Das Foto zeigt das Plenum des Saales der Hamburgischen Bürgerschaft.
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Bernd Lucke
Hamburger Bürgerschaft streitet über Uni-Tumulte

Wie Lehre und Forschung an der Uni Hamburg nach den Tumulte um Bernd Lucke sichergestellt werden, war Thema im Bürgerschaftsausschuss der Stadt.

14.11.2019

Der Wissenschaftsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft hat sich mit den Tumulten rund um die Makroökonomik-Vorlesungen des AfD-Mitbegründers Bernd Lucke an der Universität Hamburg befasst. "Universitäten sind kein politikfreier Raum. Aber sie müssen frei von Parteipolitik sein", sagte Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) am Mittwoch bei der Sondersitzung. Aufgabe der Hochschulen sei, Forschung und Lehre sicherzustellen. Niederschreien und Gewalt in Uni-Veranstaltungen seien auf das Schärfste zu verurteilen.

Konkret ging es dem Ausschuss um die "Gewährleistung der Durchführung von Forschung und Lehre". Der Präsident der Universität Hamburg, Prof. Dieter Lenzen, machte deutlich, dass vor Luckes Antritt im Oktober nichts unterlassen worden sei, um ihm seine Vorlesungen zu ermöglichen. "Das ist ein Irrsinnsaufwand gewesen." Lenzen berichtete von mehrfachen Gesprächen mit der Polizei und Sitzungen eines Krisenstabes. Es habe aber keine Hinweise auf "Vorkommnisse in diesem Ausmaße" gegeben. Auch von der Studentenvertretung Asta habe er sich versichern lassen, dass eine geplante Demonstration vor dem Gebäude stattfinden sollte. Karim Kuropka vom Asta Hamburg bestätigte dies und distanzierte sich erneut von den Tumulten. Dazu habe der Asta nicht aufgerufen, bekräftigte Kuropka.

Lucke war in diesem Semester an seinen Lehrstuhl für Volkswirtschaft zurückgekehrt, nachdem er nicht erneut in das Europäische Parlament eingezogen war. Er ist ordentlicher Professor und Beamter des Landes. Aus der AfD, die er 2013 mitgegründet hatte, war der Ökonom im Juli 2015 ausgetreten.

Die Störungen bei Luckes beiden ersten Vorlesungen im Oktober hatten eine bundesweite Debatte über Meinungsfreiheit in Deutschland ausgelöst. Die beiden folgenden Vorlesungen konnte er unter Polizeischutz abhalten, private Sicherheitskräfte kontrollierten die Studenten beim Eingang. Außerdem erhielt Lucke private Personenschützer.

Polizeipräsident Ralf Martin Meyer sprach von einer angemessenen Entwicklung dieses Vorgehens. Die Polizei müsse zum Schutz von Grundrechten Maßnahmen austarieren, erläuterte Meyer. Aus Verhältnismäßigkeit sei von einer Saal-Räumung abgesehen und auf Deeskalation gesetzt worden. Meyer hoffte, dass es das Bild von Polizeipräsenz am Campus in Zukunft nicht mehr geben müsse. Die Wissenschaftssenatorin sprach von einer "abgewogenen und differenzierten Lagebeurteilung." Er habe den Eindruck, das sich die Situation um Herrn Lucke beruhigt habe, ergänzte der Uni-Präsident. "Der besonnene Umgang ist wirksam."

HRK-Präsident warnt vor Verwechslung von Wissenschafts- und Meinungsfreiheit

Im Radiosender SWR2 kritisierte der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz Peter-André Alt am gleichen Tag, dass Studenten ihr Recht auf politische Meinungsfreiheit mit dem Recht auf Freiheit und Forschung verwechselten. "Ein Professor der Universität hat seine Dienstaufgabe zu erfüllen, ganz unabhängig davon, welche politische Meinung er hatte oder hat." Über Luckes Meinungen zu streiten, sei etwas ganz anderes.

Alt mahnte zudem, Hochschulen dürften nicht zu einem Ort werden, an dem Parteien Kampagnen führen und wo es allein um Meinungsbildung gehe. Die Hamburger Uni-Leitung hatte FDP-Chef Christian Lindner jüngst untersagt, im Gebäude mit Studenten zu sprechen. Die Raumvergabe sei Aufgabe der Universität, unterstrich der Uni-Präsident. "Lehre hat immer Priorität." Die entsprechenden Richtlinien untersagten aber Veranstaltungen mit parteipolitischer Ausrichtung. Parteipolitik könne aber natürlich Gegenstand von Wissenschaft seien, ergänzte Lenzen. Das sei von Vorstellungen beispielsweise eines Parteiprogramms aber zu unterscheiden. Lindner redete letztlich vor der Uni auf öffentlichem Boden und warb für mehr politische Debatten in den Hochschulen.

dpa/gri