Das Foto zeigt ein Gebäude der TU München in Garching
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München
Herrmann gegen mehr Studierende an der TU

Seit 150 Jahren wird an der Technischen Universität München geforscht. Zum Jubiläum gibt sich der Präsident nachdenklich.

09.04.2018

Der Präsident der Technischen Universität München (TUM), Wolfgang Herrmann, sieht die hohen Studierendenzahlen an seiner Universität mit Sorge. Er will für seine Universität kein Wachstum. "Wir müssen unsere Größe bedenken. Mit 40.000 bis 41.000 Studierenden sind wir deutlich über unserer Leistungskapazität." Diese läge bei der jetzigen Ausstattung etwa bei 30.000, wenn man das Betreuungsverhältnis Studenten-Professor betrachte. Zwar habe die TUM viele Forschungsdrittmittel aus der Privatwirtschaft in Höhe von zuletzt knapp 50 Millionen Euro im Jahr. Das Kerngeschäft müsse aber staatlich finanziert bleiben. Der Gesamtetat beträgt 1,4 Milliarden Euro.

Im Vorfeld der Feiern zum 150-jährigen Bestehen der TUM wies Herrmann Kritik an der Drittmittelforschung sowie an Spenden und Sponsorengeldern aus der Industrie zurück. "Wir nehmen nicht Geld für Themen, die uns nicht interessieren oder die nicht zu uns passen, die nicht unser Niveau sind oder wo wir beeinflusst würden in unserer Forschung. Wir haben einen Verhaltenskodex für Fundraising für die Forschung. Dieser Kodex schließt eine Beeinflussung durch Geldgeber komplett aus", sagte Herrmann gegenüber der Deutschen Presse-Agentur.

Herrmann: Forschung muss beim Menschen ansetzen

Weiter sehe er eine Zukunftsaufgabe für die Forschung in einer engeren Verbindung von Sozial- und Humanwissenschaften mit der Technik. Forschung müsse bei den Menschen ansetzen, die teils von der rasanten technischen Entwicklung abgekoppelt würden – oder Angst hätten vor neuen Möglichkeiten wie Robotern in der Pflege.

"Wir müssen die Rückbezüge der Technik zur Gesellschaft forcieren. Das ist eine große, vielleicht die größte Herausforderung der nächsten zehn bis zwanzig Jahre. Dann müssen wir es geschafft haben, ein sozial - und humanwissenschaftliches Portfolio zu haben, das in die Technikfächer eingedrungen ist und mit diesen zusammenarbeitet", sagte Herrmann. "Es sollte zum Beispiel nirgends ein Politikwissenschaftler ausgebildet werden, der gar keine Ahnung von Technik hat." Politik, Verbände und Unternehmen bräuchten Menschen, die politische Strukturen verstehen und zugleich technischen Fortschrift in ihre Denkwelt einbeziehen. In der Robotik wiederum würden Sozial- und Humanwissenschaftler gebraucht, die mit Technikern forschen. Nur dann könnten Ängste der Menschen abgebaut werden.

Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit

Zu ihrem 150-jährigen Bestehen muss sich die Universität erneut auch mit ihrer Vergangenheit befassen. Bis heute tragen mehrere Männer, die in NS-Verbrechen verstrickt waren, Ehrentitel der Hochschule, wie die "Süddeutsche Zeitung" im Januar berichtete. Unter ihnen sind demnach der Flugzeugpionier Wilhelm Messerschmitt sowie Fritz Todt, in dessen Bautruppe KZ-Häftlinge und Gefangene arbeiten mussten.

Die TUM prüft das weitere Vorgehen derzeit. Zur Eröffnung einer Ausstellung im NS-Dokumentationszentrum München am 17. Mai erscheint zudem eine Dokumentation, in der sich die TUM gemeinsam mit dem Leiter des Dokuzentrums, Winfried Nerdinger, eingehend mit ihrer Nazi-Vergangenheit auseinandersetzt.

dpa/gri