Das Foto zeigt zwei Aktenstapel
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Wissenschaftsrat
Governance "keine reine Leitungsaufgabe"

Die zahlreichen Reformen der letzten Jahrzehnte haben ihre Spuren hinterlassen: Es "knirscht" an den Hochschulen, meint der Wissenschaftsrat.

22.10.2018

Der Wissenschaftsrat hat zum Abschluss seiner Herbstsitzungen betont, dass alle Mitglieder einer Hochschule dafür mitverantwortlich seien, Governance-Strukturen und -Prozesse zu gestalten. Governance sei "keine reine Leitungsaufgabe". Vielmehr gehe es darum, verschiedene Akteure zu koordinieren, die sich immer auch wechselseitig beeinflussten.

Nach Ansicht des Wissenschaftsrates hätten die Reformen der letzten Jahrzehnte zu zahlreichen positiven Entwicklungen geführt, andererseits jedoch auch zu neuen Problemen und unbeabsichtigten Begleiterscheinungen. Viele alte und neue Strukturen seien noch nicht gut aufeinander abgestimmt. Deshalb "knirsche" es an vielen Stellen der Hochschulen.

Vor diesem Hintergrund empfiehlt der Rat weder eine neue große Governance-Reform noch ein einheitliches Modell für alle Hochschulen. "Eine ideale Governance, die alle Konflikte und Spannungen löst, kann es nicht geben", sagt Professorin Martina Brockmeier, Vorsitzende des Wissenschaftsrats.  Dennoch stellt der Rat ein Analyseinstrument für Hochschulgovernance vor, welches er entwickelt hat. „Es ist kein Allheilmittel, aber jede Hochschule kann damit für sich herausarbeiten, wo ihre Probleme in der Governance liegen und wie sie diese ganz konkret bearbeiten kann“, erläutert Martina Brockmeier.

Das Analyseinstrument biete anhand von Kriterien für gute Governance eine Orientierung. Der Wissenschaftsrat unterscheidet zwischen den Governance-Modi kollegiale Selbstorganisation, Verhandlung, Wettbewerb und Hierarchie. Diese böten unterschiedliche Chancen und Risiken – damit soll deutlich werden, dass die Koordination der Akteure auf sehr viele Weisen erfolgen kann.

Der Wissenschaftsrat erwartet, dass das Analyseinstrument bei der Bewältigung ganz praktischer Probleme, zum Beispiel bei Berufungsverfahren oder der Bildung neuer Schwerpunkte, helfen könne. Allerdings benötigten die Hochschulen Zeit für die Umsetzung von Reformen, eine angemessene Finanzierung und Autonomie. "Wer Autonomie will, muss auch Verantwortung übernehmen für seine Governance", sagte Martina Brockmeier.

gri