges Paar füllt sich zwei Gläser mit Rotwein am Küchentresen
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Alkoholatlas 2022
Experten fordern bessere Krebsprävention

Wer viel Alkohol trinkt, riskiert an Krebs zu erkranken. Dies beleuchtet der neue Alkoholatlas. Die Autoren fordern mehr Präventionsmaßnahmen.

12.09.2022

Angesichts Tausender alkoholbedingter Krebsneuerkrankungen pro Jahr appellieren Experten an die Politik, die Steuern für Alkohol zu erhöhen, das Abgabealter dafür anzuheben und die Werbung dafür einzuschränken. "Vielen Menschen ist nicht bewusst, dass Alkohol ein erheblicher Krebsrisikofaktor ist", sagt Dr. Katrin Schaller vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg, Autorin des Alkoholatlas 2022. In Deutschland gingen Schätzungen zufolge jedes Jahr über 20.000 Krebsneuerkrankungen und mehr als 8.000 Krebstodesfälle auf das Konto des Alkoholkonsums. Am stärksten ist laut Schaller der Einfluss auf Darmkrebs, auf Krebserkrankungen des Mund- und Rachenraums, der Leber, Speiseröhre und der Brust.

Schätzungen zufolge sind im Jahr 2022 mehr als 8.000 Krebstodesfälle – rund 6.200 bei Männern und 2.100 bei Frauen – auf Alkoholkonsum zurückzuführen. Dies entspricht bei Männern einem Anteil von rund sechs Prozent an allen Krebstodesfällen und bei Frauen einem Anteil von drei Prozent.

Mit ihren Forderungen wollen das DKFZ, die Deutsche Krebshilfe und die Deutsche Krebsgesellschaft zu Anfang der bis zum 16. September dauernden Nationalen Krebspräventionswoche einen Akzent setzen. Basis ist der Atlas, der unter anderem den Zusammenhang des gesellschaftlich tolerierten Konsums von Alkohol und Krebs beleuchtet.

Fachleute wollen Alkohol erst ab 18 Jahren erlauben

Nach Ansicht der Experten ließe sich der Konsum reduzieren, indem man Alkohol verteuert. Bei der Steuer auf Alkohol sehen sie noch Luft nach oben. Derzeit beträgt die Alkoholsteuer 1.303 Euro pro Hektoliter reinen Alkohols. Jährlichen Einnahmen aus dieser Steuer von 3,2 Milliarden Euro stehen den Gesellschaften zufolge direkte und indirekte Kosten von 57 Milliarden Euro gegenüber. Dies ergebe sich aus Krankheitskosten sowie geringer Produktivität, Fehlzeiten am Arbeitsplatz und Frühverrentung. In anderen Ländern hat ein Preisanstieg von zehn Prozent den Konsum um sechs Prozent gedrückt, wie Schaller erläutert.

Weitere Baustelle ist der Jugendschutz. Derzeit dürfen Jugendliche ab 14 Jahren in Begleitung ihrer Eltern Wein und Bier trinken, ab 16 unbeaufsichtigt. Mit 18 Jahren kommen dann harte Drinks wie Rum, Schnaps und Wodka hinzu. Die Krebsgesellschaften plädieren für ein einheitliches Limit von 18 Jahren für den Konsum aller Arten alkoholischer Getränke, unabhängig davon, ob Eltern dabei sind.

Auch bei der Werbung sehen die Fachleute noch ungenutzte Stellschrauben; bislang gibt es nur das Verbot von Alkoholwerbung vor 18 Uhr im Kino. "Dringend fordern wir zunächst zumindest ein Verbot von Werbung im Kontext von Sportveranstaltungen aller Art", sagt Schaller.

"Krebsprävention keine reine Privatsache"

Krebshilfe-Chef Gerd Nettekoven resümiert, jeder könne ungesunde Gewohnheiten aufgeben. "Doch die Krebsprävention ist keine reine Privatsache." Die Politik müsse Bedingungen schaffen, die eine gesunde Lebensweise förderten.

Das Risiko, an Krebs zu erkranken, steigt mit zunehmender Menge und Häufigkeit der Aufnahme des Zellgifts. Bereits ein geringer Alkoholkonsum von bis zu 12,5 Gramm Alkohol pro Tag erhöht das Risiko für die Entstehung von Krebs in Mund und Rachen, der Speiseröhre und der weiblichen Brust. Zum Vergleich: 0,3 Liter Bier enthalten etwa 10 bis 12 Gramm Alkohol.

"Durch Alkoholkonsum gehen viele in guter Gesundheit verbrachte Lebensjahre verloren", heißt es in dem Atlas. Die meisten durch Alkoholkonsum verursachten Todesfälle treten demnach im Alter von 20 bis 50 Jahren auf.

dpa/ckr