

Fördergeldaffäre
Hängepartie
Die Wissenschaft startet mit gemischten Gefühlen und einigen offenen Fragen in die politische Sommerpause 2024. Vor rund einem Monat hat die sogenannte Fördergeldaffäre um Bundesbildungsministerin Stark-Watzinger ihren Lauf genommen. Im Zentrum steht die Kritik, dass das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat prüfen lassen, ob Hochschullehrenden aufgrund ihrer politischen Meinung Fördermittel gestrichen werden können.
Seitdem zieht sich die Aufklärung in die Länge. Stark-Watzinger betonte derweil wiederholt, dass sie selbstverständlich für eine freie Wissenschaft stehe und die umstrittene Prüfung nicht veranlasst oder gewollt hätte. Gleichzeitig wächst der Eindruck, als wolle ihr Haus scheibchenweise nur die Informationen rausrücken, die sich nicht mehr abwiegeln lassen. Doch sind gerade hier Transparenz und Glaubwürdigkeit als Werte der Wissenschaft unverzichtbar.
Je länger die Aufklärung andauert, desto größer könnten die Folgen für die Wissenschaft sein. Denn während für die einen in der Wahrnehmung die Kritik an der Prüfung des Bundesbildungsministeriums im Fokus steht, entsteht oder verfestigt sich bei anderen ein Bild von Forschenden, denen nicht so richtig getraut wird – selbst von höchster politischer Stelle nicht. Der Effekt könnte umso größer sein, landete die Bundesministerin noch im März 2024 bei einer Umfrage auf Platz zwei der unbekanntesten Bundesministerinnen und Bundesminister. Die Affäre könnte daher besonders in Erinnerung bleiben. Hinzu kommt, dass die Wissenschaft, die sie vertritt, verglichen mit anderen Ressorts für viele abstrakt und in der öffentlichen Debatte sonst leider vergleichsweise wenig präsent ist.
Unter Forschenden schürt die Prüfung der Bundesregierung die Unsicherheit, was das alles für ihre eigene Forschung und deren Finanzierung bedeutet. Nicht die Forschungsthemen der Hochschullehrenden standen im Fokus der Prüfung, sondern deren Meinungsäußerung. Dennoch besteht die Gefahr, dass sich gerade jüngere Forschende sicherheitshalber auf Forschungsbereiche konzentrieren, die vermeintlich politisch unbedenklich sind. Ein herber Verlust für den wissenschaftlichen Erkenntnisfortschritt. Gleiches gilt für ein Ausbleiben der Stimmen von Forschenden in der öffentlichen Debatte.
Tagtäglich nutzen Forschende ihre Freiheiten, um sie im Sinne des bestmöglichen Erkenntnisfortschritts einzusetzen. Die Wissenschaftsfreiheit ist ein hohes Gut, das bei aller notwendigen Diskussion und kritischen Reflexion über die Standards in der Wissenschaft und der Trennung von Meinung und wissenschaftlich begründeter Argumentation nicht ins Wanken geraten darf. Sie muss gerade jetzt als einer der Grundpfeiler der Demokratie überzeugt vertreten und gelebt werden. Nur so kann anhaltender Schaden vermieden werden.
Die Höhe des Etats für das BMBF in 2025 lässt die Wissenschaft – zumindest in Teilen – aufatmen. Beim Wissenschaftsaustausch soll gekürzt werden, der befürchtete flächendeckende "Sparschock" bleibt vorerst aus. 22,3 Milliarden Euro für Bildung und Forschung können sich sehen lassen und bieten politischen Handlungsspielraum. Das Bundesministerium kann das Momentum nutzen, um sich entschlossen für die Wissenschaft und ihren Stellenwert in der Gesellschaft einzusetzen – jetzt und über das kommende Haushaltsjahr hinaus. Denn dann soll gespart werden.
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