Foto von Franziska Giffey, der Regierenden Bürgermeisterin von Berlin
picture alliance/dpa / Wolfgang Kumm

Plagiatsaffäre
Giffey-Gutachten nach Rechtsstreit veröffentlicht

Hat Franziska Giffey in ihrer Doktorarbeit falsch zitiert? Einem von ihr beauftragten Gutachten zufolge zitierte sie nach Vorgabe ihrer Doktormutter.

03.02.2022

Im Plagiatsfall um die Dissertation der Politikerin Franziska Giffey an der Freien Universität (FU) Berlin liegt ein Gutachten von 2019 vor, das deren Doktormutter Professorin Tanja Börzel in den Mittelpunkt stellt. Giffey selbst entlastet es nur wenig, da es die Plagiatsvorwürfe nicht entkräftet. Das bislang auf Drängen von Giffey und der FU unter Verschluss gehaltene Gutachten ist nun öffentlich einsehbar. Die gemeinnützige Plattform "Frag den Staat" hatte vor dem Berliner Verwaltungsgericht dessen Freigabe erwirkt. Zuerst hatte die "FAZ" berichtet.

Erstellt hat das Gutachten eine von Giffey beauftragte Rechtsanwaltskanzlei, wie daraus hervorgeht. Basis seien Giffeys umfassende Promotionsunterlagen mit handschriftlichen Vermerken ihrer Doktormutter. Damit habe Giffey beweisen wollen, dass die Zitierweise ihrer Dissertation auf Vorgaben von Börzel zurückzuführen sei und sie in ihrer Doktorarbeit nicht vorsätzlich getäuscht habe, sondern diese lediglich umgesetzt habe. Zu diesem Schluss kommt auch das Gutachten.

Aus Giffeys Unterlagen sei zu folgern, "dass eine intensive Betreuung / Feedback erfolgte", heißt es darin. Bei der Zitierweise handele es sich um die von der Doktormutter beziehungsweise der FU vorgegebene und in den Sozialwissenschaften übliche "amerikanische Zitierweise" ohne Fußnoten und Seitenzahlen, aus der die Quelle aber hervorgehe. Diese Schreibweise habe Giffey erst nach einem Feedback-Gespräch mit Börzel angewandt, zuvor habe sie die ausführlichere "deutsche Zitierweise" verwendet. Die "richtige Zitierweise" sei Wahl des Betreuers beziehungsweise der Betreuerin, Doktoranden seien daran gebunden.

Die Plagiatsvorwürfe gegen Giffey von der Plattform VroniPlag beziehen sich allerdings über die Zitierweise hinaus auch auf zahlreiche Passagen in der Dissertation, die direkte Übernahmen fremder Quellen darstellten, ohne auf diese hinzuweisen.

Die jetzige Regierende Berliner Bürgermeisterin Franziska Giffey war wegen des Plagiatsverfahrens als Bundesfamilienministerin zurückgetreten. Nach monatelangem Versuch, ihren Doktorgrad in Politikwissenschaften zu behalten, hat die FU ihr diesen schließlich 2021 aberkannt. Grund war nicht die Zitierweise, sondern dass Quellen generell nicht hinreichend als solche gekennzeichnet worden seien. Der Doktorgrad sei daher durch "Täuschung über die Eigenständigkeit ihrer wissenschaftlichen Leistung" erworben worden.

ckr