Schild in einem Schaufenster mit der Aufschrift Maske Freiwillig
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Corona-Pandemie
Expertenrat hält Vorbereitungen für Herbst nötig

Die Pandemie ist nicht vorbei, mahnt der Corona-Expertenrat. Im Herbst seien verschiedene Szenarien möglich. Die Regierung solle sich vorbereiten.

08.06.2022

Der Corona-Expertenrat der Bundesregierung hält eine "vorausschauende Vorbereitung mit kurzen Reaktionszeiten" für erwartete steigende Fallzahlen im Herbst und Winter für nötig. In jedem Fall erfordere die Vorbereitung unter anderem "eine solide rechtliche Grundlage für Infektionsschutzmaßnahmen", heißt es in der am Mittwoch in Berlin präsentierten Stellungnahme "Pandemievorbereitung auf Herbst/Winter 2022/23".

Diese Rechtsbasis solle "eine dem Infektionsgeschehen angepasste schnelle Reaktion" ermöglichen. Beispielsweise soll es eine schnell reaktivierbare Testinfrastruktur geben. Gefordert wird außerdem eine zentrale Koordination der Pandemiemaßnahmen zwischen Bund und Ländern und eine bundesweit möglichst einheitliche und schnelle Kommunikation aller bestehenden Regelungen und Empfehlungen.

Die Expertinnen und Experten stellen fest: "Die verbleibende Impflücke und die abnehmende Immunität im Laufe der Zeit, die fortschreitende Virusevolution und die Krankheitsaktivität durch andere Atemwegserreger werden das Gesundheitssystem und die kritische Infrastruktur im Herbst/Winter wahrscheinlich erneut erheblich belasten." Aktuell bestehe ein hoher Immunisierungsgrad in der Bevölkerung. "Gleichzeitig treten Virusvarianten mit verringerter Krankheitsschwere auf."

Wie stark fällt die nächste Corona-Welle aus?

In einem ungünstigen Szenario halten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine neue Virusvariante mit einer Kombination verstärkter Übertragbarkeit und erhöhter Krankheitsschwere für möglich. Dies könne wieder allgemeine Schutzmaßnahmen wie Maskenpflicht und Abstandsgebote nötig machen, die dann erst gegen Frühjahr 2023 zurückgefahren werden könnten. Doch auch ein günstiges Szenario und ein Basisszenario mit weniger gravierenden Auswirkungen hält das Gremium für möglich.

Der Ratsvorsitzende Professor Heyo Kroemer sagte, das Gremium wolle keine dramatischen Bilder und Sorgen erzeugen. Die Stellungnahme sei der "sachliche Versuch", das mögliche pandemische Geschehen zu beleuchten und bereits zeitnah Empfehlungen zu geben. "Die Pandemie ist definitiv nicht vorbei", so der Vorstandsvorsitzender der Berliner Charité. Niemand wisse, was im Herbst und Winter passieren werde. Deshalb habe der Rat die drei Szenarien aufgestellt. Alle 19 Mitglieder hätten der elften Stellungnahme nach intensiver Diskussion zugestimmt.

Bund und Länder hatten das Beratungsgremium im Bundeskanzleramt eingerichtet.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will die vom Corona-Expertenrat vorgelegte neue Stellungnahme zur Grundlage für die Pandemie-Bekämpfung im Herbst machen. "Wir werden dieses Gutachten auswerten und auf Grundlage des Gutachtens zeitnah zu Empfehlungen kommen, mit denen wir den Herbst vorbereiten", erklärte er am Mittwoch. In der Koalition zeichnen sich derzeit erneut deutliche Differenzen über den künftigen Corona-Kurs ab. Die FDP pocht darauf, erst eine geplante wissenschaftliche Bewertung bisheriger Beschränkungen abzuwarten, die ein Sachverständigenausschuss bis 30. Juni vorlegen soll.

aktualisiert am 09.06.2022, zuerst veröffentlicht am 08.06.2022

dpa/ckr